Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
reicht, erscheint auf seinem wettergegerbten alten Gesicht.
»Macht dann vier zwanzig, bitte schön«, kichert er. »In bar, wenn’s recht ist. Für ’ne andere Art Bezahlung bin ich ein bisschen zu alt.«
Am Montag darauf beginnt die letzte Schulwoche vor den Sommerferien, die sich endlos hinzieht. Obwohl Donnerstag der letzte Schultag ist, kommt es mir vor, als wären es vier Jahre und nicht nur vier Tage. Die Neuigkeit verbreitet sich blitzschnell im Lehrerzimmer, doch glücklicher- und unerwarteterweise nicht unter den Schülerinnen. Meine engsten Kollegen sind nicht besonders überrascht, dass Richard und ich uns getrennt haben. Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Manche halten mich für völlig verrückt, andere für höchst vernünftig, doch alle sind unabhängig von ihrer Meinung dankenswert diskret.
Meine zwei engsten Freundinnen neben Caroline, die Richard nie gemocht und daraus auch nie ein Hehl gemacht hat, sind einer Meinung.
Wiggy (Wilhelmina – dafür hasst sie ihre Eltern), die Wandersfrau, eine unverbesserliche Rucksacktouristin, schickt mir eine Glückwunschkarte aus Australien, die beim Öffnen immer und immer wieder »I believe in Miracles« dudelt. »Bin ja so froh, dass du es endlich kapiert hast«, hat sie in ihrer großzügigen Handschrift darunter gekritzelt.
Die sensible Sasha hinterlässt mir eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter.
»Fliss, hier ist Sash. Es geht das Gerücht, du hättest endlich Vernunft angenommen und diesen Fiesling in die Wüste geschickt. Ruf mich an. Ich will wissen, ob es stimmt. Schließlich will ich keine teure Flasche Schampus verschwenden, um etwas zu feiern, was vielleicht gar nicht wahr ist. Falls es stimmt, umso besser. Und ruf bloß an, altes Haus, damit ich dir noch ein bisschen gut zureden kann, nur für den Fall, dass du es dir doch noch anders überlegst.«
Ich wusste ja, dass Wiggy nie sonderlich angetan war von meinem Exverlobten, aber ich hatte geglaubt, Sasha könne Richard leiden. Aus diesem Grund hatte ich auch noch nicht angerufen, um ihr die Neuigkeit von unserer Trennung zu berichten.
Hätte ich geahnt, dass er bei ihr ebenfalls nicht hoch im Kurs stand, wäre ich vielleicht so kühn gewesen, etwas früher mit ihm zu brechen. Es ist großartig zu wissen, dass es jetzt einen Menschen weniger gibt, der mich für mein Handeln hasst. Ist es nicht traurig, wie viele Einschränkungen man sich auferlegt, nur weil man den Zorn anderer fürchtet?
Wenn ich genauer darüber nachdenke, gibt es eigentlich nur noch zwei Menschen, die gegen mich sind: Richard, der bezeichnenderweise überall herumposaunt hat, er habe mich verlassen und nicht umgekehrt, und meine Mutter.
Während ich alles daran gesetzt habe, Richard aus meinem Kopf zu verbannen, indem ich mir sage, mein Leben sei jetzt eine Richard-freie Zone, hat es sich doch als recht schwierig herausgestellt, die Tatsache zu ignorieren, dass meine eigene Mutter sich noch immer weigert, mit mir zu sprechen.
Ich habe versucht, mich versöhnlich zu zeigen, doch das ist schwierig, wenn derjenige, mit dem man sich versöhnen will, sich weigert, einen wahrzunehmen. Meine Mutter ist der Papst, und ich wurde aus der Kirche ausgeschlossen.
Doch dies hat, wie Heinrich VIII . bereits betonte, durchaus Vorteile: totale Ungebundenheit in seinem Fall und totale Freiheit zu tun, was immer ich will, ohne Vergeltung oder offene Missbilligung befürchten zu müssen, in meinem.
Dennoch bin ich realistisch genug, um zu erkennen, dass dieser Zustand keinesfalls ideal ist. Deshalb wollte ich wiederholt vorsichtig einen Ölzweig überreichen, der jedes Mal prompt von der Schärfe ihrer Ablehnung zu einem Bogen zurechtgestutzt und auf mich abgefeuert wurde.
Doch allein die Tatsache, dass niemand behaupten kann, ich hätte es nicht versucht, trägt erheblich dazu bei, mein Gewissen in dieser Hinsicht zu erleichtern. Darum war es mir auch möglich, mich halbwegs auf die letzte Unterrichtswoche zu konzentrieren.
Am letzten Schultag gratuliere ich mir dazu, dass alles relativ glatt gelaufen ist, obwohl mir durchaus klar ist, dass es auch eine ziemlich üble Woche hätte werden können. Doch als ich versuche, mich aus dem Klassenraum zu stehlen und mit einem Karton voller Unterlagen auf den Parkplatz zu entkommen, werde ich dummerweise von einer Gesandtschaft lächelnder Fünfzehnjähriger umringt. Meine Mädchen haben mir ein Hochzeitsgeschenk gekauft, das sie sorgfältig eingepackt haben und mir jetzt mit
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