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Eine Ehe in Briefen

Eine Ehe in Briefen

Titel: Eine Ehe in Briefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofja Tolstaja , Lew Tolstoj
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daß ich alles außer der Kreutzersonate zum Nachdruck freigebe.
    Ich bin bereit zu erklären, daß mir bekannt sei, daß die K[reutzer]s[onate] von der Zensur nicht freigegeben werde; jedoch kann ich nicht schreiben, daß ich sie nachzudrucken nicht gestatte, denn dies entspräche nicht meinem Willen. Ich meine, wir sollten auf diesen Brief einfach nicht antworten.
    [Sofja Andrejewna Tolstaja an Lew Nikolajewitsch Tolstoj]
    [25. Oktober 1891]
    [Moskau]
    Nun reist also auch Ljowa ab 14 ; der Schneesturm und die schreckliche Kälte heute sowie die ständigen Abreisen und das Leben getrennt von meinen Lieben ist, natürlich, sehr arg für mich, die ich hier zurückbleibe, gefesselt an mein Heim und ohne jegliche tätige Hilfe, allein mit der Sorge um Euch alle. Für die Hungernden ist die Qual eine körperliche, für uns Sündige dagegen ist es eine seelische und moralische, die noch schwerer zu ertragen ist. [...]
    Ich schicke Mascha meinen Pelz und auch für Dich, Ljowotschka, habe ich preisgünstig einen erstanden. Ohne einen Pelz kann man sich im Winter nicht auf weite Wege begeben. Des weiteren schicke ich Euch 500 Rubel [...] und werde überlegen, was ich fernerhin unternehmen kann. – Deinen Artikel, lieber Ljowotschka, konnte ich leider noch nicht lesen. Grot 15 kam heute mit ihm vorbei, doch ich war nicht hier, und deshalb habe ich den Text bis jetzt nicht zu Gesicht bekommen. [...] Seid bedankt, daß Ihr so zahlreiche Briefe schreibt, bisher habe ich drei erhalten. Meine Gesundheit ist besser; in den letzten zwei Nächten hatte ich kein Fieber mehr und habe auch nicht mehr geschwitzt. Doch die Schwermut, die mich so sehr besorgt macht, läßt mich nicht los. Sobald es Abend wird, scheint alles finster, immerfort möchte ich weinen, es ist, als ob ich seelisch überlaufen wolle, es aber nicht kann.
    Ich hoffe, daß Dein Schnupfen, lieber Ljowotschka, vorüber ist, sonst ist dies möglicherweise der Beginn einer Influenza. [...]
    Wanetschka [...] ist sehr fröhlich, Sascha und die beiden Söhne ebenso. [...] Lebt wohl, Ihr alle meine Lieben, vergesst mich nicht und schreibt mir, wenn sich die Möglichkeit ergibt, ausführlich, wie Ihr Euch dort eingerichtet habt. Ljowa ertrinktim Meer der Steppe von Samara, um ihn mache ich mir die meisten Sorgen, doch ihn zurückzuhalten war unmöglich.
    S.T.
    25. Oktober 1891.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [26. Oktober 1891]
    [Jasnaja Poljana]
    [Zusatz zu einem Brief Maria Tolstajas]
    Immer, wenn einem ein Brief gebracht wird und man aufgefordert wird: Schreib doch noch etwas darunter, weiß man gar nicht, was man schreiben soll. Vielen Dank für das Geld. Wir werden etwas damit anzufangen wissen. Mich quält im Moment immerfort folgende Frage: Gibt es in Rußland genügend Brot? Ich schreibe vielleicht darüber etwas für die Zeitungen; dies ist um so wichtiger, als der andere Artikel vermutlich von der Zensur nicht freigegeben werden wird – dies ist auch besser so. – Ich bin froh, daß Dein Fieber und die Schweißausbrüche vorüber sind. Nun wird sich vermutlich auch Dein seelischer Zustand bessern. [...] Du brauchst nicht bekümmert oder schwermütig zu sein. Die Kinder sind doch bei Dir: Wanetschka, der fleißige Andr[juscha], der guter Laune ist (Mischa wird sich bessern). Und auch wir werden ja bald schon wiederkommen. Ich küsse Dich zärtlich.
    [Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
    [2. November 1891]
    [Begitschewka 16 ]
    Bis jetzt haben wir von Dir, liebste Freundin, keine Briefe erhalten, und ich bin Deinetwegen beunruhigt. Ich hoffe, morgen möglichst gute Nachrichten von Dir zu bekommen. Die Arbeit hier ist sehr beglückend, wenn man diese Aufgabe, dieim Elend der Menschen begründet liegt, so nennen kann. Drei Garküchen sind bereits eröffnet und versorgen die Menschen. Es ist anrührend zu sehen, wie wenig vonnöten ist, um zu helfen und, vor allem, gute Gefühle zu erwecken. Heute war ich in zweien, während sich die Bedürftigen versammelten und aßen. Und ich habe festgestellt, daß man sich an den Anblick des Leidens gewöhnt, und selbst das, was man für große Entbehrung und Not hält, einen kaum mehr erschüttern kann, denn bald schon sieht man woanders noch Schlimmeres. Und die Leidenden sehen dies auch. Unsere Mädchen sind sehr rührig und hilfreich, und sie spüren dies. [...] Die Errichtung der Garküchen ist eine prachtvolle Aufgabe. Die einfachen Menschen nehmen sich dessen an, als ob es

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