Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Titel: Eine Braut zu viel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
einer vorab einstudierten Ansprache darüber überreichen, dass sie bloß nicht vergessen dürfen, mich mit Mrs.   Trevelyan anzusprechen, wenn wir uns im Herbst wiedersehen.
    Am liebsten würde ich sterben.
    Sie bestehen darauf, dass ich ihr Geschenk sofort aufmache. Sie wollen mein Gesicht sehen und meine Freude teilen. Leider spiegelt mein Gesicht just in diesem Moment ein ganz anderes Gefühl wider. Ich glaube, das Wort Entsetzen wäre hier angebrachter. Gerade setze ich zu einer Erklärung an, als Mrs.   Monkton, die Direktorin, die die ganze Szene verfolgt hat, warnend den Kopf schüttelt, sodass ich nur unter Tränen »Danke« murmele.
    Sie sehen meinen belämmerten Gesichtsausdruck und denken netterweise, ich sei von ihrer Freundlichkeit gerührt und überwältigt. Glücklich und zufrieden mit sich und der Tatsache, dass nun endlich Sommerferien sind, brechen sie unter lautem Geschnatter und zahlreichen Glückwünschen auf. Sie rufen mir lachend Bemerkungen über Flitterwochen und die drei S zu, die man dafür unbedingt braucht.
    Soeben Single, sorry.
    Mrs.   Monkton und ich bleiben allein im Klassenzimmer zurück.
    Sie ist eine strenge Vorgesetzte, mit stahlgrauen Haaren, entsprechenden Augen und entsprechender Persönlichkeit, doch gleichzeitig freundlich und klug. Sie legt ihre runzlige Hand auf meinen Arm, ein eindeutiger Beweis der Zuneigung.
    »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für Erklärungen, Felicity«, sagt sie ruhig. »Jetzt sind Ferien, also entspannen Sie sich und genießen Sie den Sommer. Vielleicht fahren Sie ja eine Weile weg. Im Herbst sieht dann alles ganz anders aus. Dann beginnt ein neues Schuljahr – weg mit dem alten, her mit dem neuen.« Sie lächelt mir aufmunternd zu.
    Draußen auf dem Parkplatz, der an das Hockeyfeld grenzt, auf dem einige entschlossene und disziplinierte Schüler noch immer trainieren, schickt die Sonne zaghaft einige warme Strahlen durch die aufreißende Wolkendecke.
    Ich lade den Karton mit Unterlagen und Büchern, die ich für die Vorbereitung aufs nächste Schuljahr brauche, in den Kofferraum. Als ich einsteige und das Steuer umklammere, um das Zittern meiner Hände zu unterdrücken, trifft ein Sonnenstrahl auf die Steine, die in den Platinring an meinem Ringfinger eingelassen sind. Da wird mir klar, dass ich immer noch meinen Verlobungsring trage.
    The Beeches in der Clayton Avenue ist ein altes, gedrungenes Haus, das aus der Regierungszeit der alten und ähnlich gedrungenen Königin Victoria stammt. Hier wurde ich vor achtundzwanzig Jahren geboren – eine schmerzhafte Geburt, die sich laut meiner Mutter ganze drei Tage hinzog. Für diesen Schmerz hat sie mich seitdem dreifach büßen lassen. Wir sind noch nie miteinander ausgekommen, und nachdem ich Richard so gedanken- und herzlos zurückgewiesen habe, hat sich ihre alles andere als stille Unzufriedenheit darüber, wie ich mein Leben bisher gestaltet habe und wie ich gegen alles rebelliere, was ihr wichtig ist, in rachsüchtigen Hass verwandelt. Ich habe das ganze Wochenende gebraucht, um den Mut aufzubringen, vorbeizufahren. Eigentlich hätte ich schon vor einer Stunde zu Caroline aufbrechen sollen, doch ich habe noch nicht einmal fertig gepackt. Ich weiß, wenn ich es jetzt nicht hinter mich bringe, dann verliere ich die Nerven und schaffe es nie mehr.
    Schüchtern klopfe ich an das verzogene und abblätternde Holz der Eingangstür. Glücklicherweise verbringt Sally-Anne ihren freien Tag wie erhofft als Muttersitterin. Ich sehe, wie sie die schweren Spitzenvorhänge hochhebt, als sie aus dem Fenster blickt, und dann eilig verschwindet, um mich hereinzulassen.
    »Ist sie da?« Zu allem Überfluss flüstere ich.
    Um diese Tageszeit ist meine Mutter immer da. Sie hat nie gearbeitet, dafür aber ihren tadellos organisierten Haushalt mit der Effizienz eines Offiziers geführt. Mein Vater, der seine Karriere bei der königlichen Luftwaffe begonnen und dann als Ingenieur gearbeitet hat, ist vor zwei Jahren frühpensioniert worden. Sie pflegen kaum gesellschaftlichen Umgang. Also, zumindest nicht gemeinsam. Dad ist selten im Haus. Er hat immer noch seinen Garten und das Angeln und hier und da ein Golfwochenende. Und Roger scheint in den Genuss einer Menge außergewöhnlich langer Spaziergänge zu kommen. Mutter ist bei den örtlichen Landfrauen, wo sie die effizienteste Sekretärin abgibt, die Oxfordshire je erlebt hat.
    Sally legt einen Finger an die Lippen und deutet nach oben. Seit vergangenem

Weitere Kostenlose Bücher