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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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passender Größe.
    Einer der Stallknechte geht am Fenster vorbei und winkt Olga zu, aber diese schnaubt nur verächtlich.
    »Behalt dein Ding nur schön in der Hose, sonst nähe ich es dir fest.«
    Solche Sachen sagt Olga oft, obwohl es auch jetzt niemand hört außer dem kleinen geschäftigen Jungen zu ihren Füßen und den Fliegen, die am Fenster summen. Es ist allgemein bekannt, dass sich Olga auf ewigem Kriegsfuß mit dem männlichen Geschlecht befindet, aber das hindert die meisten Männer nicht daran, sich um sie, die rotwangige, üppige Frau, die jünger aussieht als 36, zu bemühen. Ihr starkes Haar hat sie zu taudicken Zöpfen geflochten und um den Kopf geschlungen. Sie ist die älteste Tochter des Gärtners Malmberg und die einzige, die noch auf dem Gut wohnt.
    »Die nehmen sich alle die königlichen Zuchthengste zum Vorbild.«
    Die Tante hebt die Nadel an der Maschine an, zieht die blaue Jacke heraus und hält sie ausgebreitet vor sich hin. Dabei wettert sie weiter in Richtung Fenster, obwohl dort längst niemand mehr vorbeistiefelt.
    »Brauchst gar nicht so zu glotzen, du Witzbold. Das sind andere Frauen, die mit dem Nachthemdsaum zwischen den Zähnen auf Kerle wie dich warten.«
    Das blaue Kleidungsstück schwebt zwischen den verschwitzten Armen der Tante in der Luft. Wie geblendet starrt Arvi es an. Der Stoff schimmert, so neu ist er. Voller düsterem Neid muss Arvi an das Kleid denken, das Saida geschenkt bekommen hat, weil es der Tochter von Konsul Larsson zu klein geworden ist. Es war zwar blassblau, doch hatte es genau so einen Kragen mit Goldrand wie der Matrosenanzug für den Jungen.
    »Und jetzt die Knöpfe. Gib mir die glänzenden, die mit den Ankern drauf. Aber sei vorsichtig mit der Dose …«
    Tante Olga nimmt den Faden, der an der Jacke hängt, zwischen die Zähne und beißt ihn ab.
    »… dass sie mir ja nicht hinfällt und die Knöpfe weiß Gott wohin rollen.«
    Arvi lässt die Knopfdose so vorsichtig wie möglich aufschnappen. In seinem Bauch rumort etwas: Und was passiert, wenn ihm ein Knopf in den Mund fliegt und ihm den Atem verstopft? Er holt Luft, befürchtet kurz, das Schlimmste könne schon geschehen sein. Womöglich ist der Knopf so schnell durch die Luft gesaust, dass er gar nicht gemerkt hat, wie er ihm in die Hals gerutscht ist?
    »Erst mal nur einen«, sagt die Tante.
    Erschrocken drückt Arvi den Deckel auf die Dose, stellt sie auf den Rand der Nähmaschine und zieht schnell die Hand weg.
    »Steh auf, dann probieren wir, wo der Knopf hinkommt!«
    Der Junge traut seinen Ohren nicht und springt auf. Ist die Jacke etwa für ihn? Hat Gräfin Nadine befohlen, ihm eine Jacke zu machen, weil Saida das Kleid bekommen hat?
    Die Tante hat Stecknadeln im Mund, man kann gerade so verstehen, was sie sagt.
    »Wo bleibt der Knopf?«
    Sie zieht dem Jungen die Jacke an. Arvi betrachtet sich im Spiegel. Er sieht aus wie ein anderer, großer Junge, wie ein Marinesoldat. Seine Wangen glühen. Er deutet auf die Knopfdose neben der Nähmaschine, traut sich aber nicht mehr, sie zu öffnen und diesen großartigen Augenblick des Stolzes zu verderben. Sein Blick haftet auf dem Jungen im Spiegel. Die pastellfarbenen Stoffballen daneben betonen noch das Männliche der dunkelblauen Uniform. Er stellt sich vor, an Deck eines Dreimasters zu stehen und das Fernrohr auf die Blitze am Horizont zu richten, das Gesicht furchtlos gegen die spritzende Gischt der hohen Wellen erhoben.
    »Umdrehen!«
    Die Tante kneift die Jacke an den Schultern zusammen, steckt Nadeln hinein. Arvi hält den Atem an. Vielleicht gibt es auf dem Schiff auch Pferde, edle englische Hengste. Ja, dort stehen sie an Deck, im Regen glänzend. Von ihren Kruppen und Mähnen rinnt das Wasser, und der Donner des Gewitters macht sie scheu. Arvi tritt zu ihnen, tätschelt die nassen Hälse, die seidigen Mäuler und schafft es, eines nach dem anderen zu beruhigen.
    »Ist das … meine?«
    Arvis Stimme ist bloß ein Flüstern.
    »Hä?«
    »Ist die Jacke für mich?«
    Tante Olga runzelt die Stirn.
    »Nun red mal keinen Unsinn.«
    »Nicht?«
    »Warum sollte sie für dich sein? Wir probieren sie bloß an. Woher soll ich auf die Schnelle die ungezogenen Bälger des Konsuls nehmen, kannst du mir das sagen?«
    »Ich will, dass es meine ist!«
    Die Tante lacht düster.
    »Wollen kann man viel. Aber was würde dir das helfen? Eine Jacke macht dich noch lange nicht zum Herrschaftskind.«
    Arvi schlingt die Hände um den Leib und starrt die Tante unverwandt

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