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Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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und ich kann mich auch nicht mehr erinnern. Ich rufe mal Miss Binks an, sie hat schließlich Augen wie ein Luchs.«
    Winifred Binks war zu Hause und in der Lage, eine gute Allgemeinbeschreibung von Mr. Fanshaw zu liefern, doch sobald es um Einzelheiten ging, litt auch sie merkwürdigerweise an Gedächtnisschwund. Sie suchte Hilfe bei Knapweed Calthrop, doch er war genauso ratlos wie sie. Winifred fand dieses Phänomen höchst be-merkenswert, und Peter konnte ihr nur zustimmen.

Kapitel 9

    Hypnotisiert?« Die Seemuschel auf der Etagere vibrierte hörbar. Jane Austen, die friedlich auf dem Knie des Präsidenten geschlummert hatte, sprang vor Schreck einen halben Meter in die Höhe und brachte sich schnellstens bei Peter in Sicherheit. Dr. Svenson, der sehr wohl wußte, wie man sich sensiblen Katzendamen gegenüber zu verhalten hatte, entschuldigte sich. »Tut mir leid, Jane. Hätte nicht so brüllen sollen. Aber Gottverdammich, Shandy!«
    »Ich bin vollkommen Ihrer Meinung, Präsident. Selbstverständlich erwartet man melodramatische Zwischenfälle dieser Art am allerwenigsten im eigenen Amtsbezirk. Auch ich war ziemlich verblüfft.«
    »Und du läßt dich wirklich nicht leicht verblüffen, Darling«, sagte Helen Shandy. »Soll ich dir einen Bumerang mixen?«
    »Bleib sitzen, geliebtes Wesen. Das erledige ich schon selbst.«
    »Nein, du warst die halbe Nacht auf den Beinen und bist den ganzen Tag herumgelaufen und hast Leute enthypnotisiert. Ich dagegen habe nichts Aufreibenderes vollbracht, als den Kartenkatalog der Bibliothek zu durchforsten.«
    Helen stellte ihr Glas, aus dem sie bisher kaum etwas getrunken hatte, zurück auf den Tisch. Wie sie sehr wohl wußte, war ein Balaclava Bumerang ein Getränk, das langsam genossen werden sollte. Ein Bumerang bestand in der Hauptsache aus heimischem Kirschbrandy und heimischem Apfelwein. Nur Kirschen und Äpfel, die in Balaclava County gereift waren, konnten die gewünschte Wirkung hervorrufen, daher waren Bumerangs ausschließlich in ihrer Ursprungsheimat erhältlich. Und selbst dort waren sie nur den wenigen Auserwählten vorbehalten, die erstens in der Lage waren, sich die nötigen Bestandteile zu beschaffen, und zweitens über das Geheimrezept verfügten.
    Helens Nachforschungen in den Annalen der Familie Buggins hatten den Verdacht bestätigt, daß der Bumerang eine Erfindung von Belial Buggins, einem Neffen von Balaclava Buggins, dem Gründer des Colleges, gewesen war. Angeblich war Belial außerdem der Vater von Hilda Horsefall, der Gattin von Dr. Svensons Onkel Sven. Dr. Svenson hatte daher inzwischen verständlicherweise eine Art Familieninteresse an dem Getränk entwickelt. Daraus erklärte sich wohl auch seine ausdrückliche Bereitschaft, Peter bei einem zweiten Bumerang Gesellschaft zu leisten. Da die Wirkung von Alkohol auf den menschlichen Körper in direkter Proportion zur Größe desselben steht, hätte Svenson leicht ein halbes Dutzend trinken können, doch er trank grundsätzlich nie mehr als zwei. Der Präsident war sich seiner besonderen Stellung und der Verpflichtung, seinen Schutzbefohlenen stets mit gutem Beispiel voranzugehen, vollstens bewußt. Und falls er es jemals vergessen hätte, wäre sicher seine Gattin zur Stelle gewesen und hätte ihn daran erinnert.
    Sieglinde wäre normalerweise ebenfalls unter den Anwesenden gewesen, denn sie und Helen waren eng miteinander befreundet. An diesem Wochenende spielte sie jedoch den Babysitter bei ihren Olafssen-Enkeln, während Tochter Birgit und deren Ehemann Hjalmar außer Haus waren, um einen Preis in Empfang zu nehmen, den ihnen der nationale Himbeerzüchterverein als Auszeichnung für ihre herausragenden Beiträge im Bereich der Himbeerforschung verlieh. Da sowohl Birgit als auch Hjalmar Balaclava-Absolventen und ehemalige Studenten von Peter Shandy waren, hätte dieses Ereignis eigentlich das vorrangige Gesprächsthema sein sollen, doch Peter hatte heute einfach zuviel anderes im Kopf.
    »Ich habe Cronkite Swope wegen der Fotos angerufen, die er von Fanshaw gemacht hat, und er sagt, es sei keins dabei, auf dem man sein Gesicht klar erkennen könne. Irgendwie sei es dem Kerl gelungen, seinen Kopf jedesmal von der Kamera wegzudrehen. Und das Unheimlichste an der ganzen Sache ist, daß keiner von uns in der Lage ist, eine genaue Beschreibung von Fanshaw für die Fahndung der Staatspolizei abzugeben, weil wir uns alle nicht erinnern können, wie der Mistkerl wirklich ausgesehen hat.«
    Peter schüttelte

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