Eine eigene Frau
er sich sofort mit Saida verloben und in aller Ruhe abwarten, und wenn es sieben Jahre wären, wie Jakob auf … wie hieß sie gleich? Ob Saida sich daran erinnern könne.
Sie presst die Lippen aufeinander.
»Wirklich nicht? Als Tochter eines Predigers!«
Einen kurzen Moment noch schafft es Saida, stumm zu bleiben, dann bringt sie der Triumph, die richtige Antwort zu wissen, doch dazu, den Namen auszuspucken.
»Rachel!«
Der Mann lacht.
Saida findet, Sakari sei eine Eule, weil er es nicht gewusst habe.
Sakari erinnerte daran, dass die Eule ein weiser Vogel sei und obendrein über einen scharfen Blick verfüge. Was die Kenntnis der Bibel betreffe, so habe er tatsächlich Lücken, und auf dem heißen Dachboden flutsche es mit dem Verstand ohnehin nicht gut. Wie wäre es, wenn Saida aufstünde und mit ihm, Sakari, ein bisschen frische Luft schnappen ginge?
Das Mädchen rührt sich nicht.
Sakari steht auf. Er schüttelt die Tabakkrümel von der Jacke und richtet die Hose gerade.
»Schade«, sagt er.
Er hätte sich nämlich furchtbar gern neben genau so einem adretten Mädchen im blauen Kleid auf die Gartenschaukel gesetzt.
Nachdem er die Treppe hinabgestiegen ist, steht Saida auf und verfolgt durch das kleine dreieckige Gitterfenster, wie der junge Mann zu den anderen Gästen der Namenstagsfeier hinübergeht. Die massive Gestalt des Vaters ist noch immer fest auf dem Ehrenplatz am Kopfende des Tisches verankert. Durchs Fenster hört man das Krähen des Hahns und fernes Gelächter. Saida ist sicher, dass dort unten noch immer über sie gelacht wird.
Noch am selben Abend macht das Feuer ein für alle Mal Schluss mit Tante Bettys Spitzenhandschuhen. Saida muss sie vom Dachboden holen, und Herman verbrennt sie im Küchenherd. Mit stolzer Haltung und ohne sich zu rühren sieht Saida dem Zerstörungswerk zu. Die Mutter weint. Der Vater fragt sie, ob sie wirklich wolle, dass ihre Tochter so eine werde wie Betty. Er redet immer mit gemeinem Unterton über Tante Betty, obwohl sie Mutters Schwester ist. Betty wohnt in Helsinki, kommt aber manchmal zum Gut, um Oma und Opa zu besuchen. Ein einziges Mal ist sie auch bei den Harjulas gewesen, aber Herman war sehr unfreundlich zu ihr und hatte kaum den Mund aufgemacht. Schließlich ging die Tante mit feuchten Augen davon und vergaß ihre schönen Spitzenhandschuhe auf dem Tisch.
Später erhielt Emma einen Brief, in dem ihre Schwester schrieb, die Handschuhe könnten bleiben, wo sie sind, denn sie habe neue und viel schönere bekommen, nachdem sie Straßenbahnschaffnerin geworden sei. Herman sagte, die Straßenbahn wolle er gern mal sehen.
»Die fährt wahrscheinlich nachts, und die Schaffnerin sitzt auf ihrer Einkommensquelle.«
Auch Saida hätte gern eine echte Straßenbahn gesehen, aber die Art und Weise, wie der Vater davon sprach, klang seltsam, und Mutters Augen schwammen schon wieder in Tränen.
Als Siiri eingeschlafen ist, liegt Saida noch lange wach und lauscht auf die Geräusche der Nacht. Diesmal aber ist es still jenseits der Wand. Später wacht sie auf, als sie Herman stampfend ins Freie gehen hört, um sich vom Druck des späten Kaffeetrinkens zu erleichtern. Saida steht auf und folgt ihrem Vater nach draußen. Sie setzt sich auf die Eingangstreppe und wartet auf ihn. Sie kratzt sich an einem Mückenstich und schiebt die bloßen Füße ins nachtfeuchte Gras. Von der Kühle hat sie eine Gänsehaut, und ihre Beine zittern vor Anspannung, als Herman auf sie zugetrottet kommt.
»Warum hat der Vater die Handschuhe verbrannt?«
Herman runzelt die Augenbrauen.
»Geh schlafen! Und zwar ein bisschen plötzlich!«
Saida ist voller eisenharter Entschlossenheit.
»Ja, aber warum hat der Vater sie verbrannt?«
»Warum, warum.«
Herman setzt sich neben seine Tochter auf die Treppe und schaut auf das Nebengebäude, als wäre an den Brennnesseln, die durch die Kraft des Urins vor der ausgebleichten Wand in riesige Höhen gewachsen sind, etwas besonders Interessantes. Er murmelt, Saida solle sich ein Beispiel an ihrer Schwester Siiri nehmen, die sich nie etwas auf sich einbilde, nicht in weltlichem Flitter umherlaufe und auch sonst keine Sperenzchen mache. Siiri sei ein bescheidenes und folgsames Kind, für das man sich nicht dauernd schämen müsse.
»Mama hat sie von Tante Betty bekommen.«
»Eben.«
Vom Meer steigt heller Nebel auf. In den Zweigen der Hofbäume, die in würdevoller Asymmetrie wachsen dürfen, stimmen die Nachtvögel ihre Lieder an. Von
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