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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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›Ende‹.«
    »Eine erfreulichere Perspektive wäre, dass die Geschichte gerade erst beginnt«, sagte Schwester Anne-Marie; ihr sanfter Ton bewirkte, dass sich Bernies Augen mit Tränen füllten, als die Freundin sie liebevoll umdrehte und ihre Hand ergriff. »›Es war einmal …‹«
    Bernie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch in diesem Moment vernahm sie schwere Schritte, die das Sprechzimmer durchquerten – den Raum, in dem sie den Schatten hinter dem Vorhang erspäht hatte. Und sie wusste, ohne sich umzudrehen, dass sie der Frau gehörten, vor deren Anblick ihr mehr als alles in der Welt graute.
     
    Merrion Square gehörte unzweifelhaft zu den ersten Adressen in Dublin, und dorthin dirigierte Tom Kelly den Taxifahrer. Der weitläufige georgianische Platz war von Museen und Stadthäusern aus Backstein mit schmiedeeisernen Balkonen gesäumt; Efeu rankte sich am Mauerwerk empor, die farbigen Eingangstüren waren von fächerförmig unterteilten Lünetten gekrönt und mit gebieterisch wirkenden Türklopfern aus Messing versehen. Hier residierten die begüterten Dubliner, seit John Ensor den öffentlichen Platz 1762 entworfen hatte; die Kellys waren ein Vierteljahrhundert später in diese noble Gegend gezogen.
    Drei Stadthäuser an der Nordseite des Platzes bildeten die Hochburg des Dubliner Kelly-Clans. Die Türklopfer wiesen ausnahmslos die Gestalt einer Seeschlange auf – ein Fabeltier, das auch in Toms goldenem Siegelring eingraviert war. Das Meeresungeheuer war der Legende zufolge aus den Tiefen des Meeres aufgetaucht, um Tadhg Mor O’Kelly zu schützen, Toms verwegenen Vorfahren, der wie »ein Wolfshund kämpfte« und fiel, als er Irland 1014 in der Schlacht von Clontarf gegen die Wikinger verteidigte.
    Tom schüttelte den Kopf. Kaum eine Stunde in Dublin, und schon war er in historische Begebenheiten aus einem anderen Jahrtausend verstrickt. Genauer gesagt, einer anderen Dekade. Die Treppe des mittleren Hauses erklimmend, das sich durch eine hellrote Tür auszeichnete, spürte er, wie erschöpft er von der Reise war. Auf sein Klopfen hin wurde ihm von einem Hausmädchen geöffnet, während Elizabeth Kelly, die Frau seines Cousins William, die Treppe hinuntereilte.
    »Tommy, du bist ja schon da!«, rief sie. »Billy wird außer sich sein. Warum hast du uns die Ankunftszeit deines Fluges nicht mitgeteilt, dann hätten wir dir einen Wagen geschickt.«
    »Hallo, Liza. Ich wollte euch keine Umstände machen.« Er schloss sie in die Arme.
    »Dein erster Besuch nach dreiundzwanzig Jahren, und du glaubst, wir hätten dich nicht liebend gerne willkommen geheißen, wie es einem Kelly gebührt?«
    »Du kennst mich doch.« Er lächelte angesichts des herzlichen Empfangs und war glücklich, sie wiederzusehen. »Ich mag es schlicht.«
    »Stimmt. Ich erinnere mich. Kein Hauch von Überheblichkeit, ganz im Gegensatz zu deinen Cousins Billy und Sixtus, Niall und Chris und dem Rest der Familie. Du hast dir den Bericht über den neuen Mercedes im Fuhrpark erspart, wenngleich nicht für lange. Billy kommt bald nach Hause, dann wird er dir seine Spielsachen zeigen. Clara, bringen Sie bitte das Gepäck nach oben ins Gästezimmer.«
    Tom warf dem jungen Hausmädchen einen raschen Blick zu und schüttelte den Kopf, um ihm zu bedeuten, dass er es selbst hinauftrage. Liza schien den Wink nicht zu bemerken oder hatte beschlossen, ihn zu ignorieren.
    »Wo ist Bernie?«, erkundigte sie sich.
    »Sie wohnt im Konvent.«
    »Das darf doch nicht wahr sein.« Liza machte ein enttäuschtes Gesicht. »Selbst im Urlaub zwingt man sie, sich im Kloster einzuquartieren?«
    Tom nickte. Er brachte es nicht übers Herz, ihr zu erklären, dass Bernie keinen Urlaub zu machen pflegte und der Aufenthalt in Irland alles andere als eine Vergnügungsreise war.
    »Und ich wollte sie von vorn bis hinten verwöhnen, um mich für den letzten Besuch im Star of the Sea zu revanchieren, wo sie uns verwöhnt hat. Ich träume immer noch von unserem Bett mit Blick über den Weinberg bis zum Sund. Und die frischen Blumen, die sie jeden Tag brachte … Sie hat ein richtiges Schmuckkästchen daraus gemacht. Dein Urgroßvater wäre sehr zufrieden mit ihr.«
    »Ja, mit Sicherheit«, erwiderte Tom, obwohl er sich dessen keineswegs sicher war.
    »Wir haben uns so gefreut, dass ihr beide kommt«, sagte Liza mit glänzenden Augen. »Unsäglich. Wir alle, Sixtus und Emer, Niall und Isobel und Billy und ich. Emer dachte … Sie war ein bisschen

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