Eine Ehe in Briefen
schlimmer geworden. [...] Morgen früh gehen die Knaben zu ihren Prüfungen und ich zu den Banken und erledige mit meinem Gehilfen die restlichen Angelegenheiten. Tanja wird mit mir nach Jasnaja kommen, ich hoffe, daß wir Samstagabend abreisen können. Ich küsse und grüße alle. Bleibt gesund und heiter und einander wohlgesinnt. Was macht Maschas Heiserkeit? Und Wanetschkas Magen? Was macht meine rechte Hand 4 ?
S.T.
[Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
[10. Mai 1891]
[Jasnaja Poljana]
Gestern wurde ein Telegramm für Dich gebracht, in dem es heißt: Die Kreutzersonate und das Nachwort sind zur Veröffentlichung zugelassen worden. Marjans, so scheint es. [...]
Hier bei uns sind alle wohlauf und guter Dinge – außer mir, obgleich heute der Husten, der Schnupfen und die Kopfschmerzen besser waren. Was befand Fljorow 5 ? [...] Soeben kam Wanetschka zurück, heiter, wohlauf, ganz zerstochen von den Mücken, er hat Farbe bekommen. [...] Am Sonntag werdenwir den Wagen nach Tula schicken, um Dich abholen zu lassen. Ich küsse alle.
L.T.
[Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
[11. Juli 1891]
[Jasnaja Poljana]
Gestern habe ich es nicht geschafft, Dir, liebste Freundin, zu schreiben, doch ich hoffe, daß die Mädchen Dir alles ausführlich berichteten. Wie ich annahm, hatten meine Schmerzen in der Seite absolut nichts mit dem Magen zu tun. Sie sind fast ganz vergangen, und ich gehe bereits den zweiten Tag baden, ohne Schaden zu nehmen. Wie gehen Deine Angelegenheiten voran? Ich habe in der letzten Zeit immerfort darüber nachgedacht, eine Erklärung über den Verzicht auf die Urheberrechte an meinen letzten Werken zu veröffentlichen, doch konnte ich zu keiner Lösung kommen. Ich glaube, es wäre gut, wenn Du in den Zeitungen folgendes unter Deinem Namen zur Anzeige brächtest (vielleicht als Brief an den Herausgeber):
Sehr geehrter Herr! In Ihrer hochgeachteten Zeitung bitte ich um Veröffentlichung nachfolgender Mitteilung:
Mein Gatte, L[ew] N[ikolajewitsch] Tolstoj verzichtet auf das Urheberecht an seinen zuletzt veröffentlichten Werken und befugt jedermann, diese ohne Zahlung von etwaigen Autorenhonoraren zu veröffentlichen. Dies betrifft folgende Werke: Wovon die Menschen leben. Lisch das Feuer, solange es glimmt. Die Kerze. Zwei Alte. Wo die Liebe ist, da ist auch Gott (aus dem Französischen). Texte zu Volksholzschnitten. Das Märchen von Iwan dem Narren. Wie der Teufel die Brotkante verdiente. Wieviel Erde braucht der Mensch? Der Täufling. Drei Weise. Macht der Finsternis. Was ist Glück? Über die Volkszählung in Moskau. Was sollen wir denn tun? Was ist Wahrheit in der Kunst? Die letzten Kapitel aus dem Buch VomLeben. Das Fest der Aufklärung am 12. Januar. Arbeitsliebe oder Der Triumph des Ackerbauers. Früchte der Aufklärung. Warum sich die Menschen betäuben. Die Kreutzersonate und das Nachwort dazu.
Mit dieser Bekanntmachung bitte ich alle, welche die Werke meines Mannes zu veröffentlichen gedenken, sich bei der Publikation an den Text der von mir herausgegebenen Werkausgabe zu halten.
Hochachtungsvoll
Gräfin Sofja Tolstaja
Ich glaube, daß dies eine gute Lösung wäre. Sollte Dir dies nicht zusagen, so schreibe die Bekanntmachung nicht unter Deinem Namen, sondern unter meinem. Dann folgendermaßen: Sehr geehrter Herr! Indem ich auf das Urheberrecht an meinen zuletzt veröffentlichten Werken verzichte, gestatte ich jedermann, diese zu veröffentlichen. [...]
Hochachtungsvoll usw.
L. Tolstoj.
Sollte Dir dies ebenfalls nicht zusagen, so lasse auch dies.
Ich selbst halte es auch nicht für absolut notwendig: Eine solche Bekanntmachung hat gute und schlechte Seiten. – Wanetschka geht es sehr gut, und er ist sehr lieb. Auch alle anderen sind wohlauf und artig. [...] Auf Wiedersehen, ich küsse Dich.
L.T.
[Lew Nikolajewitsch Tolstoj an Sofja Andrejewna Tolstaja]
[12. September 1891]
[Jasnaja Poljana]
Anbei der Text an die Redaktionen, einschließlich Iw[an] Il[jitschs 6 ]. Wie auch immer ich diese Angelegenheit betrachte, ohne Iw[an] Il[jitsch], d.h. mit dieser Ausnahme, verlöre die Erklärung jeglichen Sinn. Und die Erklärung nicht abzugeben, fiele mir außerordentlich schwer [...]. Ich bitte Dich, meinHerz, denke »mit Gott« nach (»mit Gott« meine ich jenes Nachdenken im Angesicht Gottes vor dem Tod) und tue das mit dem richtigen Gefühl, daß es Dir selbst Freude bringt, da Du damit einen Menschen, den Du liebst, aus einem schweren
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