Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn
seinem Lohn ein kleines Vermögen war. Er versuchte den Diebstahl des Geldes außerdem zu rechtfertigen, weil er damit Gutes getan hätte: Er habe einen verletzten Lehrjungen und seine Geschwister damit unterstützt und die Familie Wick ebenfalls.
In Bezug auf sein blaues Auge an jenem Montag hatten wir übrigens recht! Er und Wick hatten sich um Jane geprügelt. Sie hatte Reid gerade erzählt, dass sie schon wieder schwanger war, und er war außer sich. Beschimpfte Wick und sagte, ein anständiger Mann würde sie eine Weile in Ruhe lassen.«
James lächelte. »Du hast recht gehabt und ich nicht. Ich habe ihn doch für einen betrunkenen Hitzkopf gehalten, weißt du noch?«
Sie hob erstaunt die Augenbrauen. »Du gibst Unzulänglichkeiten zu? Dann muss es dir wirklich schlecht gehen.«
»Ich bin der großzügigste Mensch auf Erden.«
»Ach, wo du gerade von Großzügigkeit sprichst, ich möchte dich was zu Jenkins fragen – der Junge, der die Polizisten zum Turm geführt hat.«
»Was ist mit ihm?«
»Er ist klug. Sehr arm. Der Älteste von mehreren Geschwistern, beide Eltern tot. Ich nehme nicht an …«
James nickte. »Schick ihn bei uns vorbei. Ich bin sicher, dass George ihm was zu tun geben kann, bis ich zurück bin, auch wenn er nur Bleistifte anspitzen darf.«
Mary grinste. »Zählt sie erst nach, rate ich euch. Er ist es gewohnt, ein bisschen abzuschöpfen.«
Er schnaubte. »Du hast vielleicht seltsame Bekannte!«
Es entstand eine Pause. Mary spielte mit ihren Handschuhen herum. Wie konnte sie zu der eigentlichen Frage kommen, die sie ihm stellen wollte? Es erschien brutal, in so einer eindeutig sensiblen Angelegenheit zu stochern. Aber sie musste Klarheit haben – einfach, um zu wissen, was James fühlte.
»Was ist los?«
Es hatte keinen Sinn, Andeutungen zu machen. Nicht bei James. »Was sind die Konsequenzen für das Bauunternehmen Easton, nachdem du jetzt weißt, dass Harkness’ Brief gefälscht war?«
»Du meinst, hat er unseren Ruf zusammen mit seinem geschädigt?« Er verzog das Gesicht. »Man könnte es meinen, aber seltsamerweise ist dem nicht so. Ich weiß immer noch nicht genau, wieso nicht.« Erschwieg. »Manchmal glaube ich, dass Harkness mich ausgesucht hat, weil ich so jung bin und er gehofft hat, dass ich Wachs in seinen Händen sei. Oder vielleicht hat er mich auch für unerfahren gehalten, nicht in der Lage, gute Arbeit von schlechter zu unterscheiden. Oder – gütiger Himmel – vielleicht hat er mich tatsächlich mit dem leitenden Beauftragten bekannt machen wollen, selbst unter den gegebenen Umständen. Eine letzte gute Tat oder so was in der Art. Ich werde es nie wirklich wissen. Aber das Ergebnis ist, dass ich den leitenden Beauftragten tatsächlich kennengelernt habe. Ob das zu weiteren Aufträgen führt – ich habe keine Ahnung.«
»Und – du hast damit keine Probleme?«
»Natürlich nicht. Ich habe jetzt die Nase in die Politik gesteckt, mir die Hände schmutzig gemacht, und das Ergebnis war eine Katastrophe. Es tut mir um fast jede Minute leid, die ich auf der Baustelle verbracht habe.« Sein Ton war so erregt, dass Mary beinahe zurückschrak. Er fing ihren Blick auf und lächelte ein wenig. »Außer um die, die ich mit dir verbracht habe, natürlich.« Sie machte ein protestierendes Geräusch und er lachte. »Das ist wahr, ganz bestimmt. Es klingt abgedroschen und dämlich und nach einem himmelschreienden Klischee, ich weiß. Aber ich meine es ernst. Dass ich dich wiedergetroffen habe, ist die einzige gute Sache, die bei der ganzen Angelegenheit herausgekommen ist.«
Angst und noch etwas – eine Art unbändigeFreude – kämpften in ihrem Herzen miteinander. Das war gefährliches Gelände. Wenn sie nicht bald etwas sagte, würde sie es nie schaffen. »Ich – es gibt etwas, das ich dir sagen muss.«
Sein Blick wurde schärfer, weil sie so verhalten klang. »Was soll das sein?«
Zweimal öffnete sie den Mund, um anzufangen.
Zweimal schloss sie ihn wieder.
Schließlich sagte sie einfach: »Für was für eine Person hältst du mich?«
Es entstand ein Schweigen. Dann sagte er zögernd: »Als ich dich kennengelernt habe, dachte ich, du seist die Geliebte eines reichen Mannes. Dann stellte sich heraus, dass du als Gesellschafterin gearbeitet hast. Jetzt behauptest du, eine hoffnungsvolle Journalistin zu sein.« Sein Ton war vorsichtig. »Warum fragst du? Hat sich schon wieder etwas Neues ergeben?«
»Nicht ganz. Es handelt sich
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