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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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unterbrochenen Rede fort, während ich mich auf dem Sofa neben Sandra niederließ, «der Schmerz setzt ganz unvermittelt unterhalb des hinteren Kragenknopfes ein.»
    «Du meinst wohl den vorderen», knurrte Sir Lancelot.
    «Ich entsinne mich äußerst lebhaft des ersten plötzlichen Anfalls», sprach der Bischof weiter, als mir das Mädchen ein Glas Sherry reichte. «Ich hatte mich gerade erhoben, um eine Ansprache anläßlich der Eröffnung des Assisengerichtes zu halten.»
    «Die Pferdeschau, Charles», murmelte seine Gattin.
    «Des Assisengerichtes, meine Liebe», erwiderte der Bischof mit Festigkeit. «Ich versichere euch, der Schmerz war überaus heftig. Natürlich fragt man sich da, ob er nicht am Ende einen ernstlichen inneren Schaden anzeigt -»
    «Oh, leicht möglich, durchaus möglich», stimmte Sir Lancelot zu.
    «Du wirst dich zweifellos erinnern, Lancelot, daß ich dir von einem ganz ähnlichen Anfall vor zwei Jahren am Strand berichtete.»
    Ich brauchte nicht lange, um zu erkennen, daß der Bischof, wie so viele Burschen, die ihre Jugend damit verbringen, sich über
    Fußballplätze zu schnellen oder sich Flüsse stromaufwärts entlangzuarbeiten, ein schauerlicher Hypochonder war. Außerdem gehörte er zu jenen Leuten, die sich fortwährend ärztlichen Rat erschnorren, selbst wenn der heutzutage gratis beigestellt wird wie die Schulmilch. Ich wußte, daß diese Unsitte Sir Lancelot zum Kochen brachte, und des öfteren verbreitete er sich im St. Swithin über «niederträchtigen ärztlichen Ladendiebstahl.»
    «Mein bedauernswertes Weib», fuhr der Bischof geläufig fort, «leidet an starken Verdauungsbeschwerden. Der Schmerz - ein Schmerz brennender Art - stellt sich unmittelbar vor den Mahlzeiten ein.»
    «Nach den Mahlzeiten, Charles.»
    «Vor den Mahlzeiten, meine Liebe, ich dächte, darüber wären wir uns einig. Dieser Schmerz, möchte ich hinzufügen, sitzt genau unterhalb der Rippen und wird von beträchtlichen Blähungen begleitet.»
    «Mein Gott! Drei Wochen!» hörte ich Sir Lancelot murmeln.
    Wir alle hörten höflich zu, wie uns der Bischof ein sauberes klinisches Bild von hysterischer Dyspepsie entwarf; er endete mit den Worten: «Und was rätst du uns nun, lieber Lancelot?»
    «Frag einen Arzt», erwiderte der Chirurg.
    «Lancelot!» zischte Lady Spratt.
    Doch bevor dies noch verarbeitet werden konnte, öffnete das Mädchen abermals die Tür und kündigte an: «Dr. Angus McFiggie.»
    «Mein lieber Junge!» Sir Lancelot sprang auf die Füße. «Bin entzückt, daß Sie sich doch freimachen konnten. Gestatten Sie, daß ich Sie allgemein vorstelle. Dies ist Dr. McFiggie - der Dr. McFiggie.»
    Ich konnte feststellen, daß die Gäste recht beeindruckt waren. Schließlich sahen sie unseren Pathologen ständig in den Sonntagsblättern auf der Szene der aktuellsten Verbrechen, und schon die Schlagzeile McFIGGIES BEFUND IM MORDPROZESS X genügte, die Abendzeitungen so reißend abzusetzen wie die Ausgaben mit den Derby-Resultaten. Im St. Swithin fanden seine Vorlesungen selbstverständlich stets in überfüllten Sälen statt, vor allem die über Notzucht, erläutert durch Diapositive.
    «Und nun werden wir uns sicher alle mit größtem Interesse Dr. McFiggies Ansichten über den Bayswater-Fall anhören», fuhr Sir Lancelot mit einem Seitenblick auf den Bischof stolz fort und placierte seinen Gast im besten Fauteuil.
    «Ehern, gewiß», sagte der Bischof unklar.
    «Ich für meine Person bin ja überzeugt, daß der Gatte der Täter war. Nun, McFiggie?»
    Aber McFiggie grunzte nur und sog durch seinen fahlen Schnurrbart Sherry ein wie ein Luffaschwamm Badewasser. Obgleich der Bursche die garstigsten Bemerkungen mit Gerichtsanwälten austauschen und vom Zeugenstand aus sogar den Richtern Ihrer Majestät ein Comeback bescheren konnte, erwies es sich nach mehreren Eröffnungen von seiten Sir Lancelots, daß McFiggie gesellschaftlich der reinste Versager war. Er saß bloß da, starrte auf seine Füße und zuckte so sehr mit den Brauen, daß sie in Gefahr gerieten, sich dauernd ineinander zu verfilzen. Er würde sich vermutlich nur dann im Salon wohlgefühlt haben, wenn wir alle tot gewesen wären.
    «Es wird innerhalb unseres Standes freimütig zugegeben, daß viele Arzte ihre Frauen ermorden», fuhr Sir Lancelot in heiterem Plauderton fort. «Und daß es noch mehr tun sollten.»
    «Zum Beispiel dieser Dr. Crippen, Sir», erwähnte ich, um die Konversation ein bißchen in Fluß zu bringen. «Er verscharrte

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