Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
für die Arbeitswelt. »Die Leute werden am Computer eingestellt, arbeiten am Computer und werden per Computer wieder gefeuert.« Ein Handelsmagnat aus Südostasien prophezeite, infolge der zunehmenden Produktivität der Arbeit würden in Zukunft zwanzig Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung genügen, um die gesamte Weltwirtschaft in Schwung zu halten. Ein Fünftel werde ausreichen, um alle Waren herzustellen und alle Dienstleistungen zu erbringen, die sich die Welt leisten könne.
    Es war Malcolm McCaine, der nach ihm ans Rednerpult trat, grimmig in die Runde blickte, um dann die Frage zu stellen, die gestellt werden musste: »Aber was sollen wir mit den überflüssigen Leuten machen?«
    John traute seinen Ohren nicht. McCaine benutzte wahrhaftig den Begriff surplus people – überflüssige Leute. Und niemand erhob einen Einwand. Nicht einmal ein Raunen ging durch den Saal.
     
    Paul Siegel begann seine Tätigkeit als Geschäftsführer von Fontanelli Enterprises Anfang März. Er kam ein paar Tage davor nach London und brachte zuwege, was John ihm als aussichtslos hatte ausreden wollen: mithilfe eines Maklers und »unverschämt viel Glück« eine Wohnung zu finden, sogar eine, die all seinen Vorstellungen entsprach. So ähnelte sie auch seinen bisherigen Wohnungen wieder verblüffend, nur dass der schöne Blick von hoch oben nicht mehr auf Hudson oder Potomac, sondern auf die Themse ging.
    John hatte McCaines Büro renovieren lassen und war dann selber eingezogen, Paul seinen bisherigen Raum überlassend. Der Gedanke, ihn in dasselbe Büro zu setzen wie McCaine, sozusagen als Ersatz, war ihm zuwider gewesen.
    Paul führte einen neuen Umgangsstil in der Führungsetage des Konzerns ein. Ab sofort war Schluss mit den einsamen, frugalen Mittagsmenüs am Konferenztisch – Paul Siegel aß mit allen gerade anwesenden Direktoren im Casino zu Mittag, scheute sich nicht, ein paar Tische zusammenrücken zu lassen, und ermunterte die Männer und wenigen Frauen, frisch von der Leber weg zu reden, was Sache war. John schloss sich nach einigem Zögern an und fand es erfrischend, die Höhe des einsamen Kommandostandes wenigstens zeitweise zu verlassen.
    Doch Paul Siegel war nicht nur umgänglich und aufgeschlossen. Er bewies umgehend, dass er auch durchgreifen konnte, wenn es sein musste. Er hörte sich aufmerksam an, wie drei der Direktoren sich für die McCaine’sche Vorstellung, es gebe so etwas wie surplus people, begeisterten. Die Detektive, die er auf sie ansetzte, fanden bei zweien Beweise für Verbindungen zu McCaine, worauf er ihnen mit den Worten »Die surplus people – das sind Sie« kündigte und sie wegen Untreue, Anstiftung zur Sachbeschädigung und Wirtschaftsspionage verklagte. In der Folge machte er zahlreiche weitere »Maulwürfe« in den verschiedenen Führungsebenen ausfindig, die er ebenfalls ausnahmslos feuerte.
    John versuchte insgesamt dreimal, Ursula anzurufen. Das erste Mal fing er an zu wählen, legte aber nach der Vorwahl wieder auf und sagte sich, dass sie sich gemeldet hätte, wenn ihr noch etwas an ihm gelegen hätte. Einige Tage später überwand er sich, zu Ende zu wählen, doch er bekam nur ihren Anrufbeantworter zu hören und legte auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen: Das, was er wollte, war nichts, was sich per Anrufbeantworter regeln ließ. Und als er es einige Tage darauf noch einmal versuchte, meldete sich nicht einmal mehr das Gerät, sondern es klingelte nur endlos und vergeblich.
    In diesen Tagen war es, dass eine der Sekretärinnen John einen Brief brachte, der sich auffallend von der normalen Geschäftspost abhob. »Wir dachten erst, es wäre einer dieser Briefe, die Kinder Ihnen manchmal schreiben«, sagte sie, »aber es ist tatsächlich geschäftlich.«
    »Tatsächlich?«, wunderte sich John und nahm den Umschlag zur Hand. Wie alle Briefe an ihn war er natürlich durchleuchtet und vorab geöffnet worden. Er klebte voller bunter Abziehbilder und war, von Hand und in ungelenker Kugelschreiberschrift, aber korrekt, an Mister John S. Fontanelli adressiert und trug Briefmarken der Republik der Philippinen. Absender war ein gewisser Manuel Melgar.
    »Wer ist Manuel Melgar?«, murmelte John, und im selben Moment fiel es ihm wieder ein. Der Junge. Tuay. Panglawan. Der ihn um dreihundert Dollar angepumpt hatte.
    Der Umschlag enthielt ein Schreiben, in dem Manuel seine ersten geschäftlichen Erfolge und Fehlschläge schilderte – er hatte das Tricycle gekauft und umgebaut, sich nach

Weitere Kostenlose Bücher