Eine eigene Frau
nicht denken, schon gar nicht in diesem düsteren Keller, wo er gerade auf eine zerquetschte Maus getreten ist.
Dann ist die Arbeit erledigt, und er tritt aus dem Keller ans Tageslicht. Dort erwartet ihn jedoch eine unangenehme Überraschung: Wo das Pferd stehen sollte, steht nur noch der leere Schlitten mit den Zugstangen. Der einzige Hinweis auf die Stute ist der dampfende Haufen, in dem Spatzen um die Wette picken, in der Hoffnung auf unverdaute Haferkörner. Verdattert starrt Arvi auf den Schlitten, von dem der kräftige Nordwind Strohhalme aufwirbelt und in Richtung Meer schleudert. Er dreht sich nach allen Seiten um und bemerkt, dass Herman Harjula und ein Junge das Pferd in vollem Geschirr rückwärts durch die offene Flügeltür in die Werkstatt führen.
Als er zur Stelle ist, spannen der Mann und der Junge – Viki Salin, wie es aussieht – das Pferd bereits vor einem unfassbaren Apparat ein. Es handelt sich um ein viereckiges Gestell auf Kufen, das drei Propeller und einen Motor hat. An der Vorderseite sind ganz gewöhnliche Zugstangen aus Birkenholz befestigt. Der Junge hakt flink die Zugriemen ein, während Herman die Zugstange hält, zuerst die eine, dann die andere.
»Tag.«
»Tag, Tag.«
»Also, Onkel, was soll das eigentlich werden …?«
Herman winkt ab.
»Stell keine dummen Fragen. Du kriegst deinen Gaul schon wieder zurück.«
»Ja, aber Saida wartet …«
»Dann soll sie eben warten!«
Bevor Arvi es verhindern kann, hat der Mann den Apparat erklommen und die Zügel gepackt. Der Junge sitzt neben ihm. Sogleich schnalzt Herman mit der Zunge, und das Pferd setzt sich mit seiner neuen Zuglast in Bewegung. Arvi bleibt nichts übrig, als dem Transport hinterherzurennen und aufzuspringen.
Hermann fährt zum Ufer. Er erklärt, sie seien auf dem Weg zur Halikko-Bucht, um Joel Tammistos fliegenden Käfig auszuprobieren.
»Hä?«
»Jetzt, da wir endlich ein Pferd haben.«
»Ohne Tammisto?«
»Pah. Wer hat ihm denn befohlen, von morgens bis abends wie ein Tagedieb für die Rote Garde durch die Gegend zu rennen? Auf so einen warte ich nicht.«
Herman zieht ein Blechfässchen aus seinem Schafspelz, nimmt einen Schluck, ächzt zufrieden und wischt sich den Bart ab.
Der Kerl ist sternhagelvoll, begreift Arvi.
Mit wehender Fuselfahne erklärt Herman begeistert die Konstruktion des komischen Apparats. Er erzählt, er habe auf Joels Bitte hin höchst eigenhändig jedes einzelne Lager gedreht. Wie der Malmberg-Bursche mit eigenen Augen sehen könne, gebe es an dem Käfig viele Teile, die sich drehten und geradezu nach Herman Harjulas Fachkenntnissen geschrien hätten. Selbstverständlich habe er auch sämtliche Teile montiert. Weshalb er den Apparat auch ausprobieren dürfe.
»Schon, aber das ist eigentlich nicht …«
»Mund zu! Du kannst dich verzupfen, wenn du kalte Füße kriegst.«
Unter den Kufen stiebt der Schnee auf, man spürt den Nordwind kalt am Rücken. Besorgt betrachtet Arvi den Apparat, der an das Gerüst eines kleinen Häuschens ohne Wände und Decke erinnert. Herman erklärt, dass die Propeller den Käfig zum Fliegen bringen. Welche wiederum über einen Riemen von einem Zwei-Zylinder-Viertaktmotor angetrieben würden.
Gerade für die Riemenräder habe man die Hilfe eines erfahrenen Drehers gebraucht. Und natürlich für die Installation der sich geschwind drehenden Achsen. Herman brüstet sich, auch die Propeller selbst aus Leimholzrohlingen gebaut zu haben. Es seien, wie Arvi unschwer feststellen könne, insgesamt drei Stück: Zwei heben den Apparat in die Luft und halten ihn dort, der dritte, der am Bürzel angebracht ist, schiebt das Fluggerät voran.
»Hmmm … Soll damit jetzt geflogen werden?«
»Na klar, verdammt noch mal! Wir sind hier schließlich nicht auf einer Spazierfahrt!«
»Gut, aber … wie?«
Herman funkelt Arvi missmutig unter seiner alten Fellmütze heraus an. Ein Unverständiger stellt mehr Fragen als zehn Weise beantworten können. Was mag wohl das bankähnliche Ding im vorderen Teil des Käfigs sein? Handelt es sich dabei nicht gar um den Sitz für den Mann am Steuer? Ein Beobachter mit normal ausgeprägtem Verstand könne das aus den neben dem Sitz angebrachten Steuervorrichtungen und dem Gashebel schließen, welcher den Motorbetrieb reguliere. Die Ganghebel wiederum ließen die Riemenräder in ihren Löchern einrasten, worauf sich die Antriebsriemen spannten und die Drehbewegung auf die Propellerachsen übertrügen. Die Achsen wiederum trieben die
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