Eine bezaubernde Braut
über einen bevorstehenden Aufstand. Aber was noch viel schlimmer ist, er hat die Beziehung zur Kirche zerstört, und unser Papst hat sich bereits damit gerächt, dass er ganz England mit dem Interdikt belegt hat.«
Judith keuchte auf. »Ist John etwa exkommuniziert worden?«
»Noch nicht, aber ich glaube, Papst Innocent wird gezwungen sein, genau das zu tun, wenn John nicht einlenkt, und zwar schon sehr bald, und sich der Entscheidung des Papstes anschließt. Der ganze Streit geht um die Position des Erzbischofs von Canterbury. John wollte, dass der Bischof von Norwich John de Grey, gewählt wurde. Doch die jüngeren Mönche von Canterbury haben bereits Reginald gewählt und ihn nach Rom geschickt, damit er vom Papst bestätigt wird.«
»Und der Papst hat sich dann für Reginald entschieden?«
Gillian schüttelte den Kopf. »Nein, er hat seinen eigenen Mann gewählt, Stephen Langton. John war so wütend, dass er Langton die Einreise nach England verweigert hat und das Kloster von Canterbury unter seine Kontrolle gebracht hat. Danach hat der Papst das gesamte Land mit dem Interdikt belegt. Sämtliche religiösen Handlungen sind verboten. Die Kirchen sind geschlossen und verriegelt, und die Priester dürfen keine Eheschließungen vornehmen. Sie können keine der heiligen Sakramente durchführen, außer denen, die zwingend nötig sind. Es herrscht jetzt eine dunkle Zeit in England, und ich fürchte, es wird noch viel schlimmer werden.«
»Ich habe gehört, dass John nur aus Wut handelt.«
»Er ist bekannt für sein heftiges Temperament.«
»Kein Wunder, dass Ihr Euch nicht an ihn gewandt und ihn um Hilfe gebeten habt.«
»Nein, das konnte ich nicht«, sagte Gillian.
»Habt Ihr denn wenigstens Familie, die sich um Euch sorgt?«
»Mein Onkel Morgan wird jetzt gefangen gehalten«, flüsterte Gillian. »Und mir hat man eine … Aufgabe gegeben … die ich erfüllen muss, noch vor den Herbstfeierlichkeiten. Wenn ich versage, wird mein Onkel umgebracht.«
»Oh, Gillian, Ihr habt ein schlimmes Leben gehabt, nicht wahr?«
»Ich brauche die Hilfe Eures Mannes.«
»Er wird Euch helfen, so gut er nur kann«, versprach Judith an Iains Stelle.
»Der Mann, der meinen Onkel gefangen hält, ist ein Berater des Königs, und John wird auf ihn hören und nicht auf mich. Ich dachte daran, einen der mächtigsten Barone um seine Hilfe zu bitten, aber sie alle kämpfen untereinander, und ich wusste nicht, wem ich vertrauen konnte. England befindet sich im Chaos, und ich mache mir Sorgen um die Zukunft«, erklärte sie.
»Ich werde Euch nicht zwingen, noch mehr Fragen zu beantworten«, beruhigte Judith sie. »Ihr müsst das alles später mit meinem Mann und Ramsey besprechen.«
»Danke für Eure Geduld«, antwortete Gillian.
Es klopfte an der Tür, doch noch ehe Judith antworten konnte, kam Alec bereits ins Zimmer gelaufen. Er blieb wie angewurzelt stehen, als er Gillian entdeckte.
Sie stand auf und lächelte ihn an. »Stimmt etwas nicht, Alec?«
»Du siehst … hübsch aus«, platzte er heraus.
Judith stimmte ihm zu. Gillians langes Haar war getrocknet und fiel in ungebändigten Locken über ihre schlanken Schultern und rahmte ihr zierliches Gesicht ein. Sie war eine atemberaubend schöne Frau, die heute Abend einen ziemlichen Aufruhr verursachen würde. Das sah Judith voraus.
»Mama, Papa bittet dich, sofort nach unten zu kommen. Er hat gesagt: ›Kannst du die Musik hören?‹ Alle sind da, und sie sind bereit, mit dem Essen zu beginnen. Gillian, du musst auch nach unten kommen. Onkel Brodick hat das gesagt.«
»Judith, geht nur vor«, forderte Gillian sie auf. »Ich habe meinen Verband nass gemacht, aber ich wollte ihn sowieso abnehmen.« Judith wollte ihr helfen, doch Gillian bestand darauf, dass sie zu ihrem Mann ging. Als sie allein war, setzte sie sich und öffnete behutsam den Verband. Dabei fürchtete sie sich vor dem, was sie erwartete. Die Wunde sah schlimmer aus, als sie gehofft hatte, doch Gott sei Dank nässte sie nicht mehr, und auch die Schwellung war verschwunden. Die Haut war runzelig und hatte einige Blasen, sie war wund und sah grässlich aus. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass es eine Sünde war, eitel zu sein, und dass sie sich keine Sorgen um Narben machen sollte. Außerdem würde der Arm immer vom Ärmel ihres Kleides bedeckt sein, und niemand außer ihr würde die Narbe sehen. Die Wunde war noch immer sehr empfindlich, und sie verzog das Gesicht, während sie sie mit kühlem Wasser und Seife
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