Eine Art von Zorn
anrufen.«
»Ich glaube nicht, daß sie besonders begeistert sein werden, uns jetzt zu helfen.«
»Warum nicht? Wir gehen bald zur Polizei. Es wäre für Patrick sehr unangenehm, wenn wir erzählten, wie sie mir geholfen haben. Soll ich jetzt anrufen?«
Ich dachte einen Augenblick lang nach. Es war sehr unwahrscheinlich, daß Sy La Sourisette noch überwachen ließ; und Skurleti hatte es ziemlich sicher von seiner Liste gestrichen, weil es ja bewohnt war. Falls die Sangers sich dazu überreden ließen, das Mädchen wegzuschicken – das Mädchen, von dem er gesagt hatte, daß es ›an Diskretion gewöhnt‹ sei –, konnte die Sache klappen.
Ich nickte. »Gut. Es ist einen Versuch wert.«
Lucia mußte sich die Nummer von der Vermittlung geben lassen. Es war die eines Restaurants. »Sie haben dort eine Fabrik«, erklärte sie mir, während sie wartete, »eine Fabrik, in der alkoholfreie Getränke abgefüllt werden. Die Einheimischen kennen sie und halten es für selbstverständlich, daß sie jetzt dort sind. Es werden neue Maschinen installiert.«
Nachdem die Verbindung zustande gekommen war, fragte sie nach › La Signora Chase‹.
»Adèle? Hier ist Lucia … ja, sehr gut … haben Sie die Zeitungen gelesen? … Ja, aber es gibt gewisse Schwierigkeiten … es handelt sich nur noch um zwei Tage, dann ist alles vorbei … nein, nicht mehr, ich brauche noch mal einen Ort, wo ich hingehen … verstehen Sie? … Wenn Marie für zwei Tage zu ihrer Schwester fahren könnte … nein, nein, Adèle … hören Sie zu, meine Liebe … dann wäre es für alle besser, verstehen Sie … keine Skandale, keine Publicity … hören Sie zu, Adèle … ja, ja, natürlich … er wird es verstehen.«
Sie lächelte mir vergnügt zu. »Sie berät sich mit Patrick.« Nach einer Weile hörte ich Sangers Stimme am Telefon.
Lucia sagte: » Wie geht es dir, Patrick? Ja, mir geht es sehr gut. Ja, er ist hier. Einen Augenblick.« S ie reichte mir den Hörer. »Er möchte mit dir sprechen.«
Er verschwendete keine Zeit mit Höflichkeitsfloskeln. Er fragte: »Braucht sie wirklich ein Refugium?«
»Ja. Unbedingt.«
»Dann haben Sie das Geschäft noch nicht gemacht?«
»Was für ein Geschäft?«
»Ach, lassen Sie das doch«, sagte er gereizt. »Ich kann doch auf drei zählen. Wenn ich mich neulich wie ein Dummkopf benommen habe, heißt das noch lange nicht, daß ich einer bin. Ich habe mich gewundert, daß Sie die fünfzigtausend Dollar abgelehnt haben. Aber auf die Idee, daß Sie etwas Besseres haben könnten, bin ich nicht gekommen.«
»Das wußte ich damals selber noch nicht.«
»Aber jetzt wissen Sie es?«
»Ja.«
»Wieviel?«
»Das Doppelte.«
Er pfiff durch die Zähne. »Und Sie brauchen achtundvierzig Stunden, um es zu verstecken.«
»Ja.«
»Was schaut dabei für mich heraus?«
»Straffreiheit.«
»Diesmal müssen Sie sich schon was Besseres einfallen lassen. Sie sitzen in der Klemme.«
»Warten Sie einen Augenblick.«
Lucia hatte – mit teilweisem Erfolg – versucht, unserem Gespräch zu folgen.
»Was will er?« fragte sie.
»Er hat erraten, daß Geld ins Haus kommt. Er will seinen Anteil.«
»Ha.« Sie warf ihre Hände angewidert in die Höhe. »Begreifst du, was er ist?«
»Er glaubt, daß es sich ungefähr um hunderttausend Dollar handelt. Was soll ich ihm sagen? Zehn Prozent?«
»Sechstausend Dollar!«
»Unter den gegebenen Umständen würde es das wert sein. Du wirst immer noch deine halbe Million Reingewinn machen – sogar ein bißchen mehr. Irgendwohin müssen wir schließlich, Lucia.«
»Das ist Erpressung.« Dann zuckte sie hilflos mit den Schultern. »Straffreiheit plus 10 Prozent«, sagte ich ins Telefon.
Sanger lachte vergnügt. »Das hört sich schon besser an. Wann wird das Geschäft denn abgeschlossen?«
»Übermorgen.«
»Ich werde Marie sagen, sie solle die Schlüssel in einer der Blumenschalen vor der Eingangstür lassen. Sie wird in der Früh den Acht-Uhr-Bus nach Cannes nehmen. Danach können Sie jederzeit hinein.«
»Könnten wir nicht früher hinein? Dann wird es schon hell sein.«
»So schlimm steht es also. Nun schön. Ich werde Marie sagen, daß sie die Garagentür offenlassen soll. Fahren Sie einfach hinein, und bleiben Sie dort, bis sie weg ist. Sie können ihr trauen. Sie wird einfach so tun, als seien Sie nicht vorhanden. Aber es wird für alle sicherer sein, wenn sie Sie nicht erkennt. Je weniger sie weiß, um so besser. Okay?«
»Okay.«
»Wiederschaun.«
II
Wir
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