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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Entscheidungen und Optionen, ja, sogar, was das Ordensleben betrifft.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das wirst du schon sehen, wenn du oben bist. Der Standardausdruck für das, was sie gerade durchmacht, ist Selbstfindungsprozess. Aber ich glaube, es geht viel tiefer. Hier handelt es sich um ein klassisches Beispiel für die ›dunkle Nacht der Seele‹.«
    »Lass das Bernie nicht hören. Im Star of the Sea hat sie oft gesagt, der Begriff sei in der Kirche am meisten überstrapaziert worden – ganz gleich, ob Jugendliche mit geistesabwesendem Blick oder Reiche, die eine Pechsträhne im Markt haben, alle würden ihn benutzen, um zu beschreiben, dass sie sich schlecht fühlen.«
    »Sie hat natürlich recht«, erwiderte Anne-Marie mit ihrem weichen Kerry-Akzent. »Bernie gehört nicht zu denen, die jeden verhätscheln, der ein bisschen Angst hat. Aber ich kenne sie, und ich sehe es ihren Augen an. Irgendetwas quält sie. Und außerdem sollte man daran denken …«
    Ein Lastwagen rumpelte vorüber, die Fenster geöffnet, das Radio laut aufgedreht, Stützen und Achsen holperten über das Kopfsteinpflaster.
    »Woran denken?«
    »Dass die ursprüngliche ›dunkle Nacht der Seele‹ vom heiligen Johannes vom Kreuz beschrieben wurde … einem Mystiker.«
    »Willst du damit sagen, Bernie sei eine verkappte Mystikerin?«
    »So würde sie sich nie bezeichnen. Aber sie ist hellsichtiger und feinfühliger als die meisten von uns. Der heilige Johannes schrieb über eine Nacht der Kontemplation, die angefüllt war mit düsteren Visionen, Leid und Läuterung, mit Bildern von dem schrecklichen Elend, das einen Menschen in diesem Zustand überkommt.«
    »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie sich elend fühlt.«
    Anne-Marie drückte seine Hand. »Vergiss nicht, der heilige Johannes hat auch gesagt, dass die Nacht den Geist in Dunkelheit hüllt, um ihm am Ende Erleuchtung zu bringen und ihn mit Licht zu erfüllen. Bernie wird es schaffen, auf die andere Seite des finsteren Tunnels zu gelangen, und dabei neue Erkenntnisse gewinnen.«
    »Ich hoffentlich auch«, sagte Tom.
    Anne-Marie lächelte. »Natürlich. In vieler Hinsicht bist du schon jetzt für Bernie das Licht. Du gehst jetzt besser zu ihr …«
    »Mache ich. Danke, Annie. Wenn du eine Minute wartest, fahre ich dich zurück.«
    Sie schüttelte den Kopf und überquerte bereits den Kai. »Ich liebe den Bus. Das kommt mir so vor, als würde ich ins Kino gehen und zuschauen, wie sich die Geschichte des Lebens auf dem Sitz unmittelbar vor mir entfaltet.«
    Tom sah ihr nach, dann drückte er auf die Klingel von Apartment 4 B. Bernie hatte den Vorschlag abgelehnt, im Haus eines seiner Cousins am Merrion Square zu wohnen. Tom hatte ihr begreiflich zu machen versucht, dass sie sich nicht bei Billy, unter demselben Dach wie er, einquartieren müsse, sie könne auch bei Sixtus oder Niall wohnen. Doch sie wollte nichts davon hören, sie wollte nicht, dass er seinen Cousins etwas erzählte. Sie war verschlossen und daran gewöhnt, ihre Entscheidungen im Star of the Sea im Alleingang zu treffen. Er hatte sie zu überreden versucht, ihn ins O’Malley’s zu begleiten, vielleicht ein Glas Guinness zu trinken und das weitere Vorgehen zu besprechen, aber sie hatte abgelehnt.
    Als er auf der Treppe vor dem Haus stand und sich zurücklehnte, um zu ihrem Fenster hinaufzublicken, begann er sich Sorgen zu machen. Warum öffnete sie ihm nicht? Als Schwester Anne-Marie von der »dunklen Nacht der Seele« gesprochen hatte, hatte er eine Gänsehaut bekommen. Das klang sowohl nach einem unguten Hang zur Pop-Psychologie als auch zum Mystizismus, und beides behagte ihm nicht.
    Er blickte auf die Eingangstür und inspizierte das Schloss. Den Bund mit den Dietrichen, den er in den Konvent mitgenommen hatte, hatte er in seinem Zimmer gelassen, in der Annahme, er brauche ihn nicht mehr. Als er mit den Fingern über das Eisen strich, wusste er, dass er den Türrahmen mit einem einzigen kräftigen Stoß seiner Schulter sprengen konnte.
    In diesem Augenblick ging die Tür auf, und eine schöne rothaarige Frau stand vor ihm. Sie war groß und schlank und trug einen dicken weißen Pullover und Jeans. Selbst im grauen Licht des Tages schimmerten goldene Strähnen in ihren roten Haaren. Sie umrahmten ihr zartes blasses Gesicht, unterstrichen die Traurigkeit, aber auch die Entschlossenheit, die in ihrem Blick lag.
    »Bernie!«
    »Hallo, Tom.«
    »Ich bin gerade erst gekommen.«
    »Ich weiß. Ich habe vom

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