Eine Art von Zorn
war sie vor allem deshalb nervös, weil der Plan für das Treffen zum größten Teil von ihr stammte. Sie fühlte sich für das Gelingen verantwortlich. Unsere Erlebnisse während der vergangenen Nacht hatten ihr brutal die Mordnacht wieder in Erinnerung gerufen.
Ich tat mein Bestes, um sie beruhigen und zuversichtlich zu wirken, aber es war nicht leicht. Ich hatte versucht, nicht an das Treffen mit Farisi zu denken, aber ihre Angst wirkte ansteckend. Bevor ich wegging, nahm ich einen Drink – einen zu wenig, wie mir schien.
Wir hatten es für ratsam gehalten, daß ich 15 Minuten vor der verabredeten Zeit im Ambulatorium eintreffen sollte.
Wir glaubten, auf diese Weise das Risiko auszuschalten, daß mich die Männer, die Farisi beschatteten, entdeckten; gleichzeitig aber würde ich mich nicht allzulange der Gefahr aussetzen, von jemandem, der zufällig durch den Hof ging, gesehen zu werden. Ich traf genau um Viertel vor acht dort ein.
Ich hatte den Hof an einem Wochenende inspiziert, und damals waren dort nur zwei Wagen geparkt gewesen. Jetzt standen drei dort, und außerdem ein Motorroller. Es gelang mir, mit dem Citroën rückwärts in die Parklücke zu fahren, aber sie war sehr eng, und als ich es endlich geschafft hatte, schwitzte ich. Ich rauchte eine Zigarette und versuchte, mich zu beruhigen. Ich wollte auf Farisi einen ruhigen und gelassenen Eindruck machen.
Um fünf vor acht begannen die Schwierigkeiten. Ein Wagen fuhr in den Hof und hielt vor mir. Seine Scheinwerfer blendeten mich. Ein Riese stieg aus. Er hatte ein rotes Gesicht, trug eine Mütze und eine Fliege. Gestikulierend kam er auf mich zu.
»Was machen Sie hier?« fragte er wütend. »Das ist mein Platz.«
Ich schaltete die Scheinwerfer meines Wagens ein, damit er mein Gesicht nicht so leicht sehen konnte, und rief ihm zu, daß ich wegfahren wolle.
Aber das änderte nichts an der Tatsache, daß er näher kam.
»Das ist das drittemal in dieser Woche!« brüllte er. »Jetzt reicht’s mir! Dies ist ein privater Parkplatz.« Er zeigte auf das Parkschild. »Können Sie nicht lesen?«
Ich ließ den Motor an und rief noch einmal, daß ich wegfahren würde.
»Ich werde es dem concierge melden.« Er ging auf die Loge zu.
Sein Wagen blockierte die Ausfahrt. Mir fiel nichts anderes ein, als mit dem Citroën ein Stück nach vorn zu fahren, um ihm den Weg abzuschneiden. Im selben Augenblick lehnte ich mich aus dem Fenster und fuhr ihn an.
»Ich bin Arzt. Ich bin wegen eines Notfalls hierhergerufen worden und muß sofort wieder ins Krankenhaus.«
Er zögerte.
»Wenn Sie daher«, fuhr ich mit schneidender Stimme fort, »die Güte haben wollen, Ihren Wagen aus dem Weg zu schaffen, dann könnten wir beide unseren Geschäften nachgehen.«
Er starrte mir direkt ins Gesicht. Ich konnte nur hoffen, daß er die Zeitungen nicht aufmerksam las oder daß er schlechte Augen hatte.
Plötzlich gestikulierte er wütend, stieß heiser einen französischen Fluch aus und kletterte in seinen Wagen zurück.
Die Scheinwerfer seines Autos leuchteten mir wieder ins Gesicht, als er rückwärts zur Straße fuhr und ich den Wagen an ihm vorbeilenkte. Ich raste die Straße hinunter und bog bei der ersten Abzweigung rechts ein. Dann hielt ich an. Ich wartete ein Weilchen, um mich zu vergewissern, daß er mich nicht noch im letzten Augenblick erkannt hatte und mir folgte. Dann fand ich einen Parkplatz vor einem Geschäft, das schon geschlossen hatte, und ging zu Fuß zurück. Eile war zwecklos. Ich wollte den Hof nicht betreten, bevor er seinen Wagen geparkt hatte. Jedenfalls war meinen Beinen nicht nach Eile zumute – höchstens in entgegengesetzter Richtung.
Es war genau acht Uhr.
Mit eingezogenem Kopf und einem unangenehmen Gefühl im Magen betrat ich den Hof und ging direkt auf die Tür des Ambulatoriums zu. Es war niemand zu sehen. Ich wartete also und überlegte mir, ob ich mich als Angestellten des Ambulatoriums ausgeben sollte, falls mich jemand ansprach, und überlegte, ob ich mit Brigadier Farisi, vorausgesetzt, er kam überhaupt, zum Wagen gehen oder die Transaktion im Licht der Taschenlampe im Hof abwickeln sollte.
Plötzlich ging die Tür zur Klinik auf. Ich erschrak, mein Herz klopfte. Ein großer ausgemergelter Alter kam heraus, ging an mir vorbei, murmelte eine Entschuldigung und trottete quer über den Hof und hinaus.
Mit dem Schreck war mir ein Einfall gekommen. Durch die halboffene Türe hatte ich eine hellbeleuchtete Treppe gesehen, und an ihrem
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