Eine französische Affäre
überrascht Sie vielleicht, aber der Braune, auf dem ich Sie heute nachmittag besiegt habe, ist in einem Zirkus geboren.«
»Wie Ariel!« rief Canéda aus. Dann erzählte sie ihm von Juno und ihrem Tod und daß alles, was sie hinterlassen hatte, Ariel war.
Der Herzog hörte interessiert zu, und als sie zu Ende erzählt hatte, sagte er: »Sie sind zu jung und zu schön für so ein Leben. Es gibt doch sicherlich noch etwas anderes, was Sie tun könnten – zum Beispiel heiraten?«
»Einen der Clowns?« fragte Canéda leichthin.
»Wenn Sie nicht vorhaben zu heiraten«, erwiderte der Herzog, »dann kann ich mir nur vorstellen, daß Sie einen reichen Gönner haben.«
Er sagte das ganz beiläufig, aber Canédas Wangen waren flammendrot, als sie scharf protestierte: »Wie können Sie es wagen, so etwas zu sagen! Sie täuschen sich sehr.«
Sie wirkte so überzeugend, daß der Herzog sagte: »Ich muß mich entschuldigen, wenn ich Sie beleidigt habe, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie ein Zirkusbesitzer in das Kostüm gesteckt hat, das Sie anhaben und das ohne Zweifel mindestens doppelt so viel gekostet hat, wie ein gewöhnlicher Zirkusartist in sechs Monaten verdient.«
Canéda war so überrascht, daß sie vergaß, sich zu ärgern, und sie starrte ihn mit großen Augen an. »Wie kommt es, daß Sie so etwas wissen?«
Der Herzog verzog den Mund und machte damit eine weitere Erklärung überflüssig.
Canéda erhob sich vom Sofa, um ans Fenster zu treten und von neuem die Aussicht zu genießen.
Die Sonne schickte sich an, am Horizont unterzugehen, und darüber glühte der Himmel in phantastischen Farben.
Sie war so gefesselt von der Schönheit des Anblicks, daß sie zusammenfuhr, als der Herzog unmittelbar hinter ihr fragte: »Überlegen Sie immer noch, ob Sie mich verlassen sollen?« fragte er. »Ich würde Sie daran hindern.«
»Wie würden Sie das denn anstellen?« meinte Canéda.
»Ich könnte Sie zum Beispiel in das Verlies sperren, das unter dem Burggraben liegt und höchst ungemütlich ist«, antwortete der Herzog. »Aber ich will Sie lieber bitten, mir Gesellschaft zu leisten.«
In seiner Stimme schwang jetzt ein Ton mit, auf den Canéda die ganze Zeit gewartet hatte, und doch empfand sie dabei nicht die Genugtuung, auf die sie gehofft hatte. Statt dessen schien dieser Ton in ihr eine Saite zum Klingen zu bringen und eine Reaktion hervorzurufen, auf die sie nicht vorbereitet war. »Ich denke immer noch, es wäre klug, wenn ich ginge«, meinte sie kurz.
»Weil ich Sie schockiert habe?«
Sie schob das Kinn vor. »Das habe ich nicht gesagt.«
»Trotzdem glaube ich, das ist der Grund«, sagte der Herzog. Er trat näher an sie heran.
Sie bewegte sich nicht, sondern hielt die Augen auf den Sonnenuntergang gerichtet, und nach einer gewissen Zeit sagte er: »Sie sind sehr schön. Ihre blauen Augen, die von schwarzen Wimpern umrahmt werden, sind bezaubernd originell.« Er sprach auf die trockene Art, die typisch für ihn war, und er bemühte sich, seine Worte nicht wie das Kompliment klingen zu lassen, das es bei jedem anderen Mann geworden wäre.
Da sie fürchtete, daß die Unterhaltung zu persönlich geworden war, sagte Canéda: »Meine Augen sind englisch, während meine Wimpern und meine Haare französisch sind. Sie können wählen, was Ihnen lieber ist.«
»Als Franzosen reizt mich im Augenblick das Englische«, erwiderte der Herzog. »Wollen wir deshalb zur Abwechslung diese Sprache sprechen?«
Den letzten Satz sagte er auf englisch, und Canéda stieß einen Schrei der Verwunderung aus. »Aber Sie können es sehr gut!«
»Ich hatte eine englische Mutter, ein englisches Kindermädchen und eine Zeitlang eine englische Gouvernante«, erklärte der Herzog.
»Sie haben ihre Sache gut gemacht.« Sie warf ihm einen schelmischen Blick zu, als sie sagte: »Jetzt, da Sie wie ein Engländer sprechen, müssen Sie sich auch wie einer benehmen, und wir müssen uns über Pferde unterhalten statt über uns.«
»Offen gesagt, möchte ich mich nur über Sie unterhalten«, erwiderte der Herzog. »Sie faszinieren mich, und ich weiß nicht, ob ich hinzufügen soll, daß ich sehr neugierig bin.«
Genau das hatte Canéda erreichen wollen, und sie sagte sich, daß sie sehr klug vorgegangen war. Sie wandte ihr Gesicht wieder dem Fenster zu.
»Ich bin der Ansicht, es wäre ein Fehler und ganz phantasielos, sich mit Kleinigkeiten abzugeben«, sagte sie. »Sie werden nicht leugnen, daß das hier ein märchenhafter
Weitere Kostenlose Bücher