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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Fenster aus gesehen, wie du dich mit Anne-Marie unterhalten hast.«
    »Sie macht sich Sorgen um dich. Und ich auch.«
    »Das ist unnötig«, erwiderte Bernie hitzig, wobei sie wieder so energiegeladen wie die Äbtissin von Star of the Sea klang, die er kannte und liebte. »Hast du die Adresse?«
    »Vom Kinderheim? Ja, habe ich.«
    »Worauf warten wir dann noch? Lass uns endlich fahren.«
    »Ganz wie Sie meinen, Schwester Bernadette Ignatius.« Er blickte sie an, in der Hoffnung zu hören, sie habe den Namen abgelegt. Ein Schauder lief über seinen Rücken. Er sehnte sich immer noch nach den Worten, von denen er seit jeher träumte – dass Bernie sagte, sie habe einen Fehler gemacht, dass ihr nach all den Jahren klargeworden sei, dass sie füreinander bestimmt waren.
    Doch sie blickte ihn nur an und schwieg. Dann überquerte sie, nachdem die erste Verkehrswelle verebbt war, vor ihm die Straße und blieb neben dem BMW stehen und wartete auf ihn.
    »Hast du schon etwas gegessen?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dann halten wir unterwegs irgendwo an.«
    Bernie war zu aufgewühlt, um sich mit ihm zu streiten. Er fuhr mit ihr an einen Ort, den sie gut kannte – O’Malley’s Pub. Während der Schwangerschaft hatten sie das Lokal oft besucht. Es erschien ihr passend, jetzt abermals hier zu sein. Sie nahmen in einer Holznische voller Kratzer und Schrammen im hinteren Teil des Raums Platz, am Ende der langen Theke, und Tom bestellte für beide Shepherd’s Pie, einen Auflauf aus Hackfleisch und Kartoffelbrei. Er trank dazu ein Guinness, aber Bernie lehnte ab.
    Eingangstür und Fenster des Pubs gingen auf die Straße hinaus. Sie waren weit geöffnet, und vom Innern des dunklen Raums aus entdeckte Tom mit Fuchsien bepflanzte Blumenkästen. Eine wahre Farbexplosion. Er tippte Bernie an, um sie darauf aufmerksam zu machen.
    Sie nickte, blickte hinaus und nahm die Blumenpracht zur Kenntnis. Sie redeten kaum, doch das war für Tom in Ordnung. Er wollte nur, dass sie etwas zu sich nahm, damit sie wieder zu Kräften kam. Hatte sie in dieser Umgebung das gleiche Gefühl der Vertrautheit wie er? Dachte sie an die Zeit vor dreiundzwanzig Jahren, als sie hier oft mit ihm gesessen und er versucht hatte, sie dazu zu bewegen, etwas zu essen?
    »Auf unser persönliches Tir na Nog«, sagte er. »Erinnerst du dich?«
    Sie nickte. »Das war unser Sanktuarium.«
    »Es hat sich überhaupt nicht verändert.«
    »Die Shepherd’s Pie ist noch genauso gut wie früher.«
    »Dass es auf Tir na Nog, der Insel der Gesegneten, eine gute Shepherd’s Pie gibt, ist nur recht und billig«, erwiderte er.
    Lächelnd hob sie die Gabel zum Mund und aß weiter. Er hatte das Gefühl, als müsste er sie mit List und Tücke dazu bringen, einen Bissen nach dem anderen zu sich zu nehmen, wie ein Kind, das nicht essen wollte.
    »Danke, Tom. Das war köstlich«, sagte sie, als sie fertig war.
    »Finde ich auch.« Er trank sein Guinness aus. Dann ließ er sie kurz am Tisch sitzen und ging zur Theke, um zu zahlen. Sein Herz klopfte bei dem Gedanken an das, was sie nun vorhatten. Als er zum Tisch zurückkehrte und Bernie die Hand reichte, um ihr aufzuhelfen, fing er den Blick des Mannes am Nachbartisch auf, der dort mit seiner Frau saß.
    Tom spürte, dass er ihn für seinesgleichen hielt – einen Mann, der wie viele andere mit seiner Frau zum Mittagessen ging –, was ihm einen Stich versetzte. Es führte ihm abermals klar vor Augen, dass Bernie und er hier waren, um zu vergessen, dass sie nicht wie andere Paare waren.
    Noch nicht.
    Dem Mann am Nachbartisch freundlich zunickend, legte Tom behutsam den Arm um Bernies Schultern und geleitete sie zur Tür hinaus und zum Wagen. Es war Zeit, sich auf die Suche nach ihrem Sohn zu machen.

10
    I n diesem Teil von Dublin sah man überall hübsche Häuser und hohe Bäume, kleine Gärten, Kombiwägen und Minivans. Eine Wohngegend, in der Familien lebten. Bernie verinnerlichte die Eindrücke und überlegte, was die Kinder von St. Augustine’s davon halten mochten. Fragten sie sich beim Anblick dieser Häuser auf dem Rückweg von der Schule oder vom Park, warum sie nicht in einem von ihnen wohnten?
    Tom fuhr schweigend die Straße entlang. Bernie hielt die Dokumente in der Hand, die schweißnass war. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Wenn sie jetzt ihrem Sohn gegenüberstünde, würde sie kein Wort über die Lippen bringen.
    Sie fuhren an dem Schild vorbei, auf dem es in kalten schwarzen schmiedeeisernen Lettern

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