Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)
nach.
»Was hat Richard gesagt?«, frage ich Sally.
»Nichts«, flüstert diese und schüttelt den Kopf. »Sie ist durcheinander, das ist alles.«
»Sally!«
Sie packt meinen Arm und versucht, mich aus dem Zimmer zu ziehen.
»Ignorier sie einfach, Fliss, du weißt doch, wie sie ist. Es ist besser, sie allein zu lassen.«
»Ja, lass nur gut sein, Fliss«, ruft Mutter mir spöttisch hinterher. »Lauf nur weg. Lauf weg, wie du es immer tust.«
Ich schüttele Sally ab und sehe Mutter an.
»Ich laufe überhaupt nicht weg! Ich versuche, das Richtige für mich zu tun, verstehst du das denn nicht?«, flehe ich und suche nach einem Hauch Mitleid oder Verständnis auf ihrem Gesicht. Es ist kalt, hart und verschlossen wie der Deckel einer Tiefkühltruhe.
»Willst du denn nicht, dass ich glücklich bin?«, beharre ich, doch sie antwortet nicht. Das muss sie auch gar nicht; ich kenne die Antwort bereits. Glück ist keine unabdingbare Voraussetzung für ein zufriedenstellendes Leben. Ob Pflicht, gesellschaftliche Stellung oder finanzielle Sicherheit, sie alle sind einem guten Leben weit förderlicher als Glück.
»Du bist meine Mutter, du müsstest zu mir halten. Wäre es dir lieber, ich würde den größten Fehler meines Lebens begehen, Richard heiraten, mich zweifelsohne wieder von Richard scheiden lassen und als einsame, verbitterte alte Hexe enden wie du?«
Mit funkelnden Augen kommt sie auf mich zu. Sie holt Schwung und schleudert den Brandy in meine Richtung. Ich spüre einen stechenden Schmerz, als er mir in die Augen spritzt und mir übers Gesicht läuft, um sich mit dem stetigen Strom aus Salzwasser zu mischen, der bereits an mir herunterfließt.
Kapitel 3
Gegen Abend erreiche ich endlich Angels Court. Das verwitterte alte Bauernhaus wirkt vertraut und beruhigend. Langsam versinkt der große gelbe Sonnenball hinter dem gezackten Dachfirst und wirft schräge Strahlen gegen meine Windschutzscheibe, die mich einen Moment lang blenden.
Meine Gefühle fahren mit der sprichwörtlichen Achterbahn. Die Auseinandersetzung von vorhin hat mich umgehauen. Mein Leben hat eine ganz neue Richtung genommen. Das wollte ich ja auch. Warum nur fühle ich mich dann so leer?
Caroline hält am Wohnzimmerfenster nach mir Ausschau. Zweifelsohne hat sie befürchtet, ich könnte es nicht bis hierher schaffen. Seit meinem unzusammenhängenden Anruf, dass ich jetzt auf dem Weg sei, ist sie völlig außer sich. Statt der üblichen Stunde habe ich zwei Stunden bis hierher gebraucht. Ich war so unkonzentriert, dass ich ständig Abzweigungen verpasst habe und mehrmals umkehren musste. Zum Ausgleich bin ich regelrecht gerast und habe das Leben eines jeden Hasen, der es wagte, mir über den Weg zu hoppeln, ernsthaft in Gefahr gebracht.
»Wo hast du nur gesteckt, Fliss?« Caro kommt aus der Tür gestürzt. Zuerst schimpft sie, dann umarmt sie mich. Ihre Zuneigung und der warme Hauch nach Chanel und sauberem blondem Haar umfangen mich.
»Meine Güte, du siehst völlig fertig aus! Sieh dich nur mal an.«
Sie hält mich auf Armeslänge von sich.
»Du klebst ja!«
Sie schnüffelt an meinem Haar und meiner Kleidung.
»Und du riechst wie eine ganze Brauerei. Du hast doch nicht etwa getrunken? Du weißt doch, keinen Alkohol am Steuer, Fliss.«
Ich schüttele den Kopf.
»Natürlich nicht. Ich bin vielleicht blöd, aber so blöd auch wieder nicht. Ich habe den Fehler begangen, vor der Fahrt bei Mutter vorbeizuschauen. Sie wollte sich mit einem Brandy stärken, fand dann aber, es sei viel wirkungsvoller, ihn mir ins Gesicht zu kippen statt sich in den Rachen.«
»Diese Hexe!« Caro reißt die Augen auf und presst ihre zarten rosa Lippen empört zu einer schmalen Linie zusammen.
Mich in ihrem Mitleid aalend, schniefe ich jämmerlich.
»Für jemanden, der nicht mit mir redet, hatte sie eine ganze Menge zu sagen.«
»Wie das?« Auf Caros hübschen Zügen zeichnet sich teilnahmsvoller Ärger ab.
»Ach, was weiß ich. Richard hat mich überall in den Dreck gezogen, sich eingeschleimt und neue Anhänger für die Richard-Trevelyan-Partei angeworben. Sie hat raushängen lassen, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen wäre, bis er mich fallen lässt, wenn ich nicht vorher ihn hätte sitzen lassen. Daraufhin hat sie mir ein volles Glas Rémy Martin ins Gesicht geschüttet und ist aus dem Zimmer marschiert.«
Empört schüttelt Caroline den Kopf und hakt sich bei mir unter.
»Jetzt bist du ja unter Freunden. Hier wandert der Alkohol garantiert
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