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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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aufgeklärt worden, schon mit neun oder zehn; da war Lino fünfzehn gewesen und hatte gewusst, wovon er sprach.
    Gut möglich, dass es eben einmal daneben gegangen war. Sogar die Reaktion Deborah Petersons, Lino das Kind zu verschweigen, konnte er verstehen. Er hatte immer das Gefühl gehabt, dass Lino Frauen nicht mehr freundlich behandelte, sobald er gehabt hatte, was er wollte.
    »Und wenn es kein Trick ist?«, fragte John.
    »Wenn es kein Trick ist«, sagte Eduardo, leckte den Löffel ab und legte ihn sorgfältig auf der grazilen weißen Porzellanuntertasse ab, »dann ist Andrew Peterson der Erbe.«
     
    Was bis jetzt eine Belagerung gewesen war, wurde zum Angriff. Bildlich gesprochen, begannen die Reporter an den Gitterstäben zu rütteln und Einlass zu fordern. Eduardo wagte sich hinaus, begleitet von drei Bodyguards, obwohl er nur bis zum Hoftor ging. Er erklärte den Journalisten ungefähr das, was er John beim Frühstück erklärt hatte, nämlich dass man den Verdacht habe, Lino versuche durch einen Trick in den Besitz des Fontanelli-Vermögens zu kommen, und umriss grob den Verlauf und die Themen des bevorstehenden Rechtsstreits. Man zerriss ihn fast durch das Gitter hindurch.
    »Noch einmal so was, und ich trage einen bleibenden Hörschaden davon«, meinte Eduardo, als er zurück im Haus war. Er schüttelte sich. »Was tun die eigentlich alle hier? Sollten die nicht beim Prozess gegen O.J. Simpson sein?«
    Keine zwei Stunden später sah er sich selbst auf NBC seine Er klärung abgeben, gegen das zornige Dementi eines aus dem Schlaf gerissenen Lino Fontanelli geschnitten, der »die infamen Unterstellungen dieses jungen italienischen Anwalts« entschieden zurückwies und noch einmal betonte, dass es ihm einzig um das Wohl seines Kindes gehe.
    Der Hubschrauber tauchte wieder auf, bald darauf ein zweiter und ein dritter. Hausangestellte, die zu Botengängen unterwegs gewesen waren, berichteten am Nachmittag, man hätte ihnen große Geldsummen angeboten für Schriftstücke aus dem Haushalt der Vacchis, für Fotos aus dem Inneren des Hauses oder dafür, einen Reporter ins Haus zu schmuggeln. Die Wachleute verschärften die Kontrollen.
     
    Am späten Nachmittag telefonierte John mit seiner Mutter. An der Ostküste der Vereinigten Staaten war es kurz vor Mittag, und er hatte sie aus der Küche weggeholt. Die letzten Male, wenn er sie angerufen hatte, war sie lediglich verwirrt gewesen über das, was passierte, und aufgeregt, weil ihr Sohn in allen Zeitungen stand, nun aber war sie richtig unglücklich über all die Zwietracht, die »die Million«, wie sie hartnäckig sagte, in die Familie gebracht hatte.
    »Es ist keine Million, mamma«, erklärte John zum wiederholten Mal. »Es sind eine Million Millionen.«
    »Non mi piace, non mi piace«, jammerte sie. »Wer braucht so viel Geld, sag mir das? Ist es das wert, dass ein Bruder mit dem anderen streitet? Und jetzt will er Vera verlassen und diese Frau aus Philadelphia heiraten, nur für das Geld…«
    John spürte es kalt seinen Rücken hinabrieseln. Wer erbt eigentlich, wenn ein Kind stirbt? Dessen Eltern, oder? Es war ein hässlicher, grauenerregender Gedanke, der aus dem Nichts zu kommen schien und sich nicht mehr vertreiben lassen wollte.
    »Aber du wolltest doch immer ein Enkelkind«, sagte er mühsam. Der Corriere della Sera lag vor ihm auf dem Tisch, und das Gesicht des dreijährigen Andrew Peterson blickte großäugig von der Titelseite.
    »Mira war mir auch wie ein Enkelkind, und nun soll ich sie verlieren? Ach, es ist alles ein Unglück. Nichts als Unglück hat es gebracht, dieses Geld.« So wehklagte sie weiter, bis ihr einfiel, dass sie Nudelwasser aufsetzen musste. John musste ihr versprechen, wieder anzurufen oder, besser noch, bald zurück nach Hause zu kommen, dann legte sie auf.
    Zurück nach Hause, ja. Vielleicht fand er sich besser damit ab. Im Grunde hatte er sich doch von vornherein fehl am Platz gefühlt. Von Anfang an war er der Überzeugung gewesen, dass die Vacchis sich geirrt haben mussten in ihm. Okay, der ganze Luxus war angenehm, keine Frage, und man gewöhnte sich rasch daran, aber im Grunde konnte er doch mit Geld nicht umgehen. Mit wenig Geld nicht, und mit viel Geld erst recht nicht. Wenn es darum ging, der Menschheit ihre verlorene Zukunft wiederzugeben, war er entschieden der Falsche. Er hatte mit seiner eigenen Zukunft schon genug zu tun gehabt, auch ohne das alles hier.
    Er nahm die Zeitung hoch, betrachtete das Bild des

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