Eine Billion Dollar
und fand, dass es wahr klang. Er war nicht mehr imstande, sich noch einmal mit Herz und Seele auf jemandes Plan einzulassen, der versprach, der Welt die Rettung zu bringen. Egal, wie überzeugend er wirkte. Er hatte nicht mehr die Kraft, nicht mehr den Glauben. McCaine hatte am Anfang genauso überzeugend gewirkt, und John war, als sei seine Fähigkeit, sich für etwas einzusetzen, in dessen Projekt vollständig aufgebraucht worden.
Er ballte die rechte Hand zu einer Faust, langsam, und sah seinen Fingern zu dabei. »Ich wollte, ich hätte einmal im Leben selber eine Idee«, sagte er zu seinem Spiegelbild in der Scheibe, durch die man nichts mehr von der Welt draußen sah, die in Nacht und Kälte versank.
Später rief er Paul Siegel an und sagte: »Ich brauche dich.«
»Schon wieder?«, fragte der.
»Ich will, dass du die Geschäftsführung von Fontanelli Enterprises übernimmst.«
Am anderen Ende war etwas wie ein langgedehnter Atemzug zu hören. »John – das ist nett von dir und sicher gut gemeint und ehrt mich ohne Zweifel. Aber ich bin Volkswirtschaftler, kein Betriebswirt.«
»Paul«, erwiderte John, »der Umsatz meines Konzerns ist höher als das Bruttosozialprodukt der meisten Staaten dieser Welt. Ich habe mehr Angestellte als Finnland Einwohner. Wer, wenn nicht ein Volkswirtschaftler, soll damit zurechtkommen?«
Einen Moment herrschte Stille. Dann hüstelte Paul Siegel. »Das ist allerdings ein Argument.«
45
Die Temple Tomorrow Society lud zu einem Kongress unter dem Titel »Planet Management«. Sie lud Nobelpreisträger, ehemalige US-Präsidenten, in Ehren und Ansehen ergraute ausländische frühere Staatschefs und vor allem die ihrer Auffassung nach namhaftesten Wirtschaftsführer aus aller Welt nach San Francisco, um drei Tage lang im berühmten Fairmont-Hotel, dieser Kultstätte des Wohlstands, in intensiven Gesprächen den Weg ins 21. Jahrhundert zu erkunden und zu weisen, den Weg zu einer neuen Zivilisation. Dass man, wenn man im gläsernen Lift an der Außenseite des Hotelturms hochfuhr zum Crown Room’s Restaurant, freien Blick hatte auf die Golden-Gate-Brücke, die fernen Hügel von Berkeley und das Silicon Valley, wurde als passend und anregend zugleich empfunden. Dass John Fontanelli nicht unter den geladenen Wirtschaftsgrößen war, schien niemanden zu stören.
»Ich bin nicht beleidigt oder so etwas«, sagte John, als Marco kam, um die Ergebnisse der Recherchen zu präsentieren, die Leute der Sicherheitsorganisation vor Ort angestellt hatten. »Ich will nur wissen, was da vorgeht.«
»Selbstverständlich, Mister Fontanelli«, sagte Marco.
John sah ihn an. »Sie glauben mir das doch, oder?«
»Ja«, sagte der Bodyguard und legte die Folie auf den Projektor.
Die Temple Tomorrow Society war kurz vor Weihnachten 1997 gegründet worden. Stifter und Ehrenvorsitzender war Bradford C. Temple, bis dahin Vorstandsvorsitzender von Morris-Capstone und im Zuge der Übernahme der Geschäfte durch Malcolm McCaine in den Ruhestand gewechselt. Temple war ein blonder, dickbäuchiger Mann aus dem Mittleren Westen, dem man den Fotos zufolge, die es von ihm gab, vielleicht eine Leidenschaft für Pferderennen oder junge Nackttänzerinnen zugetraut hätte, aber niemals die Gründung einer Gesellschaft, die es sich in die Satzung geschrieben hatte, der Menschheit den Weg in die Zukunft zu ebnen.
»Also steckt McCaine dahinter«, stellte John fest. Damit war klar, warum man ihn nicht eingeladen hatte.
Der »Planet-Management« -Kongress tagte in Klausur, streng gegen die Medien abgeschirmt. Nur eine kleine, handverlesene Schar von Journalisten war zu einer Anzahl halböffentlicher Sitzungen zugelassen, wobei alle Berichte vor Veröffentlichung vorgelegt werden mussten und jede Ton-oder Videoaufnahme überprüft wurde.
Eine dieser Videoaufnahmen legte Marco ein. Es hatte ein kleines Vermögen gekostet, sie so rasch von San Francisco nach London transportieren zu lassen.
Ein Ökonomieprofessor sprach über den Freihandel und seine künftige Entwicklung. Ein Milliardär ließ sich über Investment in neue Märkte aus. Niemand sprach länger als fünf Minuten, alles wurde aufs Äußerste verkürzt dargeboten. Ein Topmanager einer Computerfirma schilderte, wie bei ihnen Softwareentwickler aus aller Welt über vernetzte Computer jederzeit und rund um die Uhr arbeiteten, wann sie wollten und so lange sie könnten, ohne Einreiseprobleme und unabhängig von nationalen Regierungen und ihren Vorschriften
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