Eine Billion Dollar
unter vielen, reisende Geschäftsleute mit dünnen Lederköfferchen, merkte John, dass er nervös wurde. Er nahm die Fensterglasbrille ab, die Marco ihm aus seinem Fundus geliehen hatte, und schob sie in die Brusttasche. Während sie über die endlosen Rollbänder glitten, suchte er in der Menge nach Gesichtern, die Ausschau hielten, aber dies war ein Flughafen, und viele Leute hielten Ausschau.
Der Mann, der schließlich unvermittelt vor ihm stand, die Hand ausstreckte und mit jener Stimme, die er wieder erkannte, sagte: »Mister Fontanelli?«, war einen halben Kopf größer als er, schätzungsweise fünfzig Jahre alt, hatte dichte, dunkle Haare und Augenbrauen und die Statur eines Boxers. »Mein Name ist McCaine«, erklärte er. »Malcolm McCaine.«
Sie schüttelten Hände, und John stellte Marco vor. »Mein Leibwächter, Marco Benetti.«
McCaine schien etwas überrascht, den Namen eines Leibwächters zu erfahren, aber er schüttelte auch Marcos Hand. »Kommen Sie, ich habe den Wagen da. Wir reden dann in meinem Büro.«
Er marschierte voran in einem Tempo, mit dem John kaum mithalten konnte, ohne in Laufschritt zu verfallen, und die meisten Leute wichen instinktiv zur Seite, als die drei Männer so angestürmt kamen. Vor dem Haupteingang stand ein Jaguar im absoluten Halteverbot. McCaine schloss auf, riss die Strafzettel von den Scheibenwischern weg, knüllte sie zusammen und warf sie achtlos zu Boden.
Er fuhr selbst. John betrachtete ihn, unauffällig, wie er hoffte. McCaine trug einen teuren Savile-Row -Anzug und Maßschuhe, trotzdem wirkte er nachlässig gekleidet, beinahe ungepflegt. Als gehorche er nur einem Kleidungskodex, mache sich aber im Grunde nichts daraus. Seine Krawatte war schlampig gebunden, und sein Hemd schlug Falten, weil es zu weit aus der Hose gerutscht war; nur die Schuhe glänzten wie neu.
»Ein paar Informationen vorab«, sagte McCaine, die Augen starr, fast kämpferisch auf den Verkehrsstrom gerichtet. Er nutzte jede Gelegenheit, die Fahrspur zu wechseln und eine Idee schneller voranzukommen. »Mein Büro liegt in der City. Mir gehört eine Investmentfirma. Earnestine Investments Limited. Earnestine ist der zweite Vorname meiner Mutter, anbei bemerkt. Ich bin nicht besonders fantasievoll, was die Namen meiner Firmen anbelangt; ich benenne sie immer nach Familienmitgliedern. Der Wert unseres Fonds beträgt inzwischen rund fünfhundert Millionen Pfund, was gemessen an den Großen nicht viel ist, aber genug, um ernsthaft mitspielen zu können in dem Geschäft.«
John merkte, wie sein Gesicht länger wurde. War das alles? Einfach noch so ein Finanzheini. Der einzige Unterschied war, dass der sich auf raffinierte Weise interessant gemacht hatte. Er ließ sich tiefer in den Sitz sinken und schrieb den Tag in Gedanken ab. Er würde zu allem Nein sagen, was dieser McCaine ihm anbot, egal ob Weizenkontrakte, Schweinebäuche oder Rentenpapiere, und so schnell wie möglich wieder zurückfliegen. Und zu Hause die Belegung seiner Telefonanlage ändern lassen.
Hochhäuser glitten vorbei, glitzernde Fassaden, altehrwürdige Mauern. Er achtete kaum darauf. Irgendwann tauchten sie hinab in eine helle, weite Tiefgarage, und dort von einem reservierten Parkplatz ein paar Schritte zu einem Fahrstuhl, der sie in endlose Höhen, wie es schien, emportrug. Als die schimmernden Türen des Lifts beiseiteglitten, gaben sie den Blick frei auf ein weites, helles Großraumbüro mit langen Pultreihen voller Telefone und Computerbildschirme. Männer und Frauen jeder Hautfarbe saßen davor, telefonierten mit mehreren knallbunten Hörern zugleich und ließen ihre angespannten Blicke keine Sekunde von den Schirmen und den Zahlen und Diagrammen, die sich ruckend darauf bewegten.
»Wir handeln hauptsächlich mit Aktien«, erklärte McCaine, während sie sich ihren Weg durch die Reihen und durch das Gewirr der Stimmen bahnten. »Ein paar meiner Leute halten zwar auch im Devisenhandel mit, aber im Grunde haben wir nicht die Finanzkraft, um in diesem Geschäft richtig Geld zu machen. Wir machen es mehr, um in Form zu bleiben.«
John lächelte säuerlich. Daher also wehte der Wind. Devisenhandel, das hieß, wie er inzwischen gelernt hatte, in großem Stil Währungen eines Landes zu kaufen oder zu verkaufen und von winzigen Schwankungen in den Wechselkursen im Tagesverlauf zu profitieren. Um damit viel Geld zu verdienen, musste man verdammt viel Geld investieren; Hunderte von Millionen pro Transaktion und mehr.
Nicht
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