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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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auf diesem Planeten gelebt hat. Nie vorher und nie mehr danach hat ein einzelner Mensch so viel Einfluss gehabt, so viel Macht auf sich vereinigt. Jakob Fugger war es, der entschied, wann Kriege geführt und wann Frieden geschlossen wurde. Fürsten ließ er absetzen, wenn sie seinen Geschäften im Wege waren. Mit seinen Finanzhilfen bestimmte er, wer Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde, und er war es, der die Heere dieses Kaisers bezahlte. Als in seiner Zeit die Reformation in Europa aufkam, schwankte er eine Weile, wen er unterstützen sollte, und nur weil er gute Geschäfte mit dem Heiligen Stuhl machte, schlug er sich schließlich auf die Seite Roms, und die aufständischen Bauern wurden in blutigen Schlachten niedergemetzelt. Hätte er sich auf die Seite der Reformation geschlagen – ich bin überzeugt, es hätte womöglich das Ende der katholischen Kirche bedeutet, wie wir sie kennen.«
    McCaine legte die Fingerspitzen gegeneinander. Seine Augen bekamen einen glasigen Glanz, als könne er direkt in eine andere, vergangene Zeit blicken. »Die Fugger, und das macht sie so interessant, Mister Fontanelli, waren Zeitgenossen der Medici. Während die Medici in Florenz lebten und die schönen Künste förderten, lebten die Fugger in Augsburg und scheffelten Geld. Und sie waren damit Zeitgenossen Ihres Urahns. Jakob Fugger der Reiche war gerade mal zwanzig Jahre älter als Giacomo Fontanelli, der als Kaufmann zweifellos die Übermacht der Fugger auf allen Märkten zu spüren bekommen hat. Fontanelli wusste, wo die wirkliche Macht in seiner Zeit lag, wer im Hintergrund der Politik das wahre Sagen hatte. Ohne Zweifel wusste er das. Jeder wusste das damals.« Er hielt inne, richtete den Blick auf John, musterte ihn, als habe er plötzlich etwas ungemein Interessantes in dessen Gesicht entdeckt. »Haben Sie sich nie gefragt, was ihn auf den Gedanken gebracht hat, derjenige, der den Kurs der Menschheit ändern solle, müsse ausgerechnet Geld zur Verfügung haben?«
    Das, dachte John, war in der Tat eine gute Frage. Eine, die er sich trotzdem noch nie gestellt hatte.
    »Fontanelli sah in seiner Vision keinen Wanderprediger, der barfuß durch die Lande zieht und die Menschen mit der Kraft seiner Worte zur Umkehr bewegt«, stellte McCaine fest. »Er sah jemanden, der Geld besitzt, unermesslich viel davon. Vergessen Sie nicht, er war Kaufmann. Zins und Zinseszins waren sein täglich Brot. Er konnte sich ausrechnen , wie groß sein Erbe nach fünfhundert Jahren sein würde. Wie unfassbar groß. Und diese unglaubliche Summe Geldes wollte er seinem Nachfahren geben, zusammen mit der Prophezeiung – warum? Weil er wusste, dass Geld Macht bedeutet. Und weil er, wie auch immer er das wissen konnte, sah, dass jemand eine machtvolle Entscheidung würde treffen müssen.«
    Noch ehe John etwas sagen konnte, war McCaine aufgesprungen, stand dicht vor ihm und legte ihm den Finger auf die Brust. »Sie sind der erste Mensch seit fünfhundert Jahren, der da weitermachen kann, wo Jakob Fugger aufgehört hat. Sie können so mächtig werden wie er zu seiner Zeit. Und nur wenn Sie so mächtig sind, können Sie etwas bewirken, was mit der Erfüllung der Prophezeiung zu tun hat. Ihre Billion, Mister Fontanelli, ist im Augenblick nur ein Haufen Geld, der sinnlos herumliegt. Aber setzen Sie sie in wirtschaftlichen Einfluss um, und Sie können die Welt aus den Angeln heben!«
    John sah auf seine Brust hinab, auf den Finger, der auf seiner Brust ruhte, derb und bleich. Er fasste ihn an und schob ihn beiseite wie den Lauf einer Pistole, dann wischte er die Finger an seiner Hose ab, weil der Finger kalt und feucht gewesen war. »Was stellen Sie sich darunter konkret vor?«, fragte er. »Soll ich IBM kaufen? Oder Boeing? Und wenn ich sie habe, was mache ich dann damit?«
    McCaine wandte sich sinnierend ab, ging langsam zu seinen Schränken hinüber. »Die Wahrheit, Mister Fontanelli«, erklärte er langsam, mit abgewandtem Gesicht, »ist, dass Sie das nicht alleine tun können. Sie können eine Jacht kaufen, aber Sie können kein Unternehmen kaufen – und leiten schon gar nicht. Das soll keine Kritik an Ihrer Person sein oder an Ihren Fähigkeiten. Aber Sie haben nicht gelernt, was es darüber zu lernen gibt, und Sie haben nicht die Erfahrung eines Vierteljahrhunderts im Finanzwesen. Alles, was Sie erreichen werden, wenn Sie auf eigene Faust versuchen, den Weg einzuschlagen, den ich gerade skizziert habe, ist, dass Sie das

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