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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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haben.«
    »Mach keine Witze. Heute könnte unsere schöne Romanze ein abruptes Ende nehmen.«
    »Lass mich raten. Du willst mir deinen Ehemann vorstellen, und der ist Boxer.«
    »Viel schlimmer. Ich will dir meinen Großvater vorstellen, und der ist ein alter Nazi.«
     
    John fand Ursulas Nervosität merkwürdig. Schließlich wollte er ja nicht ihren Großvater heiraten, oder? Aber darauf reagierte sie nur mit einem angespannten »Warten wir ‘s ab«. Sie schien sich wahrhaftig zu sorgen, er könne sie wortlos stehen lassen und die Flucht ergreifen. Das musste ja ein Viech sein, dieser Großvater. Allmählich wurde er regelrecht neugierig auf ihn.
    Auf der Fahrt zum Altersheim war Ursula seltsam aufgekratzt, redete fortwährend mit den Bodyguards, wollte wissen, wie sie das eigentlich bewerkstelligten: die ganze Nacht ein Haus zu bewachen und am Morgen trotzdem ausgeruht und wie aus dem Ei gepellt auszusehen. Marco erläuterte ihr bereitwillig das Schema, wer von wann bis wann in dem Hotelzimmer, das sie sich in so einem Fall in der Nähe besorgten, schlafen und duschen durfte, wie sie es mit den Autos machten und wie man in einem Auto frühstückte, ohne es zu versauen.
    »Es gibt noch Hoffnung«, erklärte sie später, als sie durch das Portal des Heims traten. »Mir ist vorhin eingefallen, dass Großvater ja kein Wort Englisch spricht.«
    John musste grinsen. »Das wird dann ganz schön langweilig, wenn er seine Kriegsgeschichten erzählt.« Zwei der Leibwächter gingen hinter ihnen. Ursula hatte Recht: Zum ersten Mal seit Tagen sah man ihnen wieder hinterher.
    »Er erzählt keine Kriegsgeschichten«, sagte Ursula finster. »Er war Ausbilder bei der Totenkopf-SS. Er ist ein in der Wolle gefärbter Nazi, und Hitlers Mein Kampf kann er auswendig.«
    Er drückte ihre Hand, in der Hoffnung, sie dadurch zu beruhigen. »Er spricht kein Englisch, ich kein Deutsch. Du kannst mir alles erzählen, ich werde es wohl glauben müssen.«
    Josef Valen sprach tatsächlich kein Englisch.
    Aber Italienisch, und das besser als John selbst.
    »Ich war drei Jahre lang in Italien stationiert, auf Befehl von Reichsmarschall Himmler persönlich«, kam die Erklärung militärischzackig. »Verbindungsoffizier zu den italienischen Kameraden. Eingehendes Sprachstudium war obligatorisch, ich sollte einsetzbar für Geheimdienstaufgaben werden. Das hat sich später geändert, aber die Sprachkenntnisse sind geblieben.«
    Ursula hatte sich entgeistert setzen müssen. John war mehr als verblüfft. Ursulas Großvater war steinalt und saß im Rollstuhl, aber John hatte selten jemanden kennen gelernt, der so hellwach und auf Draht gewesen war wie Josef Valen.
    Und er verstand, warum Ursula Angst hatte. Etwas Böses ging von dem alten Mann aus, ein Fluidum von Erbarmungslosigkeit und Härte, das einem unwillkürlich die Nackenhaare aufstellte. Er trug die wenigen Haare kurz geschnitten und streng gescheitelt, und seine klaren, grauen Augen musterten John, wie ein Wolf ein Beutetier angesehen hätte. Man konnte sich von diesem Mann ohne weiteres vorstellen, dass er Frauen und Kinder erschossen hatte. Und man hatte Angst, danach zu fragen, weil man die Antwort nicht wissen wollte.
    »Sie sind also dieser berühmte John Salvatore Fontanelli«, sagte Josef Valen. Er deutete auf einen der Stühle, die an der Wand standen. »Nehmen Sie Platz. Mein Sohn hat Sie angekündigt; es ist mir eine Ehre.«
    »Grazie«, murmelte John und setzte sich. Ursula hatte eine Hand vor den Mund gelegt und Panik im Blick.
    Valen drehte seinen Rollstuhl ein wenig zur Seite. »Ich habe viel über Sie gelesen, Signor Fontanelli. Natürlich habe ich nicht ahnen können, dass ich Sie eines Tages kennen lernen würde. Was mich fasziniert hat, war, von dieser Prophezeiung zu erfahren.«
    »Ja«, nickte John mit wachsendem Unwohlsein. »Mich auch.«
    »Der Menschheit die verlorene Zukunft zurückgeben …« Der alte Mann hielt den Blick seiner kalten grauen Augen unverwandt auf John gerichtet, forschend. »Ich habe mich immer gefragt, ob Ihnen klar ist, wann die Menschheit ihre Zukunft eigentlich verloren hat?«
    John lehnte sich zurück, bis er die Wand hinter sich hart im Rücken spürte. War es kalt im Zimmer geworden, oder bildete er sich das ein? »Offen gestanden«, erwiderte er zögernd, »nein.«
    »1945«, sagte Valen. »Als die jüdische Weltverschwörung unser Vaterland in die Knie gezwungen hat. Als sich gezeigt hat, wie fest die jüdischen Kapitalisten Amerika im Griff

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