Eine Frage Der Groesse
er will«.
Bei diesem Test reagierten jene Probanden, deren Partnerin sich gerade nahe dem Eisprung befand, sensibler auf dominante Gesichtszüge als die anderen. Sobald also die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, dass eine Frau ein Kind bekommen kann, reagiert ihr Partner besonders sensibel auf mögliche Konkurrenten und trachtet eher danach, sein Revier zu verteidigen. Diesen Mechanismus kennt man bereits aus der Tierwelt. »Schimpansen leben ziemlich friedlich zusammen«, veranschaulichte das Rob Burriss, »aber wenn ein Weibchen paarungsbereit ist, werden die Männchen zu Rivalen und kämpfen um ihre Aufmerksamkeit.« Bei Menschen ist das offenbar nicht wesentlich anders.
Was verletzt einen Mann mehr: Wenn sich eine Frau in einen anderen verliebt oder wenn sie »nur« mit ihm ins Bett geht?
Der Evolutionspsychologe David Buss wollte wissen, welche von zwei Vorstellungen einen Mann mehr fertigmacht: a) dass seine Partnerin einem anderen Mann gegenüber tiefe Liebesgefühle hegt oder b) dass sie mit einem Nebenbuhler leidenschaftlichen Sex genießt. Er organisierte eine entsprechende Befragung, und diese gelangte zu dem klaren Ergebnis: Bei 60 Prozent der Männer erzeugte b) stärkeren Schmerz. Das war insofern interessant, als es bei Frauen genau andersherum aussah: 83 Prozent der weiblichen Befragten waren von Szenario a) tiefer getroffen.
Um Genaueres zu erfahren, schloss Buss seine männlichen Probanden an Messgeräte an. Deren Ergebnisse waren so eindeutig, dass sie in mehreren populären Sachbüchern zur Geschlechterforschung anschaulich geschildert werden: Sobald sich ein Mann in diesem Experiment plastisch vorstellte, dass seine Partnerin mit einem anderen Kerl durch die Laken turnte, stieg sein Herzschlag um fünf Schläge pro Minute – schnell hintereinander drei Tassen Kaffee hinunterzustürzen hätte den gleichen Effekt gehabt. Hinzu kamen Schweißausbrüche und ein fast schon krampfartiges Zusammenziehen des Stirnmuskels. Kein Zweifel, hier war jemand wirklich aufgebracht. Umgekehrt zeigten Frauen bei der Vorstellung, ihr Partner wäre in eine andere verliebt, starke körperliche Reaktionen.
Natürlich klingt das für Evolutionspsychologen wie eine Steilvorlage. Und so lässt deren Argumentation auch nicht lange auf sich warten: Weil Männer genetisch dazu vorbestimmt sind, ihr Erbgut überall zu verbreiten und gegen Nebenbuhler durchzusetzen, reagieren sie am heftigsten auf die Vorstellung sexueller Untreue. Frauen hingegen, die für die Aufzucht ihrer Kinder einen stabilen, verlässlichen Partner brauchen, fühlen sich vor allem durch emotionale Untreue verletzt.
Nur gibt es hier leider mehrere Schönheitsfehler.
Zunächst einmal zeigten neuere Versuche, mit denen man Buss’ Erkenntnisse untermauern wollte, dass die unterschiedlichen Reaktionen weniger von dem Geschlecht abhingen als von der Länge der Partnerschaft: In einer Kurzzeitbeziehung fühlen sich Männer wie Frauen eher von sexueller Untreue bedroht, während emotionale Untreue eher in einer schon seit langem bestehenden Partnerschaft als bedrohlich wahrgenommen wird. Einen weiteren Faktor stellte das Land dar, in dem man diese Befragung durchführte. Anders als in den USA betrug der Anteil der Männer, die sexuelle Untreue verletzender als emotionale Untreue fanden, in Deutschland und den Niederlanden keine 60, sondern nur 28 bzw. 23 Prozent. Solche Erhebungen versetzen den Theorien der Evolutionsbiologen einen heftigen Schlag. Denn sie belegen, dass es gerade keine feste »Natur des Menschen seit der Steinzeit« gibt. Stattdessen hängt ein Großteil seines Verhaltens und seiner Gefühle von der Kultur ab, in der er lebt.
Zudem ergaben die Experimente mehrerer Wissenschaftler, dass beide Geschlechter mit körperlichen Signalen wie erhöhtem Blutdruck reagierten, wenn sie sich ihren Partner im Bett mit jemand anderem vorstellten. Und schließlich zeigte eine Überprüfung von Buss’ Thesen anhand einer Gruppe von Männern, deren Partnerinnen tatsächlich fremdgegangen waren, ein ganz anderes Bild auf als bei jenen, die sich das nur vorstellen sollten. Hier berichtete nämlich eine identische Zahl von Männern und Frauen (jeweils 53 Prozent), die sexuelle Untreue ihres Partners sei für sie schlimmer gewesen als die emotionale. Und 47 Prozent beider Geschlechter bewerteten die emotionale Untreue als verheerender. In Wahrheit fühlen Männer und Frauen also einmal mehr sehr ähnlich.
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Warum schlafen Männer
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