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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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unglücklich, und Reed konnte sich vorstellen, warum. Als geschäftsführender Präsident hatte er sich vorge-nommen, im Gegensatz zu seinem fast völlig unerreichbaren Vorgänger für jeden Besucher ansprechbar zu sein. Aber das war in seiner Position natürlich ein schwer einzuhaltendes Prinzip: Es war unmöglich, jeden lästigen Besucher mit seiner Beschwerde zu jeder Stunde des Tages umgehend vorzulassen. Also hatte seine leidge-prüfte Sekretärin lernen müssen, Anfragen abzuschmettern. Mit kläglicher Stimme sagte sie: »Aber er ist in einer wichtigen Bespre-chung.«
    »Sagen Sie bitte, Miss Franklin«, Reed las ihren Namen von dem Schild auf ihrem Schreibtisch ab, »erinnern Sie sich an den Anruf der beiden Professoren, die im Aufzug festsaßen?«
    »Aber selbstverständlich«, sagte Miss Franklin mit Nachdruck.
    »Eine höchst verwirrende Unterhaltung.«
    »Haben Sie später Präsident Matthewson davon unterrichtet?«
    »Ich habe es ihm am selben Nachmittag erzählt. Er hat darüber gekichert. Als natürlich immer mehr Fakultätsmitglieder in Aufzü-
    gen steckenblieben, größtenteils auch noch ordentliche Professoren…«
    »Wurde sein Kichern mit der Zeit deutlich leiser, das kann ich mir denken. Sagen Sie bitte, Miss Franklin, und überlegen Sie sich Ihre Antwort gut: Als die Professoren Everglade und Fansler Sie aus dem Fahrstuhl anriefen, war das das erste Mal, daß Dozenten, sagen wir, als Gruppe zwischen zwei Stockwerken im Aufzug festsaßen?«
    »Oh, ja, da bin ich ganz sicher. Genau das hat Präsident Matthewson erst kürzlich wieder mir gegenüber erwähnt.«
    »Ich verstehe. Ich bin sicher, Miss Franklin, Sie werden maßlos erleichtert sein, wenn ich Ihnen sage, daß ich Präsident Matthewson jetzt nicht mehr sprechen muß. Seine Konferenz bleibt ungestört, jedenfalls ungestört von mir.«
    »Ich bin unendlich froh, daß ich Ihnen behilflich sein konnte«, sagte Miss Franklin schwach. Sie gab nicht vor, das Gespräch verstanden zu haben, an dem sie gerade teilgenommen hatte, aber wenn 138

    in dieser Zeit andauernder Krisen eine Krise abgewendet werden konnte durch den Austausch unbedeutender Bemerkungen, dann gab es für sie keinen Grund, sich zu beklagen.
    Mit einem Schwung, wie er ihn seit Tagen nicht mehr gespürt hatte, machte Reed sich auf den Weg zu dem Restaurant mit Bar, wo er mit Peabody zu Mittag gegessen hatte. Der Mann, der zwei Sprachen spricht, dachte Reed, eine Universitäts- und eine Bar- und Restaurant-Sprache. Kate nennt er mein Täubchen, sagt, wie geil sie über den Viktorianischen Roman redet. Er hat mir nichts erzählt, hat mich für den Lunch zahlen lassen und am Ende doch mit dem Gefühl sitzenlassen, ich hätte von der ganzen Sache noch profitiert. Was auch stimmt.
    Natürlich saß Mr. Peabody in seiner gewohnten Nische, trank Bier und schwang Reden.
    »Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?« fragte Reed.
    Peabody stand auf und ging mit Reed in eine ruhige Ecke.
    »Wie komme ich zu der Ehre?« sagte er.
    »Erinnern Sie sich an den Tag«, fragte Reed weiter, »an dem Sie und drei Ihrer Kommilitonen vom University College, mit denen zusammen Sie wohl, wenn ich das richtig verstehe, eine Art reisende P. R.-Truppe für Ihre Einrichtung darstellen, zum erstenmal bei Professor Fansler waren?«
    »Natürlich erinnere ich mich. Ich habe Ihnen davon erzählt.
    Kommen Sie zur Sache, Mann.«
    »Miss Fansler saß an dem Tag im Fahrstuhl fest, und Sie mußten auf sie warten.«
    »Nicht wirklich. Sie scheinen auf Fahrstühle fixiert zu sein. Ist Ihnen aufgefallen, daß Sie schon wieder davon reden? Nehmen Sie sich in acht, Mann, so etwas kann epidemisch werden.«
    Reed beschloß, diese hinterhältige Bemerkung zu ignorieren.
    »Wie viele Leute wußten, daß Sie vorhatten, mit Professor Fansler zu reden und zum ersten Mal um offizielle Aufnahme in einen Kurs für Graduierte zu bitten?«
    »Alle Welt, Mann. Wir haben es überall herumerzählt. Wir waren es leid, diesen Jungs gegenüber immer nur in der Defensive zu sein –
    wir haben jedem erzählt, daß wir jetzt losmarschieren, wir haben unseren Zeitplan für die Offensive veröffentlicht. Ihre Kleine war die erste.«
    »Professor Fansler«, sagte Reed und runzelte leicht die Stirn,
    »wurde sorgfältig ausgewählt für diese Offensive?«
    139

    »Klar doch. Wir mußten uns entscheiden – sogar der alte Vivian hat sich mit ein paar von uns Studenten zusammengesetzt, bevor wir beschlossen haben, mit welchem Professor wir

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