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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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haben.«
    Irgendwie, überlegte John, hätte ihm klar sein müssen, dass er so etwas zu hören bekommen würde. »Ah, ja«, nickte er. Auch das hier würde vorübergehen. »Ich verstehe.«
    »Sagen Sie nicht ›ja, ich verstehe‹! Sie verstehen es nicht, das sehe ich Ihnen doch an!«, bellte der alte Mann. »Adolf Hitler war von der Vorsehung ausersehen, die Zusammenhänge zu erkennen, sich freizumachen von der Verblendung durch eine Irrlehre, die seit Jahrhunderten die Menschen vergiftet, und zu handeln. Und er hat gehandelt.« Valen beugte sich vor und richtete den knochigen Finger auf ihn. »Ist Ihnen überhaupt klar, dass Hitler dasselbe gewollt hat wie Sie?«
    John schnappte nach Luft. »Wie ich?«
    »Die Zukunft der Menschheit erhalten – natürlich! Das war es, worauf er hingearbeitet hat. Ihm war klar, dass die Welt begrenzt ist, dass sie nicht reichen kann für alle. Dass es Kampf geben muss um Boden und Bodenschätze. Und er hat verstanden, dass dieser Kampf von der Natur so gewollt ist, dass sich die Rassen in ihm bewähren müssen, dass nur der Kampf es ist, der sie stark erhält.«
    »Wäre allgemeine Empfängnisverhütung nicht die originellere Idee gewesen, das Problem zu lösen?«, fragte John spitz.
    »Sie verstehen nicht, Signor Fontanelli. Die Natur wirft die Lebewesen in die Welt, und dort müssen sie sich bewähren. Der Schwache stirbt, der Starke lebt – das ist das Gesetz der Natur, das aristokratische Prinzip des Lebens selbst. Die Natur kennt keine Empfängnisverhütung, sie kennt nur Überfluss und Ausmerzung dessen, was nicht lebensfähig ist. Nur das Lebenstüchtigste soll bleiben, so will es die Natur. Und heute? Schauen Sie sich doch um – da wird sich gepaart ohne jedes Rassenbewusstsein, da wird jeder Erbkranke und Debile mit allen Mitteln am Leben erhalten und darf sich fortpflanzen, und was ist das Ergebnis? Das Erbgut verwässert und verdirbt. Die weißen Rassen, die eigentlichen Träger der menschlichen Kultur, sind alle krank bis ins Mark. Degeneration, verstehen Sie? Die Welt, in der wir leben, ist eine Welt der Entarteten und Lebensuntauglichen, und deshalb ist sie dem Untergang geweiht.«
    John wollte etwas sagen, wollte dem Schwall gnadenloser Worte Einhalt gebieten, aber er wusste nicht, wie.
    »Die Menschheit muss sich wieder der Weisheit der Natur unterwerfen, oder sie wird aussterben. Das ist der einzige Weg, Signor Fontanelli«, fuhr Josef Valen fort. »Aber die Weisheit der Natur ist grausam. Sie hat keinen Platz für Pazifismus und Mitleidsreligionen, sie kennt nur das Gesetz des Stärkeren. Der Starke unterwirft die Schwachen, und mit diesem Sieg beweist er sein Lebensrecht. Im Dritten Reich ging es nicht darum, einfach zu erobern – es ging darum, die Menschen selbst zu verbessern, es ging darum, den Fortbestand der Art zu sichern. Verstehen Sie? Der Fortbestand der Art, das war das Ziel. Dasselbe Ziel, das Sie verfolgen…«
    »Eine Frage, Signor Valen«, unterbrach John ihn mit einem Herzschlag, der bis hinauf in die Kehle spürbar war. »Sie sehen nicht mehr gerade wie ein Ausbund an Gesundheit und Fitness aus. Aber Sie dürfen hier leben und werden gepflegt – dagegen haben Sie aber nichts, oder?«
    Josef Valen rollte heran, so nahe, dass John fast schlecht wurde von seinem Mundgeruch, und zischte: »Ich verhöhne sie alle, und diese Feiglinge erdulden es. Ich spucke auf ihr erbärmliches Mitleid, aber sie ertragen es. Also verdienen sie es nicht anders. Sklavennaturen, allesamt!«
    »Gut zu wissen. Ich ertrage es nämlich nicht mehr.« John stand auf und trat einen Schritt zurück. »Es hat mich nicht gefreut, Sie kennen zu lernen, Signor Valen, und ich hoffe, es gibt kein Wiedersehen. Sterben Sie wohl.« Damit ging er, und später sollte er sich eingestehen müssen, dass es ihm in diesem Augenblick egal gewesen war, ob Ursula ihm folgte oder nicht.
    Aber sie folgte ihm, und er legte den Arm um sie und spürte, wie sie bebte. Sie hörten den alten Mann lachen, und John hörte ihn ihm nachrufen: »Sie gefallen mir, Fontanelli! Warten Sie ‘s ab, eines Tages werden Sie doch das Richtige tun…!«
    Dann waren sie ums Eck, und ein quietschend näher kommender Rollstuhl übertönte den unverständlichen Rest.
    »Ich hasse es«, murmelte John, mehr zu sich selber als zu irgendjemandem sonst. »Wenn mir noch einmal jemand vorhersagt, dass ich das Richtige tun werde, fang ich an zu schreien…«
     
    »Er ist nach dem Krieg zu fünfundzwanzig Jahren Gefängnis

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