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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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hören. Ihre Löhne sind utopisch, verglichen mit dem Weltmarkt, und Ihre Arbeitszeiten könnten einen auf die Idee bringen, HUGEMOVER sei ein Vergnügungspark.«
    »Malcolm, Sie werden sich erinnern, dass ich von Anfang an Bedenken angemeldet habe. Die Veränderungen sind zu groß, und sie kommen zu schnell. Ich habe es Ihnen gesagt.«
    John sah McCaine ein paar Mal den Unterkiefer bewegen, als kaue er einen Kaugummi. »Sie sollten bei Gelegenheit in einem guten Lexikon nachlesen, was eine ›selbsterfüllende Prophezeiung‹ ist. Und Sie werden nicht verhandeln.«
    »Wir werden nicht anders können. Gute Beziehungen zur Gewerkschaft sind Tradition bei HUGEMOVER.«
    McCaine senkte den Kopf und massierte sich mit der Linken hingebungsvoll die Nasenwurzel. Eine Pause entstand, die umso unheilvoller wirkte, je länger sie andauerte. »Ich war sowieso schon schlecht gelaunt«, sagte McCaine endlich, »und da benutzen Sie dieses Wort, auf das ich allergisch bin. Tradition. Heute ist nicht Ihr Tag, Jim. Sie sind entlassen.«
    »Was?« Das Bild, das Straus bot, hätte man hervorragend zur Illustration des Begriffs ›entgleisende Gesichtszüge‹ verwenden können.
    »Donald«, wandte McCaine sich an Straus’ Stellvertreter, »sagen Sie mir, ob Sie es besser machen werden.«
    Der bullige Mann gab seinem Kugelschreiber den Rest. »Ähm, Mister McCaine, Sir…«
    »Donald – einfache Frage, einfache Antwort. Werden Sie es besser machen? Ja oder nein?«
    »Ähm…« Rash ließ die Trümmer seines Kugelschreibers auf die Unterlage fallen und warf seinem bisherigen Chef, der immer noch um Fassung kämpfte, einen unsicheren Blick zu. Dann schien er zu begreifen, was auf dem Spiel stand. Er war zwei Zentimeter größer, als er McCaine ansah und sagte: »Ja, Mister McCaine.«
    »Was werden Sie tun, Donald?«
    »Ich werde nicht verhandeln. Sollen sie streiken. Wir stehen das durch.«
    »Sie sind mein Mann, Donald. Sie kriegen Ihre neuen Papiere so bald wie möglich. Sorgen Sie bitte dafür, dass Mister Straus seine ebenfalls erhält.« Damit schaltete McCaine ab.
    Er verharrte einen Moment in stiller Betrachtung des blinden Bildschirms, dann sah er John an. »Fanden Sie das jetzt brutal?«
    »Ja«, sagte John.
    McCaine nickte ernst. »Manchmal geht es nicht anders. Wir müssen jetzt Entschlossenheit zeigen.«
     
    Das TIME MAGAZIN brachte einen großen Bericht über den Arbeitskampf bei HUGEMOVER und dazu ein Titelbild, das auf dem Plakat eines alten Films mit Terence Hill und Bud Spencer basierte, nur waren deren Gesichter durch die Gesichter John Fontanellis und Malcolm McCaines ersetzt, und der Titel lautete: Die linke und die rechte Hand des Teufels. Der entsprechende Artikel war gnadenlos, nannte Johns Engagement für die Umwelt »heuchlerisch« und McCaines Geschäftspraktiken »Raubrittertum«.
    John spürte, wie er beim Lesen rote Ohren bekam und wie ihm der Schweiß ausbrach. Er wunderte sich, mit welcher Ruhe und Gelassenheit McCaine die Zeitschrift durchblätterte.
    »Ich bin solche Dinge allmählich leid«, sagte er schließlich. »Es war sowieso immer Teil des Plans, Medienkonzerne zu kaufen – Zeitungen, Fernsehsender und so weiter.« Er schlug das Heft zu und warf es achtlos beiseite. »Wird Zeit, dass wir damit anfangen.«
     
    Weihnachten nahte. Immer öfter hing dichter Nebel über der Themse, breitete sich über die Stadt aus, verzauberte Hochhäuser in unheimliche Trollburgen und Straßenlampen in Elfenlichter.
    Der Renner im diesjährigen Vorweihnachtsgeschäft waren Artikel mit dem Fontanelli- f darauf. Die Leute kauften Mützen, Tassen, Schlüsselanhänger, Schals, Aktenmappen und vor allem Hemden, alles ganz in Weiß bis auf das ins Violette gehende Dunkelrot des geschwungenen Buchstabens. Allein die Lizenzgebühren für das Logo spülten, unglaublich aber wahr, dreistellige Millionenbeträge in die Kassen.
    Am 15. Dezember fusionierten Boeing und McDonnell-Douglas und wurden so zum größten Flugzeugbauer der Welt. Kommentare in den Wirtschaftsfachblättern verwiesen in diesem Zusammenhang immer auf die rasch wachsende Einflusssphäre des Fontanelli-Konzerns, und man rechnete allgemein mit einer Vielzahl weiterer Fusionen in den kommenden Jahren.
     
    Die Situation von HUGEMOVER blieb festgefahren. Die Gewerkschaft streikte, die Unternehmensleitung verweigerte Verhandlungen. Über Weihnachten und Neujahr war der Produktionsrückgang nicht nur zu verschmerzen, sondern angesichts leerer Auftragsbücher

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