Eine Billion Dollar
und Steuern.«
»Aber Geld steckt hinter allem. Menschen hungern, weil sie kein Geld haben, um sich etwas zu essen zu kaufen. Menschen setzen viele Kinder in die Welt, wenn das die einzige Chance ist, im Alter versorgt zu sein. Seinen Lebensunterhalt verdienen heißt Geld verdienen, deshalb bestimmen die finanziellen Bedingungen fast alles, was wir tun und lassen.«
»Aber rettet es die Welt, wenn ich denselben Steuersatz zahle wie, sagen wir, der Reisbauer in Indochina oder der Landarzt in Tansania?«
Der reichste Mann der Welt lächelte. »Es wird eher darauf hinauslaufen, dass das Steuersystem generell geändert wird.« Er stützte sich auf die Armlehne seines Sessels. »Ich will Ihnen ein Beispiel sagen, das ich aus eigener Anschauung kenne. Sie wissen, dass unvorstellbare Geldmengen über die Devisenmärkte der Welt schwappen, über anderthalb Billionen Dollar pro Tag, in Sekundenbruchteilen von einer Währung in die andere getauscht, um an winzigsten Kursschwankungen zu verdienen. Es ist ein Geschäft, um das ganz klar zu sagen, bei dem nichts produziert, nichts von irgendeinem Wert hervorgebracht wird. Niemand wird satt davon. Jeden Tag wechselt mehr Geld den Besitzer, als im ganzen Jahr für den gesamten Warenverkehr der Erde gebraucht würde, und am Abend gibt es nicht einmal eine zusätzliche Scheibe Brot deswegen auf der Welt. Es werden riesige Gewinne gemacht, aber jeder Gewinn ist unweigerlich und bis auf die letzte Stelle hinter dem Komma der Verlust eines anderen. Ich habe bis vor wenigen Wochen selber eine Devisenhandelsabteilung gehabt und in diesem Geschäft mitgemischt, und ich bin nicht stolz darauf, glauben Sie mir.«
»Aber die Leute in diesem Geschäft sind doch unter sich? Ich meine, es geht vielleicht zu wie in einer Spielbank – aber was muss mich das kümmern?«
»Weil es Auswirkungen auf Sie hat. Sehen Sie, eine solche Woge an Geld, die ständig unterwegs ist, ein regelrechter Tsunami an elektronischen Devisen, unterwirft sich alle Entwicklungen in der realen, materiellen Wirtschaft, bügelt sie einfach platt mit der schieren Wucht der größeren Zahl. Die Asienkrise, mit all ihrem Elend, den geplünderten Geschäften und Pleite gegangenen Firmen, verdanken wir einem abrupten Sturm im Devisenhandel.«
»Den Fontanelli Enterprises ausgelöst hat«, warf Larry King ein und blinzelte hinter seiner dicken Hornbrille. »Absichtlich. Um die Regierungen der Region unter Druck zu setzen.«
»Ja. Das konnten wir einfach tun. Es war vielleicht nicht nett, aber es war nicht illegal.«
»Aber was hätte Ihr Welt-Finanzministerium denn dagegen tun können?«
»Etwas verblüffend Einfaches und Wirkungsvolles«, sagte John Fontanelli. »Es gibt nämlich schon seit den Siebzigerjahren einen Plan, den der Ökonom und Nobelpreisträger James Tobin entwickelt hat und der im Grunde wissenschaftlich unumstritten ist. Er sieht vor, einfach auf alle Devisentransaktionen eine Steuer zu erheben, die nicht höher zu sein brauchte als ein Prozent.«
»Ich müsste also ein Prozent Steuer zahlen, wenn ich, sagen wir, nach Frankreich in den Urlaub gehen will und US-Dollar gegen französische Franc tausche?«
»Aber das würde kaum ins Gewicht fallen gegen die Gebühren, die Ihnen die Bank sowieso berechnet. Normale Exportgeschäfte wären nur geringfügig belastet, langfristig geplante ernsthafte Investitionen genauso.«
»Schön, aber was soll so eine Steuer dann bewirken?«
»Devisenspekulanten«, erklärte Fontanelli, »tauschen einen großen Betrag einer Währung – sagen wir, hundert Millionen US-Dollar – in eine andere, um sie ein paar Stunden, vielleicht nur ein paar Minuten später wieder zurückzutauschen. Angenommen, der Wechselkurs hat sich um ein hundertstel Prozent verbessert, hat er zehntausend Dollar gutgemacht. Wenn er aber für den Umtausch ein Prozent Steuern zahlen muss, was in diesem Fall eine Million Dollar wären – und er muss ja zweimal tauschen, einmal hin, einmal zurück – würde sich das Geschäft mit einem Schlag nicht mehr lohnen. Dabei müsste die Steuer nicht unbedingt ein Prozent betragen, selbst Steuersätze von einem Zehntelprozent würden schon wohltuend bremsen.«
Larry King stützte das Kinn auf. »Na schön. Die Jungs sind ihre Jobs los – und dann? Was hat der Reisbauer in Indochina davon?« »Heute ist es so, dass eine Finanzkrise in einem Teil der Welt sofort auf den Rest des Globus durchschlägt. Investiertes Kapital flüchtet, wodurch die Krise noch
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