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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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»Gegeben im Jahre des Herrn 1525. Unterschrift Fontanellis und der Zeugen.« Sie sah auf, in das milde lächelnde Gesicht des alten Mannes neben ihr. »Das ist einfach unglaublich!«
    Und das war noch vorsichtig ausgedrückt. Dieses ganze Archiv war aus der Sicht eines Historikers eine Sensation. Ein Archiv, das seit fünfhundert Jahren sorgfältig gepflegt und erhalten worden war im Hinblick darauf, zur heutigen Zeit erschlossen und ausgewertet zu werden! Das war, als hätten Generationen von intelligenten, sorgsamen Menschen Vorarbeiten geleistet für die wissenschaftliche Arbeit heutiger Geschichtswissenschaftler.
    Allein die Kontenbücher waren eine Fundgrube an Informationen über alte Währungen, ihre Geltungsdauer und Kaufkraft. Sie hatte Notizen darin gesehen, in denen ein Vacchi Entwicklungen der damaligen Weltpolitik schilderte, um zu begründen, warum er beschlossen hatte, einen Teil des Vermögens von einer Region in eine andere zu verlagern. Ein fünfhundert Jahre lang geführtes Tagebuch der Finanz-und Wirtschaftspolitik Europas und der Welt, das verbarg sich in diesen ledergebundenen, durchnummerierten Bänden.
    Das war weitaus mehr Stoff, als sie für eine Magisterarbeit brauchte. Sie würde alles daransetzen, ihre Dissertation hier zu schreiben. Mindestens. Dies war ein Fund, dem ein Wissenschaftler sein Leben widmen konnte.
    Ach ja, und dann war da ja noch dieser Artikel für den Stern…
    »Meinen Sie, dass Sie etwas damit anfangen können?«, wollte Cristoforo Vacchi wissen.
    Ursula lachte hilflos auf. »Das fragen Sie noch? Ich bin… wie soll ich sagen? Es ist nicht zu fassen. Absolut faszinierend. Ob ich etwas damit anfangen kann? Was für eine Frage! Wenn ich damit nichts anfangen kann, habe ich den falschen Beruf.«
    Eine Explosion hätte sie nicht mehr aufschrecken können als das plötzliche, trockene Räuspern hinter ihnen.
    »Darf man fragen, was Sie damit anfangen wollen?«, fragte eine unduldsame Stimme.
     
    John hatte das bizarre irrationale Gefühl, dass diese Frau hinter seinem Geld her war. Sie war schlank und anmutig, und ihre Haare umrahmten ein unauffälliges, glattes Gesicht mit großen Augen, dunkel wie Onyx. Ein stiller, dunkler Engel auf den ersten Blick, doch es war etwas an ihr, das ihn zittern ließ, ihm Angst machte, eine namenlose, unentrinnbare Angst.
    Sie hatte die Hand auf die Brust gelegt, eine schlanke, zierliche Hand, und die Brüste hoben und senkten sich rasch, erregende Formen, man sah die Brustwarzen durch die Bluse, die sie trug. Er hatte sie erschreckt, das war klar.
    Sie stieß einen Satz hervor, auf Deutsch, vermutlich einen Ausruf des Erschreckens, dann fing sie sich und erwiderte in leidlich flüssigem Englisch: »Ich werde hierüber wissenschaftlich arbeiten, das heißt, ich werde Abhandlungen für historische Fachzeitschriften verfassen, vielleicht sogar ein Buch. Und ich werde einen Artikel für eine deutsche Illustrierte schreiben. Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mister Fontanelli. Ich würde es allerdings begrüßen, wenn Sie in Zukunft anklopften.«
    Warum regte ihn diese Frau so auf? »Einen Artikel? Was für einen Artikel?«
    »Über die historischen Hintergründe der Entstehung Ihres Vermögens«, erwiderte sie mit kühler Bestimmtheit. »Abgesehen von plumpen Erläuterungen zu Zins und Zinseszins haben die Medien darüber noch nie etwas Fundiertes gebracht.«
    »Ich glaube nicht, dass mir das recht ist.«
    »Wieso? Haben Sie etwas zu verbergen?«
    Da war ein Impuls, herumzutoben, den John mühsam unterdrücken musste. Er wandte sich an den Padrone, den ihr überraschendes Auftauchen nur mäßig irritiert zu haben schien. »Warum haben Sie mir nichts davon gesagt?«
    Cristoforo Vacchi runzelte die Stirn. »Oh, früher oder später hätte ich Sie natürlich miteinander bekannt gemacht. Signora Valen, das ist John Fontanelli, der Erbe, von dem in dem Testament die Rede ist, und mein Enkel Eduardo. John, ich darf Ihnen Miss Ursula Valen vorstellen, Studentin der Geschichte aus Deutschland und nebenberuflich Journalistin.«
    John nickte so knapp wie möglich. »Halten Sie es für angebracht, einer Journalistin Zugang zu diesen Unterlagen hier zu gewähren?«
    »Ja«, sagte der Padrone. »Ich hielt es für angebracht.«
    »Habe ich da nicht ein Wörtchen mitzureden?«
    »Tut mir leid, John, nein. Das Archiv ist unser Eigentum, das Eigentum der Familie Vacchi. Und ihre Leistung. Es ist ganz natürlich, dass wir uns um Anerkennung dafür

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