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Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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aussehen mag. Emmerick muß in eine ziemlich üble Sache verwickelt gewesen sein, glaubst du nicht? Warum hätte sich sonst jemand die Mühe gemacht, ihn umzubringen? Warum man ihn allerdings auf so groteske Weise aus dem Weg geräumt hat, verstehe ich immer noch nicht, aber es gibt sicher eine gute Erklärung dafür.«
    »Etwa, daß derjenige, der ihn in dem Netz gefangen hat, sonst keine Möglichkeit hatte, in seine Nähe zu kommen?« schlug Helen vor.
    »Grundgütiger, an diese Möglichkeit hatte ich noch gar nicht gedacht! Du meinst, der arme Mensch leidet vielleicht an wahnsinnigem Mundgeruch? Oder er hat eine Allergie gegen Emmericks Schuppen und hätte sich durch seine lauten Niesanfälle verraten, noch bevor er überhaupt eine Chance gehabt hätte, ihm die tödliehe Waffe, wie immer sie auch ausgesehen haben mag, in den Leib zu bohren?«
    »Genau das meine ich, Liebster. Schließlich ist das die einzig logische Erklärung.«
    »Welche von beiden?«
    »Das kannst du dir aussuchen«, schloß Helen großzügig. »Obwohl ich, ehrlich gesagt, eher an eine Prothese oder einen verknacksten Fuß gedacht hatte.«
    »Womit du natürlich durchaus recht haben könntest. Aber wie konnte ein Mensch mit Prothese oder verknackstem Fuß es schaffen, den Baum herunterzuklettern und sich aus dem Staub zu machen, bevor Winifred und ich ihn erwischen konnten? Warum hat er es nicht vorgezogen, Emmerick aus sicherer Entfernung zu erschießen oder sich in sein Zimmer zu schleichen und seine Zahnpasta mit Strychnin zu versetzen?«
    »Vielleicht, weil der Mörder nicht besonders gut zielen konnte und ihm gerade das Strychnin ausgegangen war? Oder weil er einen abgrundtiefen Haß gegen Emmerick hegte und die Befriedigung brauchte, ihm Auge in Auge gegenüberzustehen? Oder in diesem Fall vielmehr Messer in Nacken. Liebster Peter, ich weiß, daß du heute schon so oft zur Station gegondelt bist, daß sie dir bestimmt schon zum Hals heraushängt, aber meinst du nicht auch, wir sollten noch einmal hinfahren und Winifred fragen, ob sie nicht doch lieber bei uns übernachten möchte? Das mag dir vielleicht ängstlich und typisch weiblich vorkommen, aber-«
    »Ich bin genauso ängstlich wie du, wenn ich ehrlich sein soll«, gab Peter zu. »Und habe ich je etwas gegen weibliche Intuition einzuwenden gehabt? Sollen wir sofort losfahren?«
    »Vielleicht möchtest du vorher noch deinen Nachtisch essen? Es ist allerdings bloß Obst und Käse.«
    »Heben wir es für Miss Binks auf.«
    »Darling, warum sagst du eigentlich nicht Winifred zu ihr? Es wäre ihr sicher viel lieber.«
    »Das weiß ich, Helen. Nur erinnert sie mich leider viel zu sehr an meine Grundschullehrerin. Aber ich werde meine Lenden gürten und versuchen, mich davon nicht einschüchtern zu lassen.«
    »Tu das. Du bist doch schließlich ein großer Junge, oder? Komm, wir spülen noch schnell das Geschirr weg.«
    Gemeinsam schafften sie es, die Küche innerhalb kürzester Zeit wieder in Ordnung zu bringen. Jane Austen gab ihrem verständliehen Unmut darüber, allein gelassen zu werden, so lautstark Ausdruck, daß sie beschlossen, sie mitzunehmen. Diesmal fuhr Helen, und Peter beschäftigte sich eingehend mit Jane, die eine ausgesprochene Schwäche fürs Autofahren entwickelt hatte. Am liebsten saß sie dabei auf Peters Schulter, ringelte ihren Schwanz um sein Gesicht wie einen gestreiften Schnurrbart und kommentierte die Aussicht.
    »Ich vermute, wir hätten besser vorher angerufen, um ihr zu sagen, daß wir kommen«, bemerkte Helen, während sie das Dorf hinter sich ließen und auf die Straße in Richtung Lumpkinton fuhren.
    »Dann hätte sie sicher gesagt, wir sollten uns die Mühe sparen«, meinte Peter. »Du weißt doch, wie unabhängig Winifred ist. Na, wie war das für den Anfang?«
    »Gut gemacht, Darling. Aber du mußt versuchen, es auch zu sagen, wenn sie es hört. Ich weiß, daß Winifred unabhängig ist, aber draußen auf der Forschungsstation ist sie sehr viel ungeschützter als dort, wo sie vorher gewohnt hat. Und es ist inzwischen
    schon soviel über das Geld ihres Großvaters geredet worden, daß die Leute allmählich glauben, sie hätte es wie Feuerholz in den Ecken gestapelt. Am besten wäre es wohl, wenn sie sich einen riesigen scheußlichen Wachhund zulegen würde. Oder wenigstens einen kleinen frechen.«
    »Sie hat Angst, ein Wachhund könnte die hiesige Fauna verschrecken.«
    »Soweit ich sehe, scheint das tatsächlich ihre einzige Angst zu sein. Winifred

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