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Eine feine Gesellschaft

Eine feine Gesellschaft

Titel: Eine feine Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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war nur schwach beleuchtet und wirkte un-fertig. Beim Auskundschaften hatte er die Tür zu den unterirdischen Gängen entdeckt, mit denen die Gebäude untereinander verbunden 131

    waren. Kate hatte ihm erzählt, daß diese seit Jahren von Professoren benutzt wurden, die im Winter der Kälte, im Frühling dem Regen und das ganze Jahr über grüßenden Studenten entgehen wollten.
    Hinter einer anderen Tür war offenbar ein Maschinenraum, aus dem zwar einiger Lärm drang, der aber sonst uninteressant schien. Der Schaltkasten für den Aufzug befand sich, wie zu erwarten, in der dunkelsten Ecke. Reed sah auf die Uhr. Er stieg die Treppe wieder hinauf, trat auf den Campus und wanderte nachdenklich umher.
    Als er zurückkehrte, untersuchte er die dicken Rohre, die dreißig Zentimeter unterhalb der Kellerdecke entlangliefen. Er sprang hoch, konnte sich aber am Rohr nicht gut genug festhalten, um sich hoch-zuziehen. Er versuchte es mit Anlauf, aber der Keller bot dazu nicht genug Platz. Schließlich öffnete er die Tür zu dem unterirdischen Gang und zog sich an ihr hoch, bis er einen Fuß auf den Türgriff stellen konnte. Während er hinaufkletterte, mußte er mit dem anderen Fuß die Tür immer wieder aufstoßen, weil sie sich, ihrer Natur gehorchend, ständig schließen wollte. Schließlich gelang es ihm, sich von der Tür auf eines der dicken Rohre zu schwingen. Von seinem Gewicht befreit, fiel die Tür wieder zu. Er konnte sich, mit dem Bauch auf dem Rohr liegend, oben halten. Sein Kopf lag auf seinen Händen. Für jemanden, der nach oben schaute, war er zwar nicht unsichtbar, aber normalerweise schauen Leute in leeren Kellern nicht zur Decke. Sollte man ihn entdecken, dachte Reed, dann würde er wieder hinunterklettern und sich einen so würdevollen Abgang ver-schaffen, wie die Umstände es zuließen. Aber er hoffte, so lange unbemerkt zu bleiben, bis er wußte, wer in den Keller kam und warum.
    Seine Lage war nicht ungemütlich. Zum ersten Mal geriet seine Bügelfalte durch etwas Außergewöhnlicheres in Gefahr als die Hitze im Gerichtssaal. Soviel zu den körperlichen Anforderungen an den Bilderbuchdetektiv, dachte er amüsiert. Nach einiger Zeit fing er fast an zu dösen.
    Aber nicht ganz. Als sich die Tür zur Kellertreppe öffnete, war er wieder hellwach. Ein Mann trat auf leisen Sohlen ein und ging schnell und lautlos durch den Keller zu der Tür, hinter der sich der Maschinenraum befand. Er schloß die Tür mit einem Schlüssel auf, griff nach innen und holte als erstes einen Holzkeil heraus, mit dem er die Tür offenhielt, danach ein langes Stück Rohr, mit dem er in die Mitte des Kellers trat. Er hob das Rohr über seinen Kopf, schob es über die Glühbirne an der Decke und drehte es, bis das Licht aus-132

    ging. Zum Glück stand der Mann – es war Cartier – mit dem Rücken zu Reed. Nachdem er den Keller in Dunkelheit getaucht hatte, zog sich Cartier, das Rohr in der Hand, in den Maschinenraum zurück und schloß die Tür. Alles war still und dunkel.
    Kurze Zeit später ging die Tür zum Keller wieder auf, und ein anderer Mann kam herein – den Reed wegen der Dunkelheit nicht erkennen konnte. Der Neuankömmling ging in die Ecke, in der sich der Schaltkasten für den Aufzug befand, und hockte sich, wie Reed annahm, auf die Fersen. Wieder herrschte Stille. Sie schienen ziemlich lange zu warten. Immer wieder konnte Reed hören, wie der Aufzugsmotor ansprang und sich wieder ausschaltete. Er hätte gern seine Lage auf dem Rohr verändert, wagte es aber nicht. Von Zeit zu Zeit spürte er mehr, als er hörte, daß der Mann in der Ecke sein Gewicht verlagerte.
    Das kann eine lange Nacht werden, dachte Reed. Und als er sich vorstellte, wie er Kate erklären würde, weshalb er eine ganze Nacht auf einem Rohr im Keller von Treadwell Hall verbracht hatte, war er nahe daran, in Kichern auszubrechen: wohl der einzige Schicksals-schlag, mit dem ein Sam Spade oder Philip Marlowe nie fertig werden mußte, dachte Reed.
    Wie lange es dauerte, bis die Kellertür aufging, war eine Frage, die zu quälenden Überlegungen über die Relativität von Zeit hätte inspirieren können. Als die Tür schließlich geöffnet wurde, war der Eintretende offenbar verwirrt, sich im Dunkeln wiederzufinden. Er lauschte – so, wie Reed mit angehaltenem Atem lauschte und sicher auch die beiden anderen. Aber alles blieb ruhig. Der Neuankömmling tastete sich mit den Händen an der Wand entlang vorwärts, bis er vor dem Aufzug stand. Reed sah,

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