Eine Billion Dollar
schwer zu erraten, welchen Vorschlag McCaine ihm machen würde.
Sie erreichten McCaines Büro, einen durch eine Glasfront vom Raum der Broker abgetrennten Raum, der fast halb so groß war wie dieser und eine beeindruckende Aussicht über die Stadt bot. Ein etwas abgeschabter Perserteppich lag auf dem Boden, der gewaltige Schreibtisch mit dem gewaltigen Ledersessel dahinter sah teuer, aber geschmacklos aus, und weder die Sitzgruppe für Besprechungen noch die Bücher-und Aktenregale passten vom Stil her dazu.
»Bitte nehmen Sie Platz, Mister Fontanelli«, bat McCaine mit einer bestimmenden Bewegung in Richtung Couch. »Mister Benetti, Sie darf ich bitten, hier vorne bei der Sekretärin zu warten. Miss O’Neal wird Ihnen einen Kaffee bringen oder was Sie sonst mögen.«
Marco sah John fragend an. Der nickte; lange würde dieses Trauerspiel ohnehin nicht dauern. Der Leibwächter zog sich ohne ein weiteres Wort in den Bereich vor der Bürotür zurück, wo der Schreibtisch der Sekretärin und ein paar unbequem aussehende Besucherstühle standen. McCaine schloss hinter ihm die Tür, und das allgegenwärtige, durchdringende Gemurmel verstummte wie abgeschnitten. Die Glasfront schien schallisoliert zu sein.
»So«, sagte er dann und begann, einen Lamellensichtschutz herabzulassen. »Vergessen Sie nun die Investmentgesellschaft. Das ist nur Spielzeug. Meine Trainingswiese, sozusagen. Und ganz bestimmt habe ich Sie nicht hergebeten, um Ihnen gewinnträchtige Investitionen vorzuschlagen. Wenn es jemand auf diesem Planeten gibt, der genug Geld hat, dann sind schließlich Sie das.«
John sah überrascht hoch. Was sollte das nun heißen?
»Ich weiß eine ganze Menge über Sie, Mister Fontanelli, wie Sie zweifellos schon gemerkt haben. Es ist nur fair, wenn ich Ihnen auch einiges über mich und mein Leben erzähle.« McCaine setzte sich auf die Kante seines Schreibtisches und verschränkte die Arme vor der Brust. »Geboren bin ich 1946, hier in London. Mein Vater, Philipp Callum McCaine, war ranghoher Offizier der Royal Air Force, was zur Folge hatte, dass ich, als ich zehn Jahre alt war, in vierzehn verschiedenen Städten in acht verschiedenen Staaten gelebt hatte und fünf Fremdsprachen fließend beherrschte. Wie viele verschiedene Schulen ich im Lauf meiner Jugend besucht habe, weiß ich nicht mehr, aber irgendwann war ich damit fertig, und da die Lebensweise meiner Familie – das heißt, meine und die meiner Eltern; ich habe keine Geschwister – kein Gefühl der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation in mir erzeugt hatte, fühlte ich mich zu den multinationalen Konzernen hingezogen. Nach einigem Hin und Her ging ich zur IBM und ließ mich zum Programmierer ausbilden. Das war Mitte der Sechzigerjahre, als man noch Lochkarten stanzte und Magnetbänder durch die Gegend schickte und Computer Millionen von Dollars kosteten. Übrigens habe ich das Programmieren bis heute nicht ganz aufgegeben; meine Broker« – er wies mit einem Kopfnicken auf die von Lamellen abgedeckte Wand – »arbeiten teilweise mit Programmen, die ich geschrieben habe. In diesem Geschäft entscheidet die Qualität der Software, die man einsetzt; manche der großen Brokerfirmen an der Wall Street, die Milliarden von Dollar Gewinn machen, investieren bis zu einem Drittel davon wieder in ihre Datenverarbeitung! Aber vermutlich hat keine davon einen Boss, der da selber mit Hand anlegen kann.«
John betrachtete den energiegeladen wirkenden Mann erstaunt. Er sah absolut nicht aus wie jemand, der auch nur imstande war, den Einschaltknopf eines Computers zu finden, vom Programmieren ganz zu schweigen. »Ich verstehe«, meinte er lahm, um überhaupt etwas zu sagen.
»Nun gut, zurück zu den Anfängen«, fuhr McCaine mit einer vagen, heftigen Handbewegung fort. »Durch meine Sprachkenntnisse war ich international einsetzbar, deshalb schickte man mich überall in Europa umher. Belgien, Frankreich, Deutschland, Spanien… überall vagabundierte ich umher und schrieb kaufmännische Programme für IBM-Kunden. Computersysteme, die über Landesgrenzen hinweg mit anderen verbunden waren, gehörten meist Banken, und ich war bald so etwas wie ein Spezialist für transnationale Computerprojekte. Deswegen fiel die Wahl auf mich, als im Jahr 1969 ein Auftrag aus Italien kam, ein besonderer, ziemlich anspruchsvoller Auftrag.« McCaine sah ihn mit einem durchdringenden Blick an. »Auftraggeber war, sehr ungewöhnlich, eine Anwaltskanzlei aus Florenz.«
John schnappte
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