Eine ewige Liebe
weiß.
Ich hörte Thelma hereinkommen. »So, Mädels. Ich denke, für heute Morgen hattet ihr genug Aufregung. Gehen wir nach nebenan und schauen mal, was es bei Der Preis ist heiß zu gewinnen gibt.«
Thelma zwinkerte mir zu und schobTante Mercy in ihrem R o llstuhl aus dem Zimmer.Tante Grace schlurfte hinterher, Harlon James zu ihren Füßen. »Ich hoffe, es gibt heute wieder eine Eisbox zu gewinnen, die von ganz alleineWasser macht.«
Dad nahm die Zeitung und las dort weiter, wo ich aufgehört hatte. »DerTrauergottesdienst wird in der Kapelle vonWaders Creek abgehalten.«
Meine Gedanken schweiften zurück zu demTag, an demAmma und Macon sich dort nach Mitternacht mitten im nebligen Sumpf vonAngesicht zuAngesicht gegenübergestanden waren.
»Sind die denn noch beiTrost? Ich habe doch hundertmal gesagt, dassAmma keinen Gottesdienst will.« Dad seufzte. » Wo auch immer sie ist, sie sagt bestimmt irgendwas wie: Ich weiß nicht, warum ihr eure wertvolle Zeit damit vertrödelt, um mich zu trauern. Der Heiland ist mein Zeuge, dass ich meine Zeit nicht damit vertrödeln werde, um euch zu trauern.«
I ch lächelte. Er legte den Kopf schief, genau wie Amma, wenn sie sich in einen ihrer Wu tanfälle hineingesteigert hatte. »N.A.R.R.E.T.E.I. Sieben senkrecht. Sprich, ein ausgemachter Blödsinn, Mitchell Wate.«
Diesmal lachte ich, denn meinVater hatte recht. Ich hörte geradezu, wie sie das sagte. Sie hasste es, im Mittelpunkt derAufmerksamkeit zu stehen, besonders wenn es sich um den berüchtigten Gatliner Begräbnisumzug handelte.
Dad las den nächstenAbschnitt. »MissAmmaTreadeau wurde im Unabhängigen Bezirk Gatlin, South Carolina, als sechstes von sieben Kindern der ortsansässigen FamilieTreadeau geboren.«Als sechstes von sieben Kindern? HatteAmma jemals Brüder oder Schwestern erwähnt? Sie hatte immer nur von ihrenVorfahren gesprochen.
MeinVater überflog den R est desTextes. »Ihr R u f als in der Gegend weithin gerühmte Bäckerin entwickelte sich über mindestens fünfzig Jahre und ebenso viele Jahrmärkte.« Er schüttelte erneut den Kopf. »KeinWort über ihr Carolina Gold? Lieber Gott, hoffentlich sitzt sie jetzt nicht auf irgendeinerWolke und liest das. Sonst schleudert sie gleich rechts und links Blitze auf uns herab.«
Das tut sie nicht , dachte ich. Amma ist es egal, was die Leute jetzt über sie sagen. Sie schert sich nicht mehr um die Bewohner von Gatlin. Sie sitzt auf der Veranda zusammen mit den Vorfahren.
Er las weiter. »MissAmma hinterlässt zahlreicheVerwandte, viele Cousins und Cousinen und eine R eihe enger Freunde der Familie.«
Er faltete die Zeitung zusammen und warf sie auf denTisch. »Und wo steht, dass MissAmma zwei der traurigsten, hungrigsten und niedergeschlagensten Kerle hinterlässt, die Gatlin je gesehen hat?« Er trommelte mit den Fingern auf die Holzplatte.
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. »Dad?«
»Ja?«
» Wir werden klarkommen, wir beide.«
Da war ich mir sicher. Denn wenn man es genau nahm, hatteAmma nie etwas anderes getan, als uns auf die Zeit vorzubereiten, wenn sie nicht mehr da wäre und uns versorgen konnte.
Und diese Zeit war jetzt gekommen.
Dad hatte verstanden, was ich ihm sagen wollte. Er ließ seine Hand schwer auf meine Schulter fallen. »Ja, Sir.Als ob ich das nicht wüsste.«
Ich sagte kein weiteresWort.
Wir saßen nebeneinander und starrten zum Küchenfenster hinaus. »Alles andere wäre undenkbar. Schon aus R espekt ihr gegenüber.« Seine Stimme bebte, und ich wusste, dass er weinte. »Sie hat uns gut erzogen, Ethan.«
»Das hat sie.« Ich kämpfte ebenfalls mit denTränen.Aus R espekt ihr gegenüber, hatte Dad gesagt. Ja, so würde es ab jetzt sein.
So und nicht anders.
Es tat weh – es brachte mich fast um –, aber es war dieWahrheit. Genauso wahr wie dieTatsache, dass Mom nicht mehr da war. Ich musste damit leben.Vielleicht war das dieArt undWeise, wie man dieWelt entwirren konnte, wenigstens einenTeil von ihr.
Der richtige Weg ist nie der bequeme.
Das hatte meine Mutter mir beigebracht, besser als jede andere, und auchAmma hatte nach diesem Motto gelebt.
»Vielleicht passen Lila Jane undAmma jetzt gegenseitig auf einander auf. Vi elleicht sitzen sie zusammen und plaudern bei Schmortomaten und süßemTee.« Dad lachte, obwohl er weinen musste.
Er hatte keineAhnung, wie nahe er derWahrheit kam, und ich erzählte es ihm auch nicht.
»Kirschen«, sagte ich nur.
» Was?« Dad blickte mich verwundert an.
»Mom liebt
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