Eine französische Affäre
Ort außerhalb der gewöhnlichen Welt ist. Kurz und gut, im Augenblick sind wir keine irdischen Wesen.«
»Was sind wir dann?«
Canéda schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. »Sie sind natürlich der Mann im Mond, und ich bin eine Sternschnuppe, die gerade einmal vorbeigeschaut hat.«
»Eine sehr gute Beschreibung«, erkannte der Herzog an. »Sie glänzen wie ein Stern, und Sie werden zugeben, daß Sie sich auch wie einer kleiden.«
Seine Augen streiften über ihr rosa Reitkostüm, und Canéda wurde sich bewußt, daß sie in ihrem Bestreben, sich in Szene zu setzen, ihr Mieder so eng gewählt hatte, daß es die Rundung ihrer Brüste deutlich zeigte. Auch ihre Taille war betonter, als sie es bei einem ihrer anderen Kleider passend gefunden hätte.
Sie schämte sich und wünschte, sie hätte sich, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, eher auf ihre Reitkünste verlassen als auf die theatralische Wirkung ihres Kostüms und der Uniform, in die sie Ben gesteckt hatte. Da sie die Überlegungen des Herzogs fürchtete, sagte sie hastig: »Ich bin sicher, daß Ben inzwischen mit meinem Gepäck zurück ist. Wenn möglich, würde ich vor dem Dinner gern ein Bad nehmen.«
»Selbstverständlich«, erwiderte der Herzog. »Ich bin davon überzeugt, daß dafür gesorgt ist. Darf ich vorschlagen, daß wir früh zu Abend essen, weil ich viel mit Ihnen zu besprechen habe?« Er zog seine Uhr und sagte: »Ich erwarte Sie hier in einer Stunde.«
»Eine Stunde reicht mir vollkommen«, erwiderte Canada, »und vielen Dank, Durchlaucht, für einen sehr unterhaltsamen Nachmittag.«
Sie wollte an ihm vorbei aus dem Zimmer gehen, aber er ergriff ihre Hand und führte sie an seine Lippen. »Ich habe Ihnen zu danken«, sagte er, »für ein Erlebnis, das ich nicht vergessen werde.«
Sie spürte seine Lippen auf ihrer Haut, und diese Berührung rief ein sonderbares Gefühl in ihr hervor. Es hatten schon viele Männer ihre Hand geküßt, aber diesmal war es irgendwie anders. Doch sie weigerte sich, darüber nachzudenken, warum es anders war. Statt dessen ging sie so schnell auf die Tür zu, daß er kaum Zeit hatte, sie für sie zu öffnen.
Als sie den Korridor zu ihrem Schlafzimmer entlangeilte, hatte sie das Gefühl, daß sie vor etwas floh, das ihr Angst machte und doch aufregend war und gleichzeitig bedrohlich.
Sie öffnete die Tür zu ihrem Schlafzimmer und stellte fest, daß die Zofe gerade die Dinge auspackte, die Ben aus dem Gasthof geholt hatte. Darunter war ein sehr teures, sehr schönes Kleid von einer der exklusivsten Schneiderinnen in der Bond Street, die sich damit brüstete, ihren Kundinnen Pariser Chic zu verkaufen.
Während die Zofe das Kleid in den Schrank hängte, fragte sich Canéda, was der Herzog davon halten würde, und sie hatte das unangenehme Gefühl, daß es ihn noch mißtrauischer machen würde, als er ohnehin war. Dann sagte sie sich, daß es keine Rolle spielte, ob er dachte, sie sei nicht die, die sie zu sein schien.
Sie war sicher, daß er drauf und dran war, sich in sie zu verlieben, und wenn sie sich davon überzeugt hatte, konnte sie verschwinden, wie sie es geplant hatte, und ihn – so hoffte sie – unglücklich und enttäuscht zurücklassen.
Die Idee war ihr in England und während der Reise als gut erschienen, und dennoch fühlte sie jetzt, obwohl sich doch alles genauso entwickelte, wie sie es vorgehabt hatte, eine innere Unruhe.
In ihrer Vorstellung war der Herzog ein Mann aus Pappmache gewesen und nicht ein Mann aus Fleisch und Blut. Er war nur ein kleiner Junge in der Geschichte gewesen, die begonnen hatte, als ihre Mutter vor seinem Vater davongelaufen war und den Mann geheiratet hatte, dem ihr Herz gehörte. Deshalb hatte sein Vater, der alte Herzog, seinem Rivalen Rache geschworen und versucht, ihm das Leben unerträglich zu machen.
Es war die Art von Geschichte, dachte Canéda oft, aus der ein Schriftsteller einen Roman gemacht hätte. Und welches Ende hätte besser sein können als das große Glück ihres Vaters und ihrer Mutter?
Es war sie, die sich geweigert hatte, die Geschichte damit enden zu lassen. Sie hatte immer auf Rache an dem Herzog gesonnen, der ihren Vater gekränkt hatte, aber auch an ihren Großeltern, die so herzlos zu ihrer Mutter gewesen waren.
Die Gelegenheit dazu hatte sich durch den Brief ihrer Großmutter ergeben, und jetzt entwickelte sich eine neue Geschichte daraus, und sie befand sich tatsächlich im Schloß des Unmenschen.
Sie mußte nur noch ihr Vorhaben
Weitere Kostenlose Bücher