Eine Frage des Herzens
es nichts dergleichen. Sie hatte einen mit Latten zugenagelten Bereich im Dachgeschoss bemerkt, am anderen Ende des Gangs. Manchmal malte sie sich aus, wie sie die Tür aufstemmte und die Fenster im Innern des Raums aufriss, um Durchzug zu machen.
Als Köchin und Zimmermädchen der Familie hatte sie eine Sonderstellung unter dem Personal. In der Dienstleistungshierarchie stand sie an erster Stelle. Zu den übrigen Dienstboten gehörten Beth, eine ortsansässige junge Frau, die ausschließlich dafür zuständig war, Besucher an der Eingangstür in Empfang zu nehmen, Miss Langley, die Nanny von Wendys Kindern, Samantha, die Junes Kinder hütete, und Bobby, der Chauffeur. Das Personal teilte sich ein Badezimmer mit einer Standdusche, deren Wasser nie richtig heiß wurde.
Kathleen sorgte für die täglichen Mahlzeiten und die Verköstigung bei Festen, die von der Familie ausgerichtet wurden. Sie lebte für die Abende, an denen Gäste kamen, wenn sie Hummer mit Porridge und schwarzen Trüffeln, in Zimt geschmorte Rippchen, Kartoffelsoufflé oder Bruschetta mit Ricottakäse und marinierten Trauben zubereiten durfte. Für die Familie zu kochen stand auf einem anderen Blatt. »Einfach« war ein Begriff, der noch zu gewagt klang, um ihre kulinarischen Vorlieben zu beschreiben.
An ihrem ersten Arbeitstag hatte Mrs. Wells sie beiseitegenommen und ihr erklärt, was man von ihr erwartete. »Die Arbeitsvermittlungsagentur meinte, Sie wären eine sehr gute Köchin, und deshalb haben wir Sie eingestellt – für Feste. Wir möchten, dass man unsere Küche rühmt.«
»Ich werde mein Bestes tun«, hatte Kathleen stolz versprochen.
»Wenn wir unter uns sind, mögen wir es schlichter.«
»Ganz wie Sie meinen. Ich kann alles kochen.«
»Wir essen nur Rindfleisch. Roastbeef, Steak und Hamburger. Und jeden Abend Kartoffelbrei, mit gemischtem Gemüse als Beilage. Wir bevorzugen Birds Eye.«
»Entschuldigung?«
»Birds-Eye-Gemüse.«
»Aber das ist Tiefkühlkost«, hatte Kathleen erwidert und geglaubt, etwas missverstanden zu haben.
»Ich weiß. Wir bevorzugen die milde Geschmacksrichtung. Auch bei den Tütensoßen.«
»Ich kann jede Soße zubereiten, die Sie wünschen. Béchamel, Hollandaise, Mornay …«
»Wir lieben Tütensoßen«, hatte Mrs. Wells beharrlich erwidert. »Und was die Kartoffeln betrifft …«
Kathleen hatte höflich zugehört, wenngleich mit wachsendem Unbehagen, als ihr Mrs. Wells erklärte, wie sie die Kartoffeln zubereiten sollte. »Benutzen Sie Instantpüree. Aber nicht das Pulver, sondern die Flocken. Und nehmen Sie reichlich Butter, halb und halb. Keine Milch, verstanden?«
»Es macht mir nichts aus, richtige Kartoffeln zu schälen«, hatte sich Kathleen erboten, bemüht, ihre Betroffenheit über diesen Vorschlag zu verbergen.
»Die schmecken auch nicht besser«, hatte Mrs. Wells entgegnet. Zierlich, von der Sonne gebräunt, mit kunstvoll frisierten blonden Haaren und, wie in ihren Kreisen üblich, mit Diamanten behängt, klang sie, als wäre sie ihrer Sache völlig sicher.
Kathleen war nahe daran gewesen, das Weite zu suchen. Tiefkühlgemüse und Tütensoßen? Während der Woche Tag für Tag Rindfleisch? Das war seltsam genug, aber zu behaupten, Instantkartoffelbrei schmecke genauso gut wie echter? Das ging über ihr Begriffsvermögen hinaus. Die Frau schien unter Wahnvorstellungen zu leiden. Welche absonderlichen Gedanken mochten ihr sonst noch im Kopf herumspuken?
»Und schälen ist viel zu zeitaufwendig. Achten Sie nur darauf, das Püree mit Butter zu verfeinern, halb und halb – einfach köstlich. So, und jetzt werde ich Sie in die Hausarbeiten einweisen, für die Zeit, wenn Sie nicht mit Kochen beschäftigt sind. Es gehört zu Ihren Aufgaben, nach dem Frühstück die Betten zu machen. Ich brauche Beth unten, damit sie eventuelle Besucher in Empfang nimmt.«
Kathleen hatte genickt. In der Familie drehte sich alles um den äußeren Schein. Gott behüte, dass ein Besucher auftauchte, während sich Beth gerade oben befand und die Betten frisch bezog. Sie musste sich irgendwo im vorderen Teil des Hauses zur Verfügung halten und sich mit ihrem Staubwedel nützlich machen, in schwarzer Tracht und weißer Schürze. Da Kathleens Domäne hinter den Kulissen war, trug sie schlichte weiße, weniger formelle Arbeitskleidung.
Die Söhne des Hauses nahmen dennoch Notiz von ihr. Es waren zwei, Andrew und Pierce, einunddreißig und neunundzwanzig Jahre alt. Sie waren Playboys, zwei der
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