Eine Billion Dollar
kontrollieren zu können. Es reicht, wenn Ihnen 51 Prozent gehören. Manchmal reicht noch weniger. Und wenn Sie eine Firma kontrollieren, können Sie mit deren Geld weitere Firmen kaufen – auf diese Weise potenzieren Sie den Einfluss Ihres Vermögens. Hinzu kommt, dass die heutzutage entscheidenden Produktionsfaktoren – Intelligenz, Knowhow, persönliches Engagement – in der Betriebswirtschaft völlig falsch bewertet werden, weil die sich noch immer an den Verhältnissen des Frühkapitalismus orientiert. Am Wert von Lagerbeständen, Maschinen und so weiter. Aber stellen Sie sich vor, Sie stoßen auf eine junge, kleine Firma, deren Gründer eine fantastische Idee haben und nur etwas Geld für ein paar Computer brauchen, dann können Sie mit fünfzigtausend oder hunderttausend Dollar und einem Kredit von ein paar Millionen – den Sie sogar mit Zinsen zurückerhalten – Kontrolle über eine Firma erhalten, die fünf Jahre später Milliarden wert sein kann.« Er faltete die Hände zusammen. »Gut, und natürlich erreichen Sie nichts, wenn Sie auf diese Weise in Videotheken oder Schnellimbissketten investieren. Sie müssen in strategisch entscheidenden Branchen Fuß fassen. Nahrungsmittel. Finanzwesen. Informationstechnologie. Medien. Rohstoffe. Energieversorgung… Wenn Shell oder BP etwas wollen, glauben Sie nicht auch, dass sie es kriegen werden? Es gibt Leute, die fest davon überzeugt sind, dass die Ölkonzerne die treibenden Kräfte hinter mindestens der Hälfte aller regionalen Kriege dieses Jahrhunderts waren. Egal ob das stimmt oder nicht, allein dass man es ihnen zutraut, zeigt die Macht, die sie darstellen.«
John presste die Lippen zusammen. Woher kamen nur diese Kopfschmerzen? Und durstig war er auch. »Ich kann mir das nicht vorstellen, dass der Besitz von Firmen wirklich bedeutet, dass man Einfluss auf irgendetwas hat«, sagte er. »Ich meine, Einfluss in dem Sinn, den ein Präsident hat. Wirklich etwas entscheiden zu können.«
McCaine verschränkte die Arme vor der Brust, und mit der rechten Hand knetete er in einer Geste der Nachdenklichkeit seine Lippen. »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte er. Er überlegte einen Moment, dann nickte er. »Wahrscheinlich setze ich zu viel voraus. Ich überfalle Sie mit allem, was ich mir in Jahrzehnten des Nachdenkens erarbeitet habe… Aber es gibt ein historisches Beispiel.« Er kam heran und ließ sich wieder in den Sessel fallen, der John gegenüber stand. »Haben Sie irgendwann einmal im Leben den Namen Fugger gehört?«
»Nein.«
»Das dachte ich mir. Eigentlich müsste dieser Name jedem so geläufig sein wie der Napoleons oder Dschingis Khans, aber aus irgendeinem Grund scheint die Geschichtswissenschaft auf dem finanziellen Auge blind zu sein. Die Fugger waren ein Geschlecht von Kaufleuten, ansässig in Augsburg, einer Stadt, die heute im Süden Deutschlands liegt und bis auf den heutigen Tag von den Fuggern geprägt ist. Sie begannen als Weber, aber in ihren besten Zeiten beherrschten sie buchstäblich die Welt – ihr Arm reichte von der Westküste Südamerikas über Europa bis zu den Gewürzinseln der Molukken. Ohne Telegrafie, Satelliten und Computer behielten sie ihren Einflussbereich unter Kontrolle mit einer Effektivität, von der manches große Unternehmen heute nur träumen kann, und sie dominierten praktisch alle Bereiche der damaligen Wirtschaft. Sie waren die größten Grundbesitzer, die bedeutendsten Bankiers, das größte Handelshaus, das bis dahin existiert hatte, das größte Bergbauunternehmen, der größte Arbeitgeber des Handwerks, die wichtigsten Waffenproduzenten – sie beherrschten einfach alles, zeitweilig verfügten sie über fast zehn Prozent des gesamten Volksvermögens des Reiches. Ein Konzern von der Übermacht der Fugger ist in unseren Tagen fast nicht mehr vorstellbar – er müsste etwa die sechzig größten Unternehmen der Welt umfassen. Die gewaltigsten heutigen multinationalen Konzerne, seien es General Motors, Mitsubishi oder IBM, sind Zwerge, verglichen mit den Fuggern.«
McCaine nickte, kniff die Augen zusammen, holte Luft, als brauche er viel, viel Luft für das, was er nun zu sagen hatte.
»Der Name des Mannes, an den ich denke, war Jakob Fugger, der Mann, der das Familienunternehmen in dieser Glanzzeit führte und den man Jakob den Reichen nannte. Weil er genau das war – reich. Reich und mächtig. Bestimmt war er, berücksichtigt man die Zeit, in die jemand geboren ist, der mächtigste Mann, der jemals
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