Eine Billion Dollar
ökologischen. Aber erheben Sie eine Rohstoffsteuer, und plötzlich werden Recyclingfirmen an den Türen der Leute klingeln und ihnen ihren Müll abkaufen.«
»Es wäre ein starker Anreiz da, Geräte langlebiger und haltbarer zu bauen«, spann John den Faden weiter. »Selbst wenn sie mehr kosten, könnte das immer noch ein gutes Geschäft sein.«
»Genau. Wenn Rohstoffe teuer sind, wird man es sich sorgfältig überlegen, ob man sie in Form von Schadstoffen in der Umwelt verteilt.« Rawburne hob die Hand. »Und bedenken Sie, selbstredend sind auch alle Formen der Umsatzsteuer abgeschafft. Das heißt, Arbeit wird wieder billiger, weil sie nicht mehr mit Steuern belastet ist. Dienstleistungen aller Art würden eher billiger als teurer. Arbeitslosigkeit würde aufhören, ein Problem zu sein.«
John nickte sinnierend. »Aber«, fiel ihm ein, »wäre das denn gerecht? Ich meine, einen bestimmten Grundumsatz an Ressourcen, Energie vor allem, braucht man doch, einfach nur um am Leben zu bleiben. Trifft Ihre Steuer nicht vor allem die Armen, während die Reichen freie Bahn haben, ihr Geld für umweltzerstörerische Aktivitäten auszugeben?«
Rawburne breitete die Arme aus. »Es wird Ihnen, Mister Fontanelli, in Ihrem bisherigen Leben nicht entgangen sein, dass alle Unbill im Leben Arme härter trifft als Reiche, von einer Krise in der Kaviarproduktion vielleicht einmal abgesehen. Das ist geradezu unsere Definition von Reichtum, nicht wahr?«
»Sicher, aber das brauche ich durch ein Steuersystem ja nicht noch zu verschärfen. Oder denken Sie daran, dass Länder über unterschiedlich ausgeprägte Rohstoffvorkommen verfügen. Japan etwa hat so gut wie keine Rohstoffe. Also würde es nur minimale Steuern einnehmen.«
»Das ist schon der bessere Einwand«, pflichtete Rawburne bei, »und dazu habe ich auch einen Vorschlag. Die Steuern auf Rohstoffe müssen, wie gesagt, weltweit einheitlich gelten, aber ich würde es einzelnen Staaten oder sogar Regionen und Städten freistellen, zusätzlich die Vermögen ihrer Bürger nach Gutdünken zu besteuern. Das wäre eine Steuer, die Reichere stärker beträfe und so für sozialen Ausgleich sorgen würde. Mehr noch, auf diese Weise wäre es möglich, viele Hindernisse, die einer wirklichen Freizügigkeit heute im Wege stehen – Grenzen, Einwanderungsquoten, Begrenzungen der Arbeitserlaubnis und so weiter – abzuschaffen, weil sich alle Wanderungsbewegungen durch die unterschiedliche Attraktivität der Regionen von selbst regulieren würden.«
Das klang gut, gestand sich John ein. Und er musste plötzlich wieder an seinen ersten Besuch in London denken, in einem anderen Büro, unter anderen Voraussetzungen, und wie auch damals alles gut, geradezu genial geklungen hatte.
So lang war das her. So viel war passiert in der Zwischenzeit – und doch… nichts…
»Aber haben Sie da nicht dasselbe Problem wieder?«, fragte er. »Wie wollen Sie festlegen, welcher Rohstoff wie viel Steuern kosten soll?«
Rawburne nickte, als habe er auf diesen Einwand gewartet. »Es ist dasselbe Problem, mit dem Unterschied, dass es für dieses eine Lösung gibt. Eine geradezu brutal einfache mathematische Lösung. Sie müssen nämlich nur korrekt bilanzieren, nach genau denselben Maßstäben, die in einem Unternehmen gelten. Nehmen Sie zum Beispiel Kohle oder Erdöl. Niemand wird heute mehr bestreiten, dass es sich dabei um begrenzt vorhandene Rohstoffe handelt. Es gibt unterschiedliche Theorien darüber, wie groß die Vorräte sind, aber dass sie nicht unbegrenzt sind, darüber ist man sich einig. Nun, in der Betriebswirtschaft gehören Vorräte zum Aktivkapital und sind deshalb mit den Wiederbeschaffungskosten zu bilanzieren. Und genau das müssen wir hier auch tun.«
»Den Wiederbeschaffungswert?«, stutzte John. »Aber wie wollen Sie Erdöl wieder beschaffen?«
»Erdöl ist ein fossiler Energieträger und damit im Grunde eingelagerte Sonnenenergie. Man muss als Wiederbeschaffungswert also mindestens die Kosten ansetzen, die die Gewinnung der entsprechenden Menge Sonnenenergie heutzutage verursachen würde. Da die Verbrennung eines gegebenen Quantums Erdöl zudem eine messbare Verminderung der Luftqualität verursacht, wäre noch ein – zugegeben etwas schwieriger zu ermittelnder – Aufschlag für Luftreinigung zu berücksichtigen. Voilà – die Steuer auf fossile Energieträger.«
John furchte die Brauen. »Das heißt aber, dass dadurch Sonnenenergie in jedem Fall billiger wäre als jede andere
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