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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Drogenhandel.«

28
    Zwei Stühle. Das war das ganze Mobiliar des quadratischen, hohen Raumes, in dem es nach Urin stank und nach Schimmel. Die Tür, durch die man Marvin hereingebracht hatte, hatte ein vergittertes Guckloch und massive Beschläge, die neu aussahen; das Einzige hier, das aus diesem Jahrhundert zu stammen schien.
    Und da saß er, Marvin Copeland, missmutig und abgewrackt, kaum imstande, aufrecht auf seinem Stuhl zu sitzen. In den Sachen, die er trug, schien er seit Wochen geschlafen zu haben, nicht erst die paar Tage, die er in Haft war.
    »Was ist passiert?«, fragte John.
    Marvin zuckte mit den Schultern, verzog das Gesicht.
    Endlich meinte er: »Na ja, was soll passiert sein. Sie haben mich drangekriegt.«
    »Drogenhandel? Ist das wahr?«
    »Ach, fuck ! Meine Plattenfirma hat mich auf die Straße gesetzt, von heute auf morgen. Angeblich hat sich mein Album nicht verkauft. Dabei haben die einfach keine vernünftige Werbung gemacht, ich meine, wie soll man sich da durchsetzen gegen Acts wie Michael Jackson oder Aerosmith?« Er saß vornübergebeugt da, starrte auf den Fußboden, sah John dann von schräg unten her an. »Was heißt meine Plattenfirma? Inzwischen ist es ja deine Plattenfirma. Wie dir ja inzwischen der halbe Planet gehört.«
    »Marvin, du hattest hunderttausend Dollar. Und ich habe mir die Zahlen von Cascata Records besorgt. Die haben dir einen Vorschuss von dreihunderttausend Dollar gezahlt. Du hast in anderthalb Jahren fast eine halbe Million Dollar durchgebracht.«
    »Mann, du musst gerade reden mit deinem Jumbo-Jet.«
    »Es ist kein Jumbo-Jet.«
    »Ja, shit, das kostet eben alles. Ich muss ein entsprechendes Auto fahren als Rockstar, Klamotten und so weiter… Du machst dir keine Vorstellung, was das alles kostet.«
    »Du meinst, ich mache mir keine Vorstellung, was Kokain kostet. Da hast du allerdings recht.«
    »Junge, Junge. Du solltest dich mal reden hören. Ich hab’s dir gesagt, dass das Geld dich verändern wird. Ich hab’s dir gesagt.«
    »Marvin, Kokain! Das ist was anderes als deine Joints früher. Und zu dealen hast du früher absolut abgelehnt.«
    Marvin warf den Oberkörper zurück, als wolle er die Rückenlehne seines Stuhls abbrechen, legte den Kopf mit geschlossenen Augen in den Nacken. Er sah blass aus, hungrig. Eine ganze Weile blieb er so. Aus dem engen, hoch an der Decke liegenden Gitterfenster fiel fahles Licht auf ihn herab, und man hörte den Lärm von der Straße, als habe ihn jemand lauter gedreht, das Hupen und die Motorräder.
    »Es ist der Komet«, sagte Marvin schließlich und öffnete die Augen wieder.
    »Der Komet?«
    »Hale-Bopp. Der Komet. Und sag jetzt bloß nicht, dass du ihn noch nicht gesehen hast. So groß steht er am Himmel.« Er sog geräuschvoll die Luft zwischen den Zähnen ein. »Kometen sind Unheilsbringer. Das weiß man schon seit alters her. Und ein Künstler wie ich, der spürt das. Der ist sensibel für so was, weißt du? Okay, Koks bringt einen noch mal auf eine andere Dimension, aber auch ohne das…« Er schüttelte den Kopf, eine ganze Weile, sinnend. Dann sah er John an. »Kannst du mich hier rausholen?«
    John studierte Marvins Gesicht, den Ausdruck seiner Augen. Er glaubte im einen Moment, so etwas wie Verschlagenheit darin zu erkennen, dann wieder war da nur Hilfsbedürftigkeit, ein großes Betteln, als hielten ihn nur die letzten Reste seines Stolzes davon ab, ihn auf Knien um Rettung aus diesem Verlies zu bitten.
    »Deswegen bin ich eigentlich gekommen«, sagte John und fragte sich, ob er Marvin damit wirklich einen Gefallen tat. »Sie sagen, du kannst auf Kaution freikommen. Du darfst eben die Stadt nicht verlassen und so weiter.« Er holte tief Luft und setzte mit einem ekligen Geschmack auf der Zunge hinzu: »Wobei es mich nicht ruinieren wird, falls du es doch tust. Wenn du verstehst, was ich damit sagen will.«
    Marvin sah ihn an, als hätte er kein Wort verstanden, dann nickte er. »Du bist irgendwo doch noch ein Freund. Trotz all dem Geld.«
     
    McCaine war not amused, als John nach London zurückkam.
    »Ihr Freund oder was Sie dafür halten«, sagte er, »ist der Prototyp eines Versagers, wenn ich jemals einen gesehen habe. Er hat nie etwas zuwege gebracht, er wird niemals etwas zuwege bringen. Vergessen Sie ihn, John. So schnell wie möglich. Meiden Sie jeden Kontakt. Versager sind gefährlich für Leute mit hohen Zielen, glauben Sie mir. Sie können der fähigste Mensch sein, der je auf Gottes Erdboden gelebt

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