Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
Decken neu. Peter nahm den Rasierapparat und den Rasierschaum, verschmähte jedoch das After Shave, um nicht als verweichlicht zu gelten, und begab sich in einen Raum, von dem er annahm, daß es die Bugtoilette sei. Es war ein winziges Kämmerchen, in dem es noch nicht einmal eine Dusche und auch keinerlei Platz für selbige gab. Doch auch das war ihm egal, er war in den letzten Stunden weiß Gott genug geduscht worden.
    Er genoß es, endlich die Stoppeln loszuwerden und sich frisch machen zu können, und erinnerte sich plötzlich an die sauberen Kleidungsstücke, die er in Fanshaws Gepäck entdeckt hatte. Er dachte daran, daß er und der Herr der vielen Pässe eigentlich die gleiche Größe hatten, und entschloß sich zu einem Akt der Piraterie. Fanshaws Sachen - saubere Unterwäsche, ein sauberer Pullover, trockene Schuhe und Socken und der Anzug, den Fanshaw getragen hatte, bevor er sich in sein Schleppkahn-Annie-Kostüm geworfen hatte - verbesserten Peters Stimmung enorm. Die Schuhe waren zwar zu weit und die Hosenbeine einige Zentimeter zu lang, doch das waren lächerliche Kleinigkeiten im Vergleich zu dem erlösenden Gefühl, endlich die nassen Sachen ablegen zu können, die ihm am Körper klebten wie Seetang.
    Und jetzt mit Helen sprechen. Sie hatte sicher schon in der Forschungsstation angerufen und machte sich bestimmt Sorgen, wo er wohl steckte. Peter versuchte sein Glück mit dem Schiffstelefon, doch es funktionierte nicht. Wahrscheinlich hatte es die Rüttelei übelgenommen, vermutete er. »Verflixt und zugenäht«, machte er seinem Unmut Luft, »ich muß unbedingt an Land und nach einem Telefon suchen.«
    »Eine hervorragende Idee.« Winifred war natürlich knochentrocken geblieben, da man sie noch vor Ausbruch des zweiten Sturms gewaltsam an Bord der >Lollipop< gezerrt hatte und sie ihre Nase erst wieder aus der Kajüte gesteckt hatte, nachdem er abgeflaut war. Mit ihrer eleganten grauen Hose, dem hübschen hellbraunen Pullover und ihrem kurzgeschnittenen Haar, das sich in der feuchten Luft sanft zu kräuseln begann, sah die Erbin im Grunde genauso aus wie immer. Kein Fremder hätte ihr angesehen, was für ein grauenhaftes Abenteuer sie gerade durchgestanden hatte.
    »Man hat uns eine Leiter heruntergelassen, damit wir über die Sandsäcke hochklettern können, und ein Seil, um das Boot näher heranzuziehen«, berichtete sie. »Ich habe das
    Seil schon festgemacht, und zwar am Dollbord, jedenfalls nehme ich an, daß das so heißt. Hoffentlich war das richtig?«
    »Gut gemacht«, meinte Peter. »Sollen wir?«
    »Und was wird aus dem Präsidenten?«
    »Er sieht aus, als könnte er noch ein paar Stündchen Schlaf brauchen. Wir lassen ihm eine Nachricht hier. Vorausgesetzt, wir finden etwas zu schreiben.«
    Peter kramte in Fanshaws Taschen. Er fand zwar keine Brieftasche und keinen Schlüsselbund, dafür aber einen Kugelschreiber, eine Karte mit Fanshaws Namen und dem der Meadowsweet Construction Company sowie eine prächtige Goldmünze mit einem aufgeprägten Adler, die leider am Rand durchbohrt war und an einer langen Kette hing, die allem Anschein nach ebenfalls aus Gold war.  
    »Eine Zwanzig-Dollar-Goldmünze!« rief Winifred. »Der Großvater meiner Tante hat so eine Münze immer an seiner Uhrkette getragen. Sie hatte ein Foto von ihm, wie er in einem großen geschnitzten Sessel saß, mit offener Anzugjacke, damit man seine bestickte Weste sehen konnte, und der große goldene Adler ruhte bequem auf seinem stattlichen Bauch. Ob Fanshaw das Ding benutzt hat, um Chief Ottermole und Officer Dorkin zu hypnotisieren?«
    »Höchstwahrscheinlich. Es sei denn, er hat eins in jedem seiner Kostüme, was ich nicht glaube. Am besten, wir nehmen die Münze mit, man weiß nie, wozu man so etwas braucht.«
    Peter stopfte seine eigene Brieftasche und seine Schlüssel in die geborgten Taschen, schrieb auf die Rückseite der Visitenkarte >Wir gehen Kaffee suchen< und legte sie neben Svensons Kopf auf den Boden. Dann ging er nach draußen und zog an dem Seil, um das Boot in die Nähe der Leiter zu bringen. Er hielt das Boot ruhig, während Winifred ihre Füße auf die Leitersprossen setzte, wartete, bis sie sicher oben auf den Sandsäcken angekommen war, und folgte ihr.
    Das Wasser schwappte zwar gegen die unteren Sandsackreihen, doch der Fluß hatte aufgehört zu steigen. Wenigstens diese Stadt würde noch einmal vom Hochwasser verschont bleiben. Einige Schaulustige lehnten an der improvisierten Mauer, wahrscheinlich

Weitere Kostenlose Bücher