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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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auf dem Eis, die Hände in den roten Fäustlingen vor der Brust gekreuzt. Als Arvi einen Knopf, der geöffnet wird, mit dem erhobenen Kopf einer angreifenden Schlange vergleicht, bildet sich kurz ein ungläubiges Lächeln auf Saidas Lippen. Aber sie wird sofort wieder ernst, als sie begreift, wie bitterernst es Arvi ist.
    Nachdem er alles erzählt hat, verstummt Arvi und hört auf die Stute zu streicheln. Er lässt die Arme und den Kopf hängen wie ein Kind, das einen bösen Streich gestanden hat. Er wagt es nicht, dem Blick der Frau zu begegnen, weil er Angst hat, in ihren grünen Augen Abscheu gegenüber seiner Verrücktheit zu sehen.
    Auch Saida steht regungslos da. Sie weiß nicht, was sie sagen soll. Sie schaut Arvi noch immer perplex an, versucht sein Bekenntnis innerlich in eine Ordnung zu bringen. Regina dreht den Kopf und stößt Arvi mit der Schnauze an, damit er sie weiter streichle. Die Hand des jungen Mannes hebt sich leicht, fällt aber wieder schlaff herab. Es sieht aus, als wäre alle Kraft aus seinem Körper gewichen.
    Saida tritt vor Arvi hin, nimmt seine Hand und drückt sie, so wie damals, als sie noch Kinder waren und sich gemeinsam vor verärgerten Erwachsenen hüten mussten. Der kalte Nordwind zerrt an den Kleidern und an Saidas langen Haaren, aber Arvi friert nicht mehr.
    Plötzlich macht er auf dem Absatz kehrt, greift nach dem Zaumzeug und schwingt sich auf die Stute. In Saidas Augen sieht das wie eine Zirkusnummer aus. Arvi klemmt die langen Zügel unter den Arm und drückt Regina die Waden in die Seiten. Schnee wirbelt auf, als er ohne Sattel, doch in vollem Galopp den Erlen am Ufer entgegenreitet.

Joel, 32
    Marktgemeinde Salo, November 1917
    Die russischen Matrosen und Soldaten sind in großen Scharen in Salo unterwegs. Sie stehen rauchend auf dem Bahnsteig, pfeifen von den Zugtüren aus den Frauen hinterher und stehen im Café um einen heißen Kaffee und Hefekuchen an. Selma Viitanen, die Sekretärin der Roten Garde in Salo, steht in ihrem zugeknöpften grauen Mantel an der Wand, die Hacken zusammengeschlagen wie ein Soldat, die Haare streng am Kopf entlanggebürstet. Einen plumpen Eindruck macht sie dennoch nicht. Wie auch, bei so einer Frau? Joel brennt nach ihr und möchte sie am liebsten auf der Stelle herannehmen.
    »Ist aus dem Streik jetzt eine Revolution geworden?«, fragt er angesichts der Russen. Er weiß nicht, ob er mit der Entwicklung der Lage zufrieden oder unzufrieden sein soll. Auf den Streik hatten sie gewartet, damit die gemeinsame Kraft der Arbeiterschaft sichtbar werde, damit das Ermächtigungsgesetz in Kraft tritt, aber die Schwärme russischer Soldaten überall wirken Unheil verkündend.
    »Der Streik hält auch die Züge auf, Genosse.«
    Joel nickt Selma zu, die ihn kaum wahrnimmt. Ihr geistern wohl die überaus wichtigen Aufgaben des Streikkomitees im Kopf herum. Die Schichten der Ordnungsgarde und die Zeitpläne der Streikposten müssen überprüft werden, und die Papiere für die 100 Mark, die als Leihgabe vom Ortsverein versprochen worden sind, müssen fertig gemacht werden. Und was sonst noch alles an wichtigen Dingen an diesem Tag erledigt werden muss.
    Joel ärgert sich, dass die Frau ihn ein ums andere Mal in Angelegenheiten der Roten Garde herumschickt, sich aber kein bisschen für seine männlichen Hoffnungen erwärmt.
    »Man kann hier nicht denken, und der Hunger beeinträchtigt allmählich schon die Sehkraft«, sagt er.
    Selma runzelt die Augenbrauen.
    »Genosse Tammisto ist doch der Zuständige für Lebensmittelangelegenheiten. Mir gegenüber braucht man also nicht über Hunger zu klagen.«
    Joel seufzt. Er hat nichts gegen die Bolschewiken, aber sie hätten trotz der Revolution dafür sorgen können, die Getreidelieferungen über die Grenze zu bringen, wo das Wohl der finnischen Gesinnungsbrüder nun einmal davon abhängt. Vor allem, da das Frühjahr so kalt war: Wie soll man eine Ernte beschlagnahmen, die es gar nicht gibt?
    Selma findet, der Fehler liege nicht bei den Bolschewiken, sondern in der von den Bürgern abgesegneten unredlichen Zollpolitik. Für die Bürger sei der Krieg ein hervorragendes Mittel, Kursgewinne einzustreichen. Ja, das billige russische Getreide sei in Friedenszeiten für die Arbeiter günstig, aber der Zwangskurs wegen des Krieges stelle die Lage auf den Kopf und beschere allen Verlusten, außer den Exportkapitalisten. Der Kapitalist bekomme außer dem Geld, das die russische Regierung bezahlt, noch den Kursgewinn dazu,

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