Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
Vom Netzwerk:
Propeller an, und diese brächten den Käfig durch ihre Quirlbewegung in die Luft. Aber einem, der immer nur mit Haferfressern gefahren sei, käme das wohl alles spanisch vor?
    Herman hält das Pferd an und steigt ab. Er löst das Tier von den Zugstangen und die Zugstangen von dem Käfig. Arvi greift nach dem Zaumzeug der erschrockenen Stute Regina.
    »Schon gut, schon gut …!«
    Herman öffnet die Knöpfe seiner Jacke, die so groß wie Teetassen sind. Er will erneut das Fässchen hervorkramen. Arvi wendet den Blick von den Knöpfen ab und von den knotigen Fingern, die nach ihnen tasten. Er spürt bereits den Strudel in seinen Eingeweiden. Ihm dröhnt der Kopf. Er schiebt die Hände in die Taschen und ballt fest die Fäuste.
    Jetzt steck die Scheißbuddel wieder ein, und mach die Knöpfe zu!
    Mit wedelnden Armen setzt Herman seine Erläuterungen fort. Auch ein Pferdebursche werde wohl begreifen, dass der Platz des Lenkers vorne angebracht sei, weil sich der Motor hinten befinde. Das Gewicht des Lenkers müsse das Gewicht der Maschine ausgleichen, damit der Käfig in der Balance bleibe. Der Flieger müsse genauso viel wiegen wie der Motor.
    »Also ziemlich wenig.«
    Arvi schaut auf den dünnen Viki und beginnt zu ahnen, warum er mitgenommen worden ist.
    »Also ich glaub eigentlich nicht so recht, dass das was wird.«
    »Verdammt, das hat mit Glauben nichts zu tun. Das ist die blanke Vernunft, mein Junge! Reine Wissenschaft und Technik.«
    Herman lässt das Blechfässchen in seiner Jacke verschwinden und knöpft sie zu, macht seinen Entschluss aber sogleich rückgängig und knöpft sie wieder auf. Arvi dreht dem Alten den Rücken zu. Er hat bereits Gallegeschmack im Mund. Die Stute hebt unruhig die Hufe. Arvi führt sie weiter von dem Apparat weg, bis er hinter sich Hermans Gemurmel in ein deutliches Kommando übergehen hört.
    »Viki, in Position!«
    Arvi dreht sich um und sieht den Jungen tatsächlich auf den Platz des Flugzeuglenkers klettern. Voller Entsetzen begreift er, dass der betrunkene Herman vorhat, den Motor anzulassen. Mit dem Fässchen in der Hand erklärt er dem angeschnallten Viki bereits voller Inbrunst, an welchem Hebel er ziehen muss, um abzuheben, und wo, um weiterzufliegen. Er öffnet die Jacke bis unten hin, damit er sich besser über den Jungen beugen und mit Vikis kleiner Hand in seiner Pranke zeigen kann, wie der Hebel funktioniert.
    »Nein, verflucht! Hör sofort auf!«
    »Alle Außenstehenden Mund halten!«
    Bei aller Übelkeit lässt der entsetzte Arvi das Pferd, wo es ist, und rennt zurück. Er packt das Fluggestell am Rand und versucht den Jungen herabzuzerren.
    »Das kommt nicht in Frage, verdammt.«
    Herman stößt Arvi zur Seite, sodass dieser auf das Eis der zugefrorenen Bucht stürzt. Arvi übergibt sich. Die Maschine springt an wie der große Motor des Dreschers im Herrenhaus. Der Antriebspropeller rotiert, man hört ein hohes Jaulen. In einer dichten Wolke stiebt Schnee auf. Herman brüllt, Viki müsse den Startgang einlegen. Tatsächlich löst sich eine Ecke des Käfigs vom Eis, dann eine zweite und noch eine dritte. Das Ding gerät in eine schaukelnde Bewegung, die verschiedenen Ecken sind abwechselnd in der Luft.
    Der Apparat gleicht einem Pferd, das nervös die Hufe hebt. Viki winkt von dem unkontrolliert schaukelnden Ding aus panisch Herman zu, der mit erhobenen Armen zurückbleibt. Seine Rockschöße flattern im Luftstrom der Propeller, und er grölt laut Halleluja. Das Pferd stellt sich auf die Hinterbeine und galoppiert vom Eis, die Zügel schleifen dabei im Schnee.
    Irgendwie gelingt es Arvi, auf das schaukelnde Gestell zu klettern, den Jungen von den Gurten zu befreien und herauszuziehen. Arm in Arm fallen sie aufs Eis und rollen von dem gefährlichen Ding davon, gerade als sich dessen um Vikis Gewicht erleichterte Schnauze nach oben richtet. Der Apparat überschlägt sich, mit der Folge, dass der Motor ausgeht und das ganze Gefährt falsch herum aufs Eis kracht. Dabei zersplittern die Propeller, die Achse, die jetzt keinen Widerstand mehr hat, rotiert in Hermans gründlich gedrehtem Lager. Der lose gewordene Antriebsriemen schlackert.
    Dann ist es auf einmal ganz still. In der Luft liegt der Geruch des ausgelaufenen Benzins. Viki steht auf und klopft sich den Schnee von den Kleidern. Arvi bleibt auf dem Bauch liegen. Er drückt das Gesicht in die Schneeschicht auf dem Eis und versucht seinen Atem zu beruhigen.
    »Mit euch hat man aber auch sein Kreuz! Herrschaftszeiten,

Weitere Kostenlose Bücher