Eine eigene Frau
hinzugeben, kommt ihm in den Sinn. Sein Glied ist nicht mehr annähernd so hart, wie es sein müsste. Selma stöhnt lautstark und zieht Joel erneut auf sich, aber dieser bringt sein Glied noch immer nicht zum Gehorchen. In seiner Not versucht er es als Arbeit zu betrachten. Was ist daran eigentlich so schwer? Ich werde diesen tüchtigen kleinen Kerl jetzt da reinschieben wie einen Baumstamm in die Sortierrinne, ich werde zupacken und hinlangen und sägen, dass die Funken sprühen und, verdammt noch mal, das Harz nur so läuft.
Doch gerade als er ihm wieder steht, löst sich Selma von ihm und sagt, sie wolle keinen Samenerguss in sich haben. Aber ob Joel wolle, dass sie ihm einen Gegendienst erweise?
»Nicht nötig.«
»Wirklich nicht?«
»Ist schon gut.«
Fast erleichtert rückt Joel von der Frau ab. Er tröstet sich mit der Vorstellung, beim nächsten Mal bestimmt nicht mehr so aufgeregt zu sein und sich nicht mehr so qualvolle Mühe geben zu müssen.
Selma zieht sich an und kocht Honigwasser. Als sie an dem mahagonifarbenen Tisch mit den katzenpfotenartigen Beinen sitzen und trinken, sieht Joel es als die Aufgabe eines ehrenvollen Mannes an, die Verlobung zur Sprache zu bringen.
Selma lächelt, als hätte Joel etwas besonders Komisches vorgeschlagen. Als sie die gekränkte Miene des Mannes sieht, stellt sie anmutig die Tasse ab und beginnt mit dezenter, ruhiger Stimme von der Freiheit und der Gleichberechtigung der Frau in der sozialistischen Idealgesellschaft zu erzählen, von der Vielschichtigkeit des Lebens und von der veralteten Institution der Ehe. Sie sagt, sie verlange vom Zusammenleben mit einem Mann vor allem bestimmte, zusammenpassende seelische Prinzipien, nicht zu vergessen natürlich die Notwendigkeit der körperlichen Berührung.
Joel hört ihr beschämt zu. War sein Antrag so indiskutabel?
Er versucht die Antwort an den Augen der Frau abzulesen, die jetzt sanft sind wie bei einer Taube. Selmas Sozialismus mag natürlich durchaus solche absoluten Prinzipien über die Erneuerung des weiblichen Lebens enthalten, allerdings kommt Joel auch die Möglichkeit in den Sinn, dass die ganze schäumende Ideologie für Selma doch nur nur eine Art Theater ist, der Wunsch, eine Rolle in einem großen, spannenden Schauspiel zu erhalten.
Alles, was er in ihrer Wohnung gesehen hat, beweist, dass die Frau überhaupt nicht weiß, was Elend bedeutet. Sie ist intelligent, hat die Schule besucht, ist die Tochter einer gewiss wohlhabenden Familie, kennt ein ganzes Wörterbuch voll Fremdwörter. Diese Frau kann das sozialistische Programm der Parteiversammlung von Forssa auswendig und kennt die Position der jeweiligen Parteiführung. Spielend hält sie Menschewiki und Bolschewiki auseinander, weiß, wie man eine Browning lädt, und wäre bestimmt fähig, ohne die Miene zu verziehen, einen zum Feind erklärten Mann zu erschießen. Aber vielleicht hat sie trotzdem nicht die blasseste Ahnung davon, warum der Sozialismus für die Arbeiterklasse eine Frage von Leben und Tod ist.
Doch was spielt das letzten Endes für eine Rolle? Auch Joel ist nicht allzu sehr aufs Heiraten aus, will aber trotzdem inständig diese Frau behalten. Er scheint nur zu unbedeutend für sie zu sein, ungebildet und provinzlerisch.
Es ist also an der Zeit, schwerere Geschütze aufzufahren. Selma soll endlich erfahren, mit welchem Mann sie sich aufs Spielen eingelassen hat.
Und so vertraut Joel ihr an, wie er im Begriff ist, in der finnischen Luftfahrt Geschichte zu schreiben. Es hat letztlich nur an einigen menschlichen Irrtümern gehangen, dass es ihm noch nicht vor wenigen Jahren zusammen mit einem bedeutenden Pionier der Branche gelungen ist.
Er schildert, wie er sich mit Direktor Adolf Aarno, dem Besitzer des Steinmetzbetriebs, anfreundete. In seinen Briefen redet er ihn brüderlich mit Kalle an, so wie es auch dessen andere enge Freunde tun.
Möglicherweise hat Genossin Viitanen sogar schon von dem Mann gehört?
Leider nicht.
Aha. Na, dann nicht. Joel fragt deshalb, weil der Mann auch als Bildhauer bekannt ist. Unter anderem stammt die Büste von Eugen Schauman im Nationalmuseum von ihm. In Bronze gegossen befindet sie sich auch im Festsaal der Nyländischen Landsmannschaft in Helsinki, freilich etwas variiert, weil Schaumans Angehörige einige fremde Züge entfernt haben wollten. Und in den Sockel wollte man die Inschrift Se pro patria dedit eingraviert haben.
»Ah ja.«
»Er hat sich für das Vaterland geopfert.«
»Ich weiß,
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