Eine Eule kommt selten allein
Sandwiches machen.«
»Klingt hervorragend. Was gibt's zu trinken?«
»Es gibt eine Flasche Whiskey und Unmengen Bier. Oh, und Teebeutel. Ich werde Tee nehmen. Und ein frisch geöffnetes Glas Pulverkaffee, aber keine Milch. Von den unwichtigen Dingen gibt es hier wirklich mehr als genug.«
Was unwichtig war oder nicht, schien eher Ansichtssache. Peter jedenfalls mixte sich einen medizinischen Stärkungstrunk, während Winifred die Suppenkonserve öffnete. »Wir sollten dem Präsidenten etwas zu essen hochbringen, meinen Sie nicht?« schlug sie vor.
»Auf jeden Fall«, stimmte Peter zu. »Suppe, Sandwiches und Kaffee. Den Whiskey lassen wir lieber weg, der könnte sein Wikingerblut zu sehr in Wallung bringen.«
»Ja, da haben Sie wahrscheinlich recht. Darf ich Sie bitten, mir den Topf da drüben zu reichen?«
»Mit Vergnügen.« Es war erstaunlich, wie schnell er seine vorübergehende Abneigung gegen Nahrungsmittel überwunden hatte. Peter entschied, daß sein Magen allmählich seefest wurde. Er hoffte allerdings, daß sie sich möglichst bald wieder in Landratten zurückverwandeln würden, denn das ständige Auf und Ab ging ihm lang-sam auf die Nerven.
Er wünschte sich, er hätte trotz der verflixten Wanze im Telefon versucht, Helen zu erreichen, als sie noch in der Station waren, aber inzwischen mußte sie eigentlich von Sieglinde benachrichtigt worden sein. Er konnte zwar auch jetzt noch versuchen, mit ihr Kontakt aufzunehmen, doch wozu die Mühe? Wahrscheinlich würde er überhaupt nicht durchkommen, und falls doch, was sollte er ihr erzählen? Daß er in einem aufgemotzten Schleppkahn mit Thorkjeld Svenson als Steuermann einen reißenden Fluß hinunterjagte?
Nicht daß es an Svensons Wikingerkünsten etwas auszusetzen gab, sie waren schließlich noch nicht gesunken, und einen gefährlichen Zusammenstoß hatte es auch nicht gegeben. Jedenfalls bis jetzt noch nicht. Peter öffnete die Dose mit Leberpastete, während Winifred die Suppe rührte, und begann, Sandwiches zu schmieren.
»Gibt es hier irgendwo Senf, Winifred?« Möglicherweise war Senf gut gegen Skorbut.
»Ich glaube schon.« Sie reichte ihm ein halbleeres Gläschen, das oben am Deckel verkrustet war. »Sehr appetitlich sieht es nicht aus. Die Leberpastete übrigens auch nicht.«
»In der Not frißt der Teufel Fliegen.« Peter brach ein Eckchen Zwieback ab und probierte, ob es schmeckte. »Nicht schlecht. Auf jeden Fall besser als gekochter Stiefel.«
»Du meine Güte, dazu wird es hoffentlich nicht kommen. Im Grunde haben wir Glück im Unglück«, erinnerte ihn Winifred, »es könnte durchaus schlimmer sein.«
Peter hoffte inständig, daß dieser Fall nicht eintreten würde. Die Suppe war inzwischen heiß, das Wasser im Kessel kochte. Er funktionierte einen großen flachen Teller zum Tablett um, fand zwei große Becher, füllte einen mit Suppe und den anderen mit starkem schwarzen Kaffee, legte ein paar Zwieback-Sandwiches dazu und deckte das Ganze mit einem Müllbeutel aus Plastik ab, der glücklicherweise sauber war.
»Ich serviere dem Präsidenten schnell sein Nachtmahl. Fangen Sie ruhig schon an zu essen«, sagte er.
Der Wind hatte keineswegs nachgelassen, auch der Regen prasselte noch genauso heftig wie vorher, doch Peter schaffte es dennoch, das Lotsenhäuschen zu erreichen, ohne etwas zu verschütten oder zu verwässern. Svenson schien sich zu freuen, ihn zu sehen, oder aber, was weitaus wahrscheinlicher war, endlich etwas zu essen zu bekommen. Er sang schnell noch den Refrain von »Wir lieben die Stürme, die brausenden Wogen« zu Ende, wobei seine Stimmgewalt sämtliche Fenster erzittern ließ - Schleppkahnfenster mußten außerordentlich stabil sein, schlußfolgerte Peter -, griff nach der Suppe und leerte den Becher nach echter Wikingermanier mit einem einzigen kräftigen Schluck. Peter setzte das Tablett auf den Navigationstisch und machte Anstalten, sich wieder zu entfernen, denn inzwischen war das Knurren seines eigenen Magens fast so laut, daß es den Sturm übertönte.
»Wohin so eilig, Shandy?« verlangte Svenson zu wissen.
»Ich bin dem Hungertod nahe. Ich habe noch nichts gegessen.«
»Urgh.« Svenson warf ihm den leeren Becher zu. »Mehr! Wenn noch was übrig ist«, fügte er rücksichtsvoll hinzu.
»Es gibt noch mehr, aber Sie werden warten müssen, bis ich es aufgewärmt habe. Wir haben eine Kombüse und einen ordentlichen Vorrat an Konserven gefunden. Und an Wasser mangelt es weiß Gott auch nicht.«
Auf dem
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