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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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den Weg, der hinter ihm lag, verstand, warum alles so hatte kommen müssen.
    Natürlich hatten sich ihm diese Zusammenhänge nicht früher offenbaren können. In seinen jungen Jahren war er zu idealistisch gewesen, um sich dieser Verantwortung stellen zu können. Das Wissen um die wahren Zusammenhänge wäre eine Bürde gewesen für ihn, die ihn erdrückt hätte, anstatt ihn zu beflügeln. Gnädig hatte ihn die Vorsehung in der Illusion belassen, er werde für alle Menschen die Tür in die Zukunft öffnen können. Er hatte sich zwar immer gefragt, wie das gehen sollte, aber er hatte vertraut. Das war seine Kraft gewesen.
    Es hatte der Gewissheit dieser beispiellos detaillierten Hochrechnung bedurft, um ihm die Augen für die wahren Ausmaße der Krise zu öffnen. Es war nötig gewesen, ihn in ein Tal tiefster Verzweiflung zu stürzen, um ihn zur Einsicht in die Notwendigkeit dessen zu bringen, was getan werden musste. Ihn schauderte vor der majestätischen Grausamkeit der Natur. Nicht nur das Leben brachte sie, sie brachte auch den Tod. Beides war eins, das eine ohne das andere nicht möglich. Alles Leben war Versuch und Irrtum, war Fülle und Ausmerzung des Untauglichen.
    Vor dieser Dimension des Göttlichen hatte er immer die Augen verschlossen, ganz befangen im Denken seiner Zeit. Aber wo gelebt wurde, musste auch gestorben werden. Ohne dieses Gleichgewicht war keine Zukunft, war keine Dauer möglich. Dieses Gleichgewicht hatte er immer gesucht in seinen Plänen, seinen Berechnungen, aber er hatte es nicht finden können, weil er nicht bereit gewesen war, den Preis zu bezahlen, um den allein dieses Gleichgewicht zu haben war.
    Er kam nicht auf die Beine, also robbte er über den rauen Teppichboden auf das Bett zu, schob Reisetasche und Mantel über Bord und kroch unter die Decke. Wie lange hatte er so dagelegen, nackt in der Kälte? Mühsam drehte er den Kopf. Die Ziffern der Digitaluhr blinkten sinnlos, es musste einen Stromausfall gegeben haben. Er rieb sich die Arme und Schultern, aber es schien nicht so, als würde er von alleine warm werden. Er brauchte eine heiße Dusche, egal wie spät es war.
    Während das Wasser auf ihn herabpladderte, schmerzhaft wie Nadelstiche, und es überall zu kribbeln anfing, dachte er wieder an den blonden Halbaffen in dem Auto, der ihm mit primitivem Triumph die Vorfahrt genommen hatte, diesen breitschultrigen homo erectus, der vermutlich nur Ficken und Fahren im Kopf hatte. Was für eine Daseinsberechtigung, die Frage musste doch einmal ganz vorurteilsfrei erlaubt sein, sollte es für eine derart primitive Existenz geben? Menschen – ach was, Wesen wie diese beiden waren nur Nutznießer der Arbeit anderer, produktiver Menschen, Menschen wie er selbst oder die Leute, die für ihn arbeiteten. Wertvolle, nützliche Menschen. Menschen mit Verstand und Geschmack, die etwas aus sich zu machen suchten, die Ziele im Leben verfolgten, die versuchten, für ihre Mitwelt nützlich zu sein. Aber es gab nicht nur Menschen wie diese. Es gab auch noch diese Parasiten, und jede Menge davon. Es war absolut unnötig, dass solche Halbmenschen am Leben erhalten wurden, wenn es ohnehin knapp wurde.
    Da es nicht für alle reichen wird, muss dafür gesorgt werden, dass es für die Richtigen reicht.
    Malcolm McCaine ließ sich den heißen Strahl über das Gesicht laufen und dachte flüchtig darüber nach, dass es schwierig werden würde, John Fontanelli an dieser Einsicht teilhaben zu lassen.
     
    Nach dem Aufwachen brauchte John einen Moment, ehe er wieder wusste, wo er war. Eine milde Sonne glomm durch eines der Dachfenster, ihr Licht hatte ihn in der Nase gekitzelt und damit aufgeweckt. Ursulas Wohnung war klein, bestand, je nachdem, wie man Mauervorsprünge und Raumteiler zu werten bereit war, aus ein bis zwei Zimmern und einem Bad, aber das alles war ideenreich in das komplizierte Dach hineingebaut und interessant anzusehen. Und obwohl man den meisten Möbeln ansah, dass sie nicht viel gekostet hatten, ging ein Zauber von allem aus, der einen sich spontan wohlfühlen ließ.
    Ursula lag halb aufgedeckt neben ihm, und als ob sie gespürt hätte, dass er sie beobachtete, erwachte sie auch, blinzelte ihn verschlafen an und lächelte dabei. »Sieht aus, als gefalle ich dir«, murmelte sie undeutlich.
    »Sieht so aus«, grinste John.
    Sie wälzte sich herum, was ebenfalls ein attraktiver Anblick war, und langte nach dem Wecker. »Oh. Heute ist Samstag, oder?«
    »Falls sie nicht den Kalender geändert

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