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Eine Braut für alle

Eine Braut für alle

Titel: Eine Braut für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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mußten ins Kinderzimmer, um Bären zu spielen.

3

    Am nächsten Nachmittag lenkte ich meinen Bentley, Modell 1930, durch die verödeten Straßen Londons, während sich die übrige Bevölkerung von ihrem alljährlichen vierundzwanzigstündigen Versuch erholte, Massenselbstmord durch Überfressen zu begehen.
    Ich hatte den Vormittag des zweiten Weihnachtsfeiertags in der Park Lane verbracht, um meine erste Magenverstimmung zu behandeln; die Praxis war ziemlich flau, da die meisten von Razzys Patienten entweder Schweizer Berghänge hinabkullerten oder in Unterwasserausrüstung in den Gewässern um Jamaica herumzappelten und so taten, als seien sie Fische. Ich hatte massenhaft Zeit, an Ophelia zu denken, und mir wurde recht kläglich zumute - denn im Grunde genommen ist wahre Liebesleidenschaft weit davon entfernt, in Jubelrufe auszubrechen. In ihrer virulenten Form führt sie, ähnlich der Grippe, ein Gefühl der Zerschlagenheit herbei. Noch dazu war Ophelia für eine ganze Woche zu ihren lieben Alten weit draußen am Land entschwunden, und nichts hatte sie mir hinterlassen als eine Fotografie in den Wartezimmer-Magazinen, auf der sie die neuesten Kreationen vorführte - aus unerfindlichen Gründen stets mitten im dichtesten Verkehr des Picadilly oder umringt von Unmengen leerer Milchkannen und Straßenkehrer. Und Basil? überlegte ich verdrießlich, während ich um den Marble Arch fuhr. Basil heftete sich wohl eben seinen gegabelten Schwanz und seinen Bart an und machte sich bereit, durch die Versenkung ans Licht der Blackporter Öffentlichkeit zu schießen.
    Sir Lancelot lebte nicht ohne einen gewissen Stil. Ein hübsches italienisches Mädchen in rüschenbesetzter Schürze nahm mir meinen Mantel ab, und er selbst empfing mich, um mich in sein Arbeitszimmer hinaufzugeleiten. Das Haus stand in der Harley Street, wiewohl man heutzutage kaum mehr erwartet, in der Harley Street die Heimstätten von Spezialisten vorzufinden, ebensowenig wie in der City die von Bankiers. Ja, man kann sogar aus den Messingtäfelchen, die wie Kletterrosen rund um den Türrahmen wuchern, schließen, daß all diese eindrucksvollen, eleganten Ordinationsräume und all diese eindrucksvollen, eleganten Empfangsdamen von mehreren Koryphäen geteilt werden. Doch Sir Lancelot behauptete immer wieder, daß kein Chirurg gleichzeitig Gentleman sein und in Wimbledon leben könne; freilich erwähnte er weitaus seltener, daß er vor Jahren den hinter dem Haus gelegenen Stall- und Personalbau aufgekauft hatte und sich eine dicke Stange Geld damit machte, indem er ihn als Garage weitervermietete.
    Sein Arbeitszimmer war mit Möbeln jenes Stils eingerichtet, den die Lehrer der Viktorianischen Zeit bevorzugt hatten; den lederüberzogenen Schreibtisch bedeckten Stapel vergilbten Papiers und ausgeblaßter Fotografien, die meiner Meinung nach einzig und allein für die Abfallverwertung von Interesse waren.
    «Entschuldigen Sie, wenn ich Sie verlasse», sagte Sir Lancelot, «aber ich muß drunten eine wichtige Rede für das Königliche Chirurgenkollegium vorbereiten. Sie werden in meinem Schrank das eine oder das andere Skelett entdecken, doch ich kann Ihnen versichern, daß die Schränke vieler meiner Kollegen im St. Swithin osteologischen Museen gleichen.»
    Ich war in meiner Arbeit nicht weitergekommen, als mir den
    Kopf darüber zu zerbrechen, ob der pustelige Junge, der auf dem Bild der ländlichen Fußballmannschaft den Ball umklammert hielt, Sir Lancelot sei, als Lady Spratt erschien.
    «Lieber Gaston! Sie sind uns so sehr beim diesjährigen Scheibenschießen abgegangen!»
    «O hallo», begrüßte ich sie, «mir ist es auch abgegangen. Noch dazu, wo ich mein Auge bereits auf diese kleinen Porzellanhunde geworfen hatte, die ich als Preis einheimsen wollte.»
    «Ich habe Ihnen ein Täßchen Tee gebracht», meldete sie. «Sie haben es bestimmt nötig, nach all der schweren Arbeit.»
    Im St. Swithin hätte sich jeder Mensch Sir Lancelots Gattin als eine Art Boadicea vorgestellt, aber Lady Spratt war ein federleichtes kleines Geschöpf, so flaumig wie die Mitte eines Soufflés. Im Lauf der Jahre hatten wir uns, beim Arrangieren der winterlichen Theatervorstellungen oder des Sommerfestes im St. Swithin, angefreundet, und das hatte sich als recht nutzbringend erwiesen, um Feuer, Pech und Schwefel zu löschen, die Sir Lancelot eimerweise für pflichtvergessene Studenten bereithielt.
    «Ich bin so froh, daß Sie es übernommen haben, Lancelots Leben zu

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