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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Fahrgast zu bringen, eine Amerikanerin, Ende vierzig, die eine Tour in die Wicklow-Berge unternehmen wollte. Seamus’ Gedanken arbeiteten auf Hochtouren. Er würde ihr unterwegs Dalkey, Powerscourt, Enniskerry und die Heerstraße zeigen und den Vormittag in der Klostersiedlung Glendalough beschließen.
    »Guten Morgen, Madam.« Er hielt ihr den Schlag auf.
    Als sie die Bannondale Road hinter sich ließen, begann seine Tour. Er fuhr mit ihr durch die Straße, die von den prachtvollsten Häusern Dublins gesäumt war; viele beherbergten Botschaften, aber einige befanden sich noch im Privatbesitz alteingesessener Familien. Hier residierten die restlichen Kellys, die nicht am Merrion Square wohnten.
    »Das ist der Postzustellbezirk 4 in Dublin.« Er sah sich stolz um, in dem Wissen, dass er eines Tages, wenn er Rechtsanwalt war und seine große Liebe gefunden hatte, hierherziehen würde. »Die allerbeste Adresse. Von der jeder träumt. Wer es im Leben zu etwas gebracht hat, lässt sich in der Shrewsbury Road nieder …«
    »Das verstehe ich«, erwiderte die Frau. »Wunderschön, diese Häuser.«
    »Ein erstklassiges Wohnviertel.« Während Seamus die Fahrt gen Süden fortsetzte, fragte er sich, wie lange es dauern würde, bis er sie fand, seine große Liebe, wie sie jetzt aussehen mochte und ob sie sich überhaupt wiedererkennen würden. Er träumte davon, dass sie eines Tages im Greencastle auftauchen und in seinen Wagen steigen würde. Oder er würde sie zufällig bei einer seiner Fahrten entdecken, in irgendeiner Straße, die sie entlangging.
    Sollte das der Fall sein, würde er sie auf der Stelle mitnehmen. Pech für seinen Fahrgast, sollte er sich doch ein anderes Transportmittel für die Rückfahrt nach Ballsbridge suchen. Er würde einfach mit ihr wegfahren, ohne anzuhalten.
    Er würde sie nie mehr gehen lassen, nie wieder.
    Das Wasser der Dublin Bay glitzerte zur Linken, und sein Fahrgast öffnete das Fenster, so dass der Wagen von der salzigen Luft überflutet wurde. Der Geruch des Meeres erfüllte ihn mit Sehnsucht – tief und unergründlich, erinnerte er ihn stets an den Strand, an dem er leichtfertig alles weggeworfen hatte, was ihm wichtig war.
    Aber er setzte die Besichtigungstour mit der Amerikanerin fort. Er wies sie auf den Yachthafen in Dun Laoghaire und den Martello-Turm in Sandycove hin, wo James Joyce einen Teil seines Weltbestsellers
Ulysses
geschrieben hatte, machte sie auf das Forty Foot aufmerksam, ein Freibad, in dem Männer nackt zu schwimmen pflegten, das nun aber Besuchern beiderlei Geschlechts zugänglich war. Die Meeresbrise wehte durch den Wagen, und sein Herz drohte vor Sehnsucht zu zerspringen.
     
    Im Speisesaal des Greencastle war ein opulentes Frühstücksbüfett angerichtet. Die langen Tische bogen sich unter der Last der Schüsseln und Platten mit Eiergerichten, French Toast, knusprig gebratenem Speck, Würstchen, Räucherlachs, frischen Himbeeren, Ananas, Gebäck, Croissants, irischem Sodabrot und Krügen mit verschiedenen Säften. Tom ging die Reihe entlang, füllte seinen Teller und fragte sich, was für ein Frühstück Bernie im Konvent zu sich nehmen mochte.
    Als er zum Tisch der Kellys zurückkehrte – genau in der Mitte des eleganten Raums, der beste von allen –, zog ein Ober dienstwillig seinen Stuhl zurück und reichte ihm seine Stoffserviette. Er bat um Kaffee, obwohl seine Cousins ausnahmslos Tee tranken, und der Ober füllte die hauchdünne Porzellantasse.
    Sixtus, Niall und Billy, die dunkle Anzüge trugen, ihre Arbeitskluft, hatten bereits Platz genommen, betrachteten ihn mit einem Lächeln und erinnerten ihn daran, wie sehr sich die Kelly-Männer glichen – alle waren blauäugige, aufsässige Teufelskerle, die keinem Spaß abgeneigt schienen. Einige hatten dunkle, andere rote Haare, doch die Familienähnlichkeit offenbarte sich in den hellwachen, lebendigen Augen.
    »Großer Gott.« Tom blickte sich um. »Habt ihr noch nie jemanden frühstücken sehen?«
    »Geben sie dir in Amerika nichts zu essen?«, fragte Sixtus und deutete auf Toms Teller.
    »Mann, deine Hände sind so zart, als hättest du vergessen, was arbeiten heißt«, konterte Tom. »Arbeit regt den Appetit an, wie du vielleicht weißt.«
    »Schon wieder die alte Leier?«, warf Niall scheinbar resigniert ein. »Dass wir unsere Seele verkauft haben, um den ganzen Tag in einem Büro zu hocken, während du der einzige wahre Nachfahre von Tadhg Mor O’Kelly bist?«
    »Was du vor dir siehst, sind

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