Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten
schon gesagt. Drei Frauen zu Grabe tragen, grübelte ich, das ist wirklich keine Kleinigkeit. Drei Frauen sind schon viel. Zwei wären noch nicht so viel. Nicht übertrieben. Zwei Frauen könnten sozusagen auch zufällig neben einem in die Grube sinken, aber bei dreien muß irgendwie schon das Schicksal am Werk sein. Und obendrein gibt es da jetzt noch diese vierte, diesen blassen, kleinen, wortlosen Spatz. Man braucht nicht sonderlich viel Vorstellungskraft, um auch ihr Schicksal zu kennen. Der Himmel hat aus diesem Rindvieh von Pišk einen Blaubart gemacht, dabei ist es nur seine wilde Natur. Also wozu drei tote Frauen für einen einzigen Mann, diese Unmengen an Erinnerungen, so viele Sachen, Kleider in den Kommoden, Stiefel und Sandalen, Briefe, Tagebücher, Schminkzeug, wozu das, dachte ich, besser gesagt, darauf berief ich mich.
Denn ich hatte etwas ausgeheckt. Ich hatte Angst vor Frauen und hatte keine Ehefrau. Aber ich wollte nicht unter die Erde, ohne nicht auch einmal eine gehabt zu haben im Leben. Ich machte also einen Plan, Geld hatte ich genug, der Hof warf einiges ab. Und auch der Krieg half mir, denn ein paar schwere Jungs an der Grenze kauften und verkauften über mich Waffen, Käse und Alkohol.
So schlenderte ich also an einem zögerlichen Morgen, als der Hahn noch nicht heiser geworden war, zu Erik Pišk, klopfte an sein Fenster, das zur Straße hinaus blinzelte. Er kam auch bald, schlang sich gerade noch den Gürtel seines Militärmorgenmantels um die Hüfte, das Haar wie ein schlecht aufgetürmter Heuhaufen, und natürlich rauchte er auch jetzt Pfeife. Er knurrte etwas wie einen Gruß, dann winkte er nur, ich solle ihm folgen, ins Haus. Er führte mich in die Küche, stapfte aber vor mir her wie ein Gefängniswärter. Ich setzte mich höflich ihm gegenüber und kam sofort zur Sache.
Ich sagte, paß auf, Erik Pišk, ich kaufe dir eine deiner Frauen ab. Genau so habe ich es gesagt, daß ich bereit sei, Geld zu opfern für eine seiner Frauen, wenn er sie nicht umsonst hergebe oder sie mir, sagen wir, schenke. Erik Pišk schien nicht überrascht, er zog nur stärker an seiner Pfeife als nötig gewesen wäre. Sein Gesicht war, als würde er ein totes Pferd anschauen.
Aber an welche ich denn dächte, fragte er und räusperte sich. Eigentlich wäre es einerlei, aber wenn ich schon wählen könnte, würde ich Adriana wählen, denn sie war die stillste, und ich habe zum Beispiel selbst gesehen, wie ihr an einem Sommertag das Blut die Beine herunterrann.
So, so, dieses Blut hätte ich also gesehen, fragte Erik Pišk.
Ich hatte es nicht sehen wollen, ich habe nicht auf der Lauer gelegen, das ist nicht meine Art, es war einfach Zufall, erklärte ich. Sie ging vor mir her, auf dem Weg vom Laden nach Hause, doch es war, als trüge ihr Schatten sie, so leicht waren ihre Knöchel. Sie hatte Wein für dich eingekauft, Erik Pišk. Weinflaschen waren in Adrianas Korb und vielleicht Schafskäse, Hefe, ungarische Butter und ein paar deutsche Konserven. Wie sie so vor mir ging, mit weich wiegenden, müden Hüften, glitzerte plötzlich dunkel der Streifen Blut an ihren Waden, rann unter ihrem Rock hervor, floß ihr bis zu den Knöcheln. Die Riemen ihrer Sandalen wurden blutig.
Ei, ei, brummte Erik Pišk unruhig. Das ist ja wohl nichts besonderes! Wenn eine Frau blutet! Frauen bluten oft, das gehört zu ihnen, zu ihrem Leben, er habe da schon Besseres auf Lager. Er kenne Frauen, die könne man noch so sanft, hingebungsvoll und aufmerksam besteigen, sie bluten trotzdem dabei.
Damit beendete Erik Pišk die Unterhaltung. Na gut, der wird schon noch weich, dachte ich und äugte durch den schmalen Spalt der Schlafzimmertür zu der neuen Frau hinein, die kleine, blasse Frau aus Segedin. Sie lag noch im Bett, die Daunendecke hatte sie sich bis ans Kinn hochgezogen, sie klammerte sich geradezu daran fest und zitterte vor Angst. Ich fuhr mir nur leicht über die Stirn, aber dabei, wozu es leugnen, wurde mir warm im Bauch.
Am nächsten Tag ließ mich Erik Pišk durch einen Veteranen aus Jakulevo rufen, ich mähte gerade im Kirchgarten. Er braucht Geld, dachte ich, was sonst. Er wartete in der Kneipe und hatte sich schon eine ganze Wolke über den Kopf gepafft.
Wenn du zum Beispiel Svetlana bräuchtest, warum dann gerade sie, fragte er, kaum daß ich mich neben ihm niedergelassen hatte.
Einmal, im Klee, sagte ich mit Bedacht, überkam mich das Zittern, und ich mußte mich auf die Erde legen. Ich legte mich in den Klee,
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