Eine Billion Dollar
Energieart.«
Rawburne lächelte verschmitzt. »Gratuliere. Sie merken schon, zu welch segensreichen Schlussfolgerungen meine Reform die Menschen bringen wird.«
»Aber wie berechnen Sie den Wiederbeschaffungswert von, sagen wir, Kupfer? Das müsste man ja von einem anderen Planeten holen, oder?«
»Müsste man, ja, aber an dieser Stelle können wir es uns erlauben, pragmatisch zu denken«, sagte Rawburne. »Wie Sie vielleicht wissen, findet sich praktisch jedes Element, das in der Erdkruste vorkommt, auch im Meerwasser gelöst, und zwar in so atemberaubend großen Mengen, dass die Vorräte darin für länger reichen werden, als wir hoffen können, als Spezies auf diesem Planeten zu überleben. Das einzige Problem ist, dass es extrem energieaufwändig ist, besagte Elemente – Kupfer, zum Beispiel – aus dem Wasser herauszufiltern. Für Energie haben wir aber vorhin bereits einen Kostenansatz gefunden. Den setzen wir hier einfach ein, und schon haben wir unsere Steuer auf Kupfer.«
»Das klingt aber, als würden Rohstoffe dann irrsinnig teuer.«
»Wodurch der Anreiz, eine sparsame Technik zu entwickeln, ebenfalls irrsinnig wäre«, stimmte Rawburne dem zu. »Es gibt wunderbare Geschichten, wie Mangel an etwas den technischen Erfindergeist angeregt hat.«
»Aber wenn im Meer alle Rohstoffe im Übermaß vorhanden sind«, dämmerte es John, »dann gibt es in Wirklichkeit überhaupt keine Knappheit an Rohstoffen. Höchstens an Energie.«
Der adlige Journalist richtete den Einger auf ihn. »Der Kandidat hat hundert Punkte. Wir nähern uns dem Kern meines Konzepts. Die Steuer auf Rohstoffe hat nämlich nicht in erster Linie den Zweck, begrenzte Vorräte zu bewahren. In der Tat werden uns die Rohstoffe nicht so schnell ausgehen, von Erdöl und Erdgas einmal abgesehen. Was uns aber ausgehen wird, und das bald, sind die Kapazitäten der Ökosysteme, Schadstoffe und überschüssige Energie aufzunehmen. Wir könnten die ganze Welt in eine einzige, unbewohnbare Müllkippe verwandeln, und in der Erdkruste würden sich immer noch ausreichend Metalle finden lassen, um die heutige technische Produktion aufrechtzuerhalten. Der springende Punkt ist, dass wir Rohstoffe und Energie benötigen, um die Umwelt zu belasten. Es ist im Prinzip dieselbe Grundidee wie damals in meinem Buch, nur vom anderen Ende her aufgezäumt. Von dem Ende, das leichter zu kontrollieren ist. Das Prinzip ist dasselbe – das zu besteuern, was schadet, und so die Weichen zu stellen für eine Umgestaltung der Wirtschaft. Und diese Umgestaltung, das ist das Schöne an meinem Konzept, wird in völliger Freiheit vor sich gehen. Sie brauchen keine Vorschriften, keine Zehnjahrespläne, keine Umweltpolizei, nichts dergleichen. Sie können die ganzen Einzelheiten den Mechanismen des Marktes überlassen. Der Markt wird alles in derselben Vollkommenheit lösen, wie er es schon immer getan hat. Nur die richtigen Rahmenbedingungen, die müssen Sie schaffen. Schaffen Sie die Steuern auf menschliche Leistung ab und erheben Sie stattdessen Steuern auf Rohstoffe, und die Rettung der Menschheit erfolgt vollautomatisch.«
Nachdem Rawburne gegangen war, wanderte John in seinem Büro auf und ab wie ein gefangener Tiger, immer im Kreis herum, genau wie die Gedanken in seinem Kopf. Er hatte sich von dem Gespräch einen neuen Plan erhofft, die Prophezeiung zu erfüllen, aber statt Klarheit und Zuversicht erfüllten ihn jetzt Konfusion und Verzagtheit.
»Wie soll ich das denn machen?«, hatte er gefragt. »Ich erhebe ja keine Steuern. Regierungen erheben Steuern.«
Rawburne hatte nur mit den Schultern gezuckt. »Sie sind der mächtige Mann. Man wird auf Sie hören.«
Würde man das? Auf einen Unternehmer, der verlangte, das Steuersystem zu ändern? Nie im Leben.
»Ich kann nur die Ideen liefern«, hatte Rawburne abgewehrt. »Umsetzen müssen es andere.«
Dabei war es geblieben.
John starrte das Fenster an, das sich mehr und mehr mit Schnee zusetzte. Würde es überhaupt funktionieren? Es hatte alles gut geklungen, aber er war kein Fachmann, konnte es im Grunde nicht wirklich beurteilen. Gut, er konnte die volkswirtschaftliche Abteilung darauf ansetzen. Konnte eine Studie erstellen lassen in Zusammenarbeit mit einer Universität. Leute vom Währungsfonds oder der Weltbank zu Gesprächen einladen, die mit internationalen Finanzkonzepten vertraut waren.
»Ich kann es nicht«, sagte John laut und lauschte dem Klang seiner Stimme.
»Ich kann es nicht«, wiederholte er
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