Eine französische Affäre
nicht fertig wegzusehen.
Sie mußte sich geradezu anstrengen, um auf ihn zugehen zu können, und er sagte: »So sollten Sie immer aussehen. Ich weiß jetzt, was falsch war.«
»Falsch?« fragte Canéda, obwohl sie genau wußte, was er meinte.
»Das Maskenkostüm«, sagte er. »Höchst wirkungsvoll, unzweifelhaft ein Blickfang, aber doch ganz unnötig.« Er griff nach einem Glas Champagner, das auf einer Konsole bereit stand, und reichte es ihr. »Da dies unser erstes gemeinsames Dinner ist«, sagte er, »sollte ich einen Trinkspruch auf Sie ausbringen, aber es ist nicht leicht, die richtigen Worte zu finden.«
»Das ist aber für einen Franzosen sicherlich ganz unüblich«, erwiderte Canéda.
»Ich glaube, heute abend fühle ich englisch«, sagte der Herzog, »und ich versuche, eher aufrichtig als beredt zu sein.«
»Es freut mich, daß Sie die Engländer für aufrichtig halten.«
»Ich würde gern glauben, daß sie sowohl aufrichtig als auch wahrheitsliebend sind«, erwiderte der Herzog. Er sah ihr tief in die Augen, während er das sagte, aber sie blickte zur Seite.
Sie hatte das Gefühl, daß er ihr bis in die Seele blickte, daß er versuchte, ihre Fassade zu durchdringen, um herauszufinden, was sie vor ihm geheimhielt.
»Für mich ist es leicht, einen Trinkspruch auf Sie auszubringen«, sagte sie, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Sie hob ihr Glas. »Auf den Mann im Mond, und möge er nie aufhören, sein Licht auf die scheinen zu lassen, die es nötig haben.«
»Glauben Sie, daß ich das tue?« fragte der Herzog spöttisch.
»Wenn nicht, werden Sie durch meine Worte vielleicht angeregt, Ihre Pflicht zu tun«, erwiderte Canéda. Sie nippte an dem Champagner, dann stellte sie das Glas auf einem kleinen Tisch ab. »Meinen Sie, Ariel ist gut untergebracht?« fragte sie, um die Unterhaltung in andere Bahnen zu lenken.
»Zweifeln Sie an der Gastlichkeit meiner Ställe?« wollte der Herzog wissen.
»Ich habe sie nur von außen erblickt, aber sie sahen großartig aus«, erwiderte Canéda.
»Morgen zeige ich sie Ihnen von innen«, versprach der Herzog. »Ich habe in letzter Zeit einige Modernisierungen vornehmen lassen, mit denen ich Sie hoffentlich beeindrucken kann.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie besser sind als die Ställe, die wir in England haben.«
»Ist Ihr Zirkus reich genug, um seine eigenen Ställe zu haben?«
Canéda merkte, daß sie ganz vergessen hatte, daß sie angeblich ständig mit dem Zirkus unterwegs war, und in Wirklichkeit an die Ställe in Langstone Park gedacht hatte.
»Ich habe eine Menge Ställe gesehen, die nichts mit dem Zirkus zu tun hatten«, erwiderte sie.
»Weil ihre Besitzer vielleicht etwas mit Ihnen zu tun hatten?« bemerkte der Herzog. Er sprach französisch, und es klang weniger direkt, als wenn er es auf englisch gesagt hätte.
Dennoch war Canéda verärgert. »Wenn Sie vorhatten, unhöflich zu sein, Durchlaucht«, sagte sie, »dann seien Sie versichert, daß es Ihnen gelungen ist!«
Der Herzog nahm ihre Hand in seine. »Verzeihen Sie mir«, sagte er. »Es ist mir nur herausgerutscht, weil Sie mich so auf die Folter spannen. Wer sind Sie? Warum sind Sie hier? Das sind die Fragen, die ich Ihnen so lange stellen werde, bis ich die richtigen Antworten bekomme. Aber lassen Sie mich hinzufügen, daß ich Sie, obwohl Sie mich irreführen, bezaubernd finde.«
Er zog ihre Hand an seine Lippen, während er sprach, und wieder fühlte sie eine seltsame Erregung, als er ihr die Hand küßte. Sie empfand es fast als Erleichterung, als das Dinner angekündigt wurde und sie wieder in das Speisezimmer gingen, in dem sie das Mittagessen eingenommen hatten.
Die Vorhänge waren jetzt zugezogen, und nur die großen goldenen Kandelaber auf dem Tisch spendeten Licht.
Es schien Canéda, als sie sich neben dem Herzog an den Tisch setzte, daß alles in diesem Raum dazu beitrug, den Eindruck, sie befinde sich mitten in einem Märchen, noch zu verstärken.
Diener in kostbaren Livreen servierten auf goldenen Platten eine Mahlzeit, die köstlicher war als alles, was Canéda je zuvor gegessen hatte.
Der Wein und die Unterhaltung beim Essen gaben ihr das Gefühl, in einem Stück auf der Bühne zu stehen, das so raffiniert inszeniert war, daß es schwer war herauszufinden, wie es enden würde. Wieder trugen der Herzog und sie ein Duell mit Worten aus, und jedes Wort schien einen Doppelsinn zu haben, weshalb sie unmöglich anders als französisch sprechen konnten.
Erst als
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